Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)
Outdoor-Dancefloor in Havanna, in ihren Geburtstag hinein und tanzten die halbe Nacht. Vor allem der Onkel und seine Nichte wackelten unermüdlich mit dem Popo und schwangen die Hüften zum Rhythmus des Salsa.
Am nächsten Tag gingen die Chicas – Alicia und ihre besten Freundinnen, meine Mutter und meine Schwester – in einem der Shops einkaufen, in denen man nur mit Dollar oder Chavito, dem kubanischen Dollar, bezahlen konnte. Dort war die Auswahl an Sachen einfach viel größer, und in der Zwischenzeit war es den einheimischen Kubanern erlaubt, in solchen Läden einzukaufen. Alicia wollte Geschenke für ihre Freundinnen besorgen und für sich nach passenden roten High Heels für das wunderschöne rote Kleid schauen, das ich ihr – von Manuel extra für diesen Anlass geschneidert – aus Deutschland mitgebracht hatte. Natürlich hatte Tío Jorge auch die perfekten High Heels zum Kleid im Gepäck: hochhackige goldene Sandaletten. Aber das sollte eine Überraschung sein.
Nach der Shoppingtour waren die Chicas und ich zum Mittagessen verabredet. Als Mišo und ich mit dem Auto am Treffpunkt in der Innenstadt ankamen, hatte uns Alicia bereits entdeckt. » Tío «, schrie sie und lief uns mit Einkaufstüten bepackt entgegen.
Doch kurz bevor sie bei unserem Parkplatz ankam, stellten sich ihr zwei Polizisten in den Weg.
»Papiere«, befahl einer von ihnen, während der andere Alicia am Arm packte.
Alicia rief verschreckt: »Aber, aber, da hinten ist meine Mama.«
In dem Moment war ich auch schon bei ihr und ging aufgebracht dazwischen: »Entschuldigung. Ich bin ihr Onkel, und nicht jedes junge Mädchen in diesem Land ist eine Prostituierte.«
Mir war sofort klar, dass die Polizisten genau das dachten. Weil sie hübsch gekleidet war, Einkaufstüten in der Hand hielt und die Männer in dem Touristenauto freudig begrüßte. Ein Mädchen, das gerade den fünfzehnten Geburtstag feierte!? Noch immer hatte sich nichts geändert, dachte ich, noch immer kannst du von einer Sekunde auf die andere wegen nichts in Schwierigkeiten geraten.
Nach diesem unangenehmen Zwischenfall fuhren wir in die Wohnung meiner Tante, wo wir während des Aufenthalts in Havanna wohnten, und versuchten wieder in Partystimmung zu kommen. Einer meiner Freunde, ein Haarstylist aus Barcelona, war extra wegen des Geburtstags nach Kuba gekommen und machte Alicia die Haare. Sie bekam außerdem ein professionelles Make-up, und ich legte heimlich die goldenen High Heels auf ihr Bett, wo schon das Kleid bereitlag.
Alicia hat den gleichen Tick wie ihr Onkel Jorge und alle Chicas unserer Familie: Sie liebt Schuhe – je höher, desto besser. Diese hier waren dreizehn Zentimeter hoch. Als sie sie entdeckte, konnte man ihr » Ah, que duro , stark, que mágico, magisch!!!« durch die ganze Wohnung hören. Sie fing sofort an, damit zu laufen und zu tanzen. So war sie schon immer. Als ich ihr mit vierzehn das erste Paar höhere Schuhe schenkte, zog sie sie an und bewegte sich damit, als hätte sie nie etwas anderes getan. Dann schnappte sie ihr Fahrrad und fuhr mit den High Heels davon, um sie ihrer besten Freundin zu zeigen.
Als alle Chicas und Chicos fertig gestylt waren, gingen wir ins »Tropicana«, den weltberühmten Open-Air-Nachtclub in Havanna, den es schon seit den Dreißigerjahren gibt. Dort feierten vor der Revolution berühmte Stars und berüchtigte Gangster, und es traten große Künstler auf wie Josephine Baker, Frank Sinatra und Nat King Cole. Die Revue ist auf der ganzen Welt berühmt. Du sitzt unter dem Sternenhimmel in einem Park und bestaunst eine Show mit vielen tollen Tänzern in sexy Kostümen auf der riesigen Bühne, in die mehrere gewaltige Bäume integriert sind. Die Showgirls tragen aufgetürmten Schmuck oder Kristalllüster auf dem Kopf und schwingen in knappen, glitzernden Outfits die Hüften zu heißen Rhythmen. Eine Wahnsinnsshow. Früher gingen viele Kubaner ins »Tropicana«, doch heute können sich das meist nur noch Touristen leisten. Denn gezahlt wird in Devisen oder mit kubanischen Dollar, und der Eintritt für eine Person entspricht in etwa dem durchschnittlichen Jahresgehalt eines Einheimischen.
Weil ich die Leute vom »Tropicana« seit ihrer Tournee durch die damalige Tschechoslowakei kannte, wo ich während meines Studiums als Übersetzer für sie gearbeitet hatte und mit ihnen durchs Land gereist war, hatten mir die Veranstalter die besten Plätze besorgt. Der erste Tänzer begrüßte Alicia am Eingang, als wir
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