Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
„MP“, für Meeting Point. Der Malteser behielt die Nerven, verlangsamte das Tempo und ordnete sich in den Verkehr ein. Nach fünf Kilometern fuhr er auf den schlecht beleuchteten Parkplatz eines Einkaufszentrums.
Dort versuchten sie, die Verletzungen des Ungars zu versorgen.
Ein Schuss von Schell hatte sein Schienbein getroffen, tödlich verwundet hatte ihn jedoch ein Querschläger – einer der letzten Schüsse war von einer Stahlstrebe auf der Höhe des Fahrersitzes abgeprallt und hatte von hinten den Hals des Ungars getroffen. Die Kugel hatte eine Halsarterie zerfetzt, noch immer sprudelte ihm das Blut aus dem Mund.
Der schwarze Kastenwagen fuhr in die Lagerhalle, der Malteser parkte ihn direkt neben dem Mietwagen aus Amsterdam. Der Portugiese stieg aus und schlug mit der flachen Hand mehrmals gegen den Wagen, trat gegen den Reifen und fluchte.
Vier Stunden später kam Ao Chen in die Lagerhalle. Er hörte sich ihren Bericht kommentarlos an und nahm die Waffen an sich. Der Malteser setzte sich hinter das Steuer des Kastenwagens. Sie sollten die Leiche beseitigen und den Wagen in Brand setzen und so ihre Spuren verwischen. Der Portugiese folgte ihm mit dem Mietwagen. Ob sie Jakob Schell erwischt hatten, wussten sie zu diesem Zeitpunkt nicht.
Es sollte nie geklärt werden, wie die Bombe in das Zimmer 506 des Park Hyatt Hamburg kam. Die Auswertung der Videoaufzeichnungen lieferte keine Anhaltspunkte. Die Aufnahmen zeigten, wie am Mittwochabend der Bodyguard, der von Bösental auf seiner Reise begleitete, das Zimmer betrat und es nach wenigen Minuten wieder verließ. Kurz darauf betrat von Bösental selbst es.
Am nächsten Morgen gegen 6:30 Uhr schob der Bodyguard den Frühstückswagen vor das Zimmer. Etwa eine Stunde später verließ von Bösental das Zimmer. Am späten Vormittag reinigte ein Zimmermädchen, das schon über acht Jahre im Hotel arbeitete, das Bad und machte das Bett. Am Abend, rund zwanzig Minuten vor der Explosion, betrat der Bodyguard das Zimmer, und kurz darauf von Bösental.
Das Zimmermädchen und der Bodyguard sagten aus, auf dem Tisch eine geöffnete Holzkiste für Flaschenweine gesehen zu haben. Am Vorabend sei die Kiste noch nicht da gewesen. Der Deckel der Kiste war zur Hälfte zurückgeschoben, darin befand sich eine Rotweinflasche.
Reste des Etiketts wurden im Zimmer gefunden. Es handelte sich um eine Flasche des Weingutes Roberto Voerzio Cerequio, Barolo DOCG, Italy des Jahrgangs 2006.
Neben der Kiste habe eine Karte des Hotels gelegen, mit dem Text „Eine Aufmerksamkeit des Hauses“, erzählte das Zimmermädchen.
Der Bodyguard gab an, er habe die Kiste hochgehoben und den Deckel ein Stück weiter zurückgeschoben, ohne ihn jedoch ganz abzuheben. Ihm erschien die Kiste nicht verdächtig.
Die Hotelleitung erklärte, dass niemand aus dem Hotel den Auftrag erteilt oder entgegengenommen habe, eine Flasche Wein auf von Bösentals Zimmer zu bringen. Bei dem Korkenzieher, den man im Zimmer fand, handelte es sich um ein handelsübliches Exemplar der mittleren Preisklasse, das überall zu beziehen war, jedoch nicht zum Inventar des Hotels gehörte.
Nach Auswertung aller Daten rekonstruierten die Ermittler folgenden Ablauf: „Von Bösental betrat an diesem Donnerstag um 22:38 Uhr das Zimmer. Er schaltete 22:40 Uhr den Fernseher ein, programmierte die Weckzeit für den folgenden Morgen und duschte anschließend. Im Bademantel kam er in den Wohnbereich des Zimmers zurück. Um 22:59 Uhr öffnete er die Weinkiste, hielt diese mit der linken Hand fest und nahm mit der rechten Hand die Flasche heraus.
Der Zünder befand sich am Flaschenboden. Er war mit einem handelsüblichen Zweikomponentenkleber aufgeklebt und mit einem schwarzen Nylonfaden an der Kiste befestigt. Der Zünder wurde beim Herausnehmen der Flasche ausgelöst.
Reste des Zünders und des Flaschenbodens wurden im Zimmer gefunden. Der Sprengsatz bestand aus rund dreihundert Gramm TNT und befand sich in der Flasche. Spuren des Sprengstoffs wurden gaschromatisch analysiert. Mit achtundneunzigprozentiger Sicherheit wurde er als Teil einer Sprengstofflieferung, die 2004 aus einem Marmorsteinbruch in Italien gestohlen wurde, identifiziert.
Die linke Hand von Bösentals blieb nahezu unverletzt. Die rechte Hand und der rechte Arm sowie der Brustraum wurden durch die Explosion zerfetzt. Das Opfer war sofort tot.“
Am Freitag fand man im Briefkasten einer Hamburger Polizeiwache das Bekennerschreiben einer bekannten
Weitere Kostenlose Bücher