Hollywood
beschäftigt, Ihren Beckenknochen einzurichten und den Streckverband anzulegen. Danach sind Sie eingeschlafen und haben nichts mehr gesagt.«
»Machen Sie sich nichts daraus«, sagte ich. »Ich gebe Ihnen noch eine Chance, wenn Sie mich oben in meinem Zimmer besuchen.«
»Ich gehöre zur Intensivstation«, sagte sie. »Ich gehe nie in die Zimmer.«
»Nie?« fragte ich.
»Nur ganz selten«, erwiderte sie. Dann folgte ein zögernder Blick. »Ich habe ein paar von Ihren Büchern zu Hause. Würden Sie mir eins davon signieren?«
»Natürlich«, sagte ich. »Alle, wenn Sie wollen. Aber Sie müßten mir die Bücher schon raufbringen.«
Sie gab keine Antwort, sondern wandte sich zu zwei Krankenpflegern um, die eine Trage heranrollten und neben uns an hielten. »Wir werden Sie jetzt hinaufbringen«, sagte sie zu mir.
Ich zeigte auf den Streckverband an meinem rechten Bein, das mit zwei Schlaufen an einem verchromten Galgen festhing. »Wie wollen Sie das damit bewerkstelligen?«
»Wir haben das schon ein- oder zweimal gemacht«, sagte sie spöttisch. »Bleiben Sie ganz ruhig und sehen Sie zu. Wir werden aufpassen, daß es Ihnen nicht allzu sehr weh tut.«
»Vielen Dank«, sagte ich. »Ihre Ehrlichkeit weiß ich zu schätzen. Aber eigentlich wäre es mir doch lieber, Sie würden ein bißchen schwindeln und mir noch eine Spritze verpassen.«
»Hören Sie auf zu jammern«, erwiderte sie. »Sie sind doch kein Baby.«
Die Krankenpfleger hoben das ganze Oberteil des Bettes auf den Transportwagen.
Ein stechender Schmerz durchzuckte meinen Körper, und ich mußte den Atem anhalten, um nicht zu schreien. »Scheiße!« sagte ich mühsam.
»Schon vorbei«, sagte sie. »War gar nicht schlimm.«
»Alles leere Versprechungen!« flüsterte ich.
Sie beugte sich über mich und wischte mir mit einem nassen Lappen über die Stirn. »Sie sind bald wieder in Ordnung«, sagte sie.
»Und Sie sind jetzt schon in Ordnung«, erwiderte ich. Dann rollten die Krankenpfleger mich weg.
Ich kam mir reichlich blöde vor, wie ich so durch die Korridore gerollt wurde. Flach auf dem Rücken, mein Bein im Streckverband, am verchromten Galgen starrte ich darüber die Decke an. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie sich links und rechts Leute zur Seite bewegten, um Platz für die Trage zu machen, und obwohl ich wußte, daß die meisten von ihnen sich überhaupt nicht für mich interessierten, war es mir unglaublich peinlich. In einem Krankenhaus ist so etwas völlig normal, sagte ich mir und schloß die Augen. Ich wollte die Leute nicht ansehen. Ich wollte nicht, daß Leute mich ansahen. Ich hatte ganz einfach genug.
Merkwürdigerweise erinnerte mich das monotone Klicken der Räder auf den Steinplatten des Korridors an das Rattern der U-Bahn, als ich noch jung war. Vielleicht habe ich ein bißchen gedöst. In der U-Bahn habe ich immer im Stehen geschlafen, mit dem Rücken zur Tür. Umfallen konnte man nie, dazu war es zu eng. Aufgewacht bin ich immer erst, wenn die Leute alle an der 42. Straße ausstiegen. Dann stieg ich auch aus, folgte ihnen hinauf zur Straße und taperte in das Büro, in dem ich damals gearbeitet habe.
Juli und August waren immer am schlimmsten. Hitze und Schweiß mischten sich in den Wagen, und aus den Gebläsen der Lüftung kam auch nur dieser typische U-Bahn-Geruch. Während der Fahrt stand ich meistens in Hemdsärmeln da und trug mein Jackett und meine Krawatte über dem Arm. Ich war damals siebzehn und arbeitete den Sommer über als Bote bei den Daily News.
Der Tag, an dem ich dieses Mädchen traf, war ganz besonders heiß.
Das Gedränge war so groß, daß sie dicht an mich gepreßt wurde. Sie hob den Kopf und sah mich an. »Wenn Sie den Arm ein bißchen wegnehmen könnten, hätte ich mehr Platz«, sagte sie.
Ich nickte stumm und schob meinen Arm zur Seite. Dabei mußte ich höllisch aufpassen, daß ich nicht mein Jackett und meine Krawatte im Gedränge verlor. Sie lächelte dankbar und drehte sich wieder um, so daß jetzt ihr Rücken und ihr Gesäß gegen meine Vorderseite gedrückt wurden. Der Zug setzte sich in Bewegung, und die Waggons begannen rhythmisch zu schwingen. Es dauerte keine dreißig Sekunden, bis ich bretthart war. Ich spürte, wie mir der Schweiß vom Gesicht in den Hemdkragen lief. Vorsichtig sah ich auf sie hinunter. Sie hatte ihren prallen Hintern direkt an meine Hüften gelehnt. Ich versuchte an etwas anderes zu denken, aber es fiel mir nichts ein. Allmählich wurde es mir in den Hosen zu
Weitere Kostenlose Bücher