Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
Tür hinter sich. Im Flur zog er Lisas Blackberry aus der Tasche und gab den Text ein, den er vor einigen Minuten von seinem Auftraggeber erhalten hatte. Er suchte Schells Nummer und drückte auf Senden. Er wartete einen Moment, schaltete das Gerät ab und legte es zurück in Lisas Handtasche.
Von der Haustür warf er einen Blick zurück. Das Bild war perfekt. Die kleine Lampe in der Küche war erstaunlich hell, man sah die Füße und die Unterschenkel der Frau. Der dünne Draht der Sprengfalle war nicht zu erkennen.
Bedächtig öffnete er die Haustür und wartete einen Moment, als ein Auto am Haus vorbei die Straße hinunterfuhr. Dann verließ er das Haus, zog die Handschuhe aus und lief auf den schwarzen Kastenwagen zu, der in dreißig Meter Entfernung auf einem Kurzzeitparkplatz wartete.
Als Tobias ins Büro stürmte, legte Jakob gerade den Hörer auf. „Sie nimmt nicht ab. Weder Handy noch Festnetzanschluss, der ist dauernd besetzt. Was ist da los, Tobias? Und woher weißt du, dass sie mir eine SMS schickt – noch bevor die SMS bei mir eintrifft?“ Er war erstaunlich ruhig. Ganz anders, als Tobias es erwartet hatte.
Jakob schloss eine Schublade an seinem Schreibtisch auf, entnahm ihr seine Pistole und zwei Magazine, lud die Waffe. Noch bevor Tobias antworten konnte, war er auf dem Weg aus dem Büro.
„Du kannst mir das unterwegs erzählen, los, komm.“ Er lief schnell auf den Lift zu, der sie in die Tiefgarage bringen sollte.
Tobias war alles andere als ruhig. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. „Hier, ich hab das auf meinem Notebook“, war alles, was er rausbrachte, als sie in den Lift stiegen.
„Ich glaub, sie haben Lisa etwas angetan“, flüsterte er, die letzten Worte waren kaum zu verstehen. Er schwitzte stark und starrte auf den Bildschirm des Notebooks. „Sie haben Lisa was angetan, sie haben ihr was angetan, bestimmt haben sie ihr was angetan, was haben sie ihr angetan?“, stammelte er.
„Tobias?“, Jakob musterte ihn, „Tobias! Junge … was ist nur los mit dir?“ Ist das jetzt eine akute Belastungsreaktion?, dachte er, ja, das wird es sein.
„Tobias, alles ist okay, du bist einfach nur überfordert. Das habe ich oft bei Soldaten erlebt, wenn sie zum ersten Mal in ein Feuergefecht kamen oder zum ersten Mal Verwundete und Tote erlebt haben. Alles okay, es wird wieder.“
Tobias reagierte nicht und brabbelte weiter den einen Satz vor sich hin. Frustriert schüttelte Jakob den Kopf. „Jetzt hab ich zwei Probleme: Tobias weiß etwas und kann nicht reden, und Lisa ist offenbar in Gefahr“, murmelte er.
Die Lifttür öffnete sich, sie waren in der Tiefgarage. Jakob legte seine Hand auf Tobias Arm und zog ihn sanft aus dem Lift, in Richtung seines Autos. „Also, ganz ruhig, Tobias. Tief einatmen. Ja, so ist es gut. Wir steigen jetzt ins Auto und fahren zu Lisa, und du erzählst mir, was los ist.“
Als sie im Auto saßen, wurde Tobias schlagartig ruhiger, es war, als gäbe ihm das Auto Sicherheit. Er fing an zu erzählen und Jakob unterbrach ihn nicht, obwohl er nur die Hälfte verstand. Das, was er verstand, reichte ihm, um Vollgas zu geben.
Als nichts Neues mehr kam, fragte er barsch: „Kannst du feststellen, wo die drei Holländer jetzt sind?“
Tobias bediente die Tastatur, gleichzeitig blitzte draußen ewas auf, eine Radarfalle! Noch vier Minuten bis zu Lisas Haus.
„Die drei sind jetzt zusammen, in der Funkzelle, in der Lisas Haus liegt“, sagte Tobias.
„Scheiße! Ruf die Polizei an, los, mach schon!“, schrie Jakob.
Tobias griff nach seinem Handy, in wenigen Sekunden stand die Verbindung. „Hallo, hier Tobias Feist …“
Er wurde von Jakob überschrien: „BKA, Polizeieinsatz, bewaffneter Überfall, Schillerstraße 3!“ Jakob beschleunigte und raste in die nächste Radarfalle. Endlich bogen sie in die Schillerstraße ein. Er kam viel zu schnell um die Kurve, das Heck brach aus, touchierte einen geparkten Wagen, schrammte an dessen Seite entlang, er brachte sein Auto gerade noch unter Kontrolle. Er trat in die Bremse, das Auto kam quietschend vor Haus Nummer 3 zu stehen. Es war alles ganz ruhig.
„Du wartest hier“, sagte Jakob, öffnete die Autotür und stieg aus. Tobias dachte gar nicht daran zu warten, er schob das Notebook und das Satellitentelefon auf den Fahrersitz und stieg aus.
Jakob stand vor dem Auto, als ihm auf der linken Seite ein schwarzer Kastenwagen auffiel, er nahm eine Bewegung der hinteren Türflügel wahr, der Türspalt wurde
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