Honigsüßer Tod
etwas
Besonderes?«
Sie fing leise an zu weinen. Oje. Langsam wurde Hubertus das Ganze
zu viel. Zwei Frauen. Eine, die er vielleicht noch liebte, die aber jetzt
verschwunden war. Die andere, die er vielleicht liebte, und die ihn jetzt unter
Druck setzte. Er eignete sich definitiv nicht zum Don Juan. Eher zum Don
Quichotte …
»Hör mal, Carolin. Das mit uns ist auch etwas« – er setzte zu einer
bedeutungsvollen Sprechpause an, um das Wort zu betonen – »Besonderes. Nur muss
ich erst mal zu mir selbst finden, mein Inneres, äh …«
Was erzählte er da bloß? Das war doch Elkes Text.
»Ich meine … ich muss hier erst mal klar Schiff machen.« Hubertus
klang so geknickt, wie er sich fühlte.
»Aber ist das ein Grund, sich nicht mehr zu sehen?« Carolin, die
eigentlich doch so fröhliche, patente Carolin, schnäuzte sich. Sie schien
wirklich mit den Nerven am Ende zu sein.
»Seit dem letzten Schultag haben wir überhaupt keinen Kontakt mehr
gehabt. Und in den Tagen zuvor war dieser Kontakt wegen der Kollegen ja wohl
auch eher geschäftlicher Natur. Ich vermisse dich. Dabei dachte ich, wir kommen
uns jetzt näher.«
»Ich vermisse dich ja auch«, beeilte sich Hubertus zu antworten. Er
atmete tief durch: »Ich war immerhin 21 Jahre lang
verheiratet. Da muss man manche Dinge in Ruhe angehen. Aber das Ganze regelt
sich jetzt wahrscheinlich von selbst. Meine Frau hat wohl einen anderen …«
Carolins Ton schlug nun von weinerlich in ärgerlich um.
»Ach so, weil deine Frau jetzt auch eine Beziehung hat, bin ich plötzlich
wieder interessant?«
Es war wahrscheinlich besser, er würde heute gar nichts mehr sagen.
»Das ist nur eine Vermutung. Sie ist ausgezogen. Ich möchte die
Trennung sauber vollziehen. Und das braucht einfach etwas Zeit.«
»Hubertus, ich bin jetzt 39. Ich habe
keine Zeit mehr. Meine biologische Uhr …«
Schweigen.
Das war eine deutliche Ansage.
»Hubertus?«
Sie wollte ein Kind? Eigentlich eine ganz schöne Vorstellung.
Hubertus mochte Kinder, konnte auch ganz gut mit ihnen umgehen. Maximilian war
ein Schreikind gewesen, trotzdem hatte er sich fast täglich und sehr gerne um
ihn gekümmert. Nachts war er mit ihm durch die Gegend gefahren, damit sein
Enkel und auch dessen Eltern wenigstens ein paar Stunden Schlaf fanden.
Er, der Opa, hatte dagegen fast gar nicht geschlafen. Sein Enkel … Sein Enkel? War es überhaupt richtig, als Großvater noch mal an eine eigene
Familienplanung zu denken? Ziemte sich das? Als Hubertus die
Familienkonstruktion durchdeklinierte, bekam er einen leichten Schock. Sein
neugeborenes Kind wäre dann Onkel oder Tante des älteren Maximilian!
In dieser Hinsicht war Hubertus konservativ. Da sollte eigentlich
alles seine Ordnung haben.
Aber dass Carolin seinetwegen so traurig klang, nagte an ihm. Er
mochte sie wirklich sehr.
»Hubertus? Bist du noch dran?«
»Entschuldige, ich war gerade in Gedanken.«
»In welchen Gedanken?«
Konnte er denn gar nichts für sich behalten? Er fuhr sich ratlos
durch die Haare und blieb die Antwort schuldig. Stattdessen schlug er trotz
aller Bedenken vor, sich in einer halben Stunde auf einen »schnellen Kaffee« im
Eiscafé Zampolli zu verabreden.
Derweil hatte er schon die Tür seines Arbeitszimmers geöffnet.
»Tschüsschen, Carolin … Martina?«
Seine Tochter stand mit dem Enkel direkt vor der Tür. Hatte diesmal
etwa sie ihn belauscht? Hubertus ging die Unterhaltung von gerade eben rasch
noch mal durch. Er forschte in den Gesichtszügen seiner Tochter. Doch die
schaute ganz unbeteiligt und wollte nur wissen, ob sie am morgigen Nachmittag
das Auto ihres Vaters ausleihen könnte.
»Ja. Aber warum? Hast du etwas vor?«, fragte Hubertus geradeheraus.
Sie nickte. »Komm bloß nicht auf die Idee, mir zu folgen. Aber wenn
du keinen Wagen hast, hat sich das ja eigentlich auch erledigt.« Seine Tochter
grinste, ehe ihr die Riege der Hummelschen Freunde mit Auto einfiel.
Eine Stunde später saß Hubertus wieder in seinem Wagen und
dachte nach, während ein mächtiger Gewitterregen auf die Windschutzscheibe
prasselte. Das Treffen mit Carolin gerade eben war vielleicht doch keine gute
Idee gewesen. Sie hatte versucht, ihn zu küssen. In aller Öffentlichkeit!
Hubertus hatte darauf sehr zurückhaltend reagiert. Er hatte durchaus zärtliche
Gefühle für seine Kollegin, doch war er gleichzeitig auch gehemmt.
Elke. Er wollte ganz ehrlich und aufrichtig mit ihr sprechen, reinen
Tisch machen. Wie der Tisch dann
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