Honor Harrington 12. Die Raumkadettin von Sphinx
keinen Finger gerührt. Sie hat vielleicht noch nicht das Feuer auf ihre SyS-Wachhunde eröffnet, aber Saint-Just konnte sie genauso wenig bewegen, auf uns zu schießen. Sie wissen genauso gut wie ich, was das bedeutet. Mittlerweile läuft der Putsch schon seit fünfzehn Stunden, und Saint-Just hat es nicht geschafft, uns zu besiegen. Er ist derjenige, dessen Rückhalt allmählich wegbröckelt. Wenn sich auch der Rest des Komitees auf meine Seite stellt, ist er erledigt.«
Fontein nippte erneut an seinem Kaffee, um Zeit für seine Antwort zu gewinnen. Sie gewährte ihm die Bedenkzeit. Beide wussten sie, wie wichtig es für Saint-Just war, seine neue Herausforderin schnell zu besiegen, insbesondere, da Rob Pierres nicht mehr lebte. Als Wachhund der Revolution war Saint-Just zweifellos die verhassteste Person in der gesamten Volksrepublik Haven. Wenn plötzlich jemand auftauchte, der auch nur kompetent genug wirkte , um seinen Platz einzunehmen, hätte er große Schwierigkeiten, an der Macht zu bleiben.
Fontein ließ die Tasse sinken und starrte einige Sekunden lang hinein. Dann hob er den Kopf und sah McQueen direkt in die Augen.
»Damit könnten Sie Recht haben«, sagte er schließlich. »Aber Oscar hat vielleicht doch noch ein As im Ärmel. Selbst wenn er Sie nicht überrascht und Sie mit der Sache durchkommen, will ich wissen, was in Gottes Namen Sie überhaupt zu dem Versuch gedrängt hat. Mein Gott, Frau! Sie schaffen es vielleicht, aber Sie müssen doch verrückt gewesen sein, alles auf eine Karte zu setzen! Und bitte erzählen Sie mir ja nicht, Sie wären für all das ›bereit‹ gewesen. Ich bin Ihnen schon so lange zugeteilt, dass ich erkenne, wenn Sie improvisieren!«
»Natürlich improvisiere ich«, gab sie zu. »Mir blieb doch keine andere Wahl, nachdem Sie und Saint-Just beschlossen hatten, mich zu beseitigen. Trotzdem tue ich nicht so, als hätte ich all meine Pläne fertig in der Schublade.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich hätte nie geglaubt, dass Pierre meiner Liquidierung zustimmt, bevor wir nicht mit Sicherheit wussten, ob die Mantys in den Seilen hängen.«
»Wovon reden Sie da?«, verlangte Fontein zu wissen, und McQueen hob die Augenbrauen, als sie die aufrichtige Überraschung in seiner Stimme hörte.
»Ich bitte Sie, Bürger Kommissar«, sagte sie. »Ich will Ihnen nichts vormachen: Ich war nicht froh zu erfahren, dass Saint-Just Sie dazu autorisiert hat, gegen mich vorzugehen; aber ich habe beschlossen, das Ganze nicht persönlich zu nehmen. Unter diesen Umständen brauchen Sie wohl kaum so zu tun, als hätte er Sie nicht autorisiert.«
»Aber er …«, setzte Fontein an, dann unterbrach er sich selbst. Einige Sekunden lang starrte er sie an, dann lachte er freudlos auf.
»Ich weiß nicht, warum Sie glauben, dass Oscar sie in nächster Zeit entfernen wollte«, sagte er zu ihr, dann machte er eine abwinkende Handbewegung, als er ihren ungläubigen Gesichtsausdruck sah. »Oh, ich will es gar nicht leugnen: Er hat beschlossen, dass Sie gehen müssen, Bürgerin Minister. Allerdings hatte seine Besprechung mit mir eher vorbereitenden Charakter. Es ging darum, die nötigen Beweise zu schaffen, könnte man sagen. Tatsache ist, er hat mich angewiesen, nicht gegen Sie vorzugehen, es sei denn auf seinen ausdrücklichen Befehl, und zwar weil Pierre ihn noch nicht zum Handeln autorisiert hatte.«
Nun war es an McQueen, überrascht zu sein. Fast gegen ihren Willen stellte sie fest, dass sie ihm glaubte. Sie begann ebenfalls zu lachen.
»Es wäre viel leichter gewesen, wenn Sie mir das gleich gesagt hätten, Bürger Kommissar«, sagte sie nach einem Moment. »Hätte ich nur zwo Wochen mehr Zeit gehabt, um die Fäden zu spinnen, wäre Saint-Just völlig überrumpelt worden und hätte überhaupt nicht mehr reagieren können! Trotzdem, Ende gut, alles gut, denke ich.«
»Ich halte es noch immer für ein wenig voreilig, wenn Sie sich schon jetzt zum Sieg gratulieren«, sagte Fontein. »Andererseits haben Sie Recht damit, dass Oscar es nicht schafft, ihre kleine Rebellion schnell niederzuringen. Und wenn Sie wirklich den Rest des Komitees in der Tasche haben, stehen die Chancen gut, dass Sie am Ende tatsächlich siegen. Ich nehme an, Sie erwarten gar nichts anderes von mir, als dass ich es vorziehe zu leben, anstatt prinzipientreu, aber sinnlos zu sterben. Ich nehme nicht an, dass Sie mir irgendwelche hohen Posten im neuen Regime unter die Nase halten wollen, um mich zum Seitenwechsel zu verleiten,
Weitere Kostenlose Bücher