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Magazine of Fantasy and Science Fiction 05 - Die Esper greifen ein

Magazine of Fantasy and Science Fiction 05 - Die Esper greifen ein

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 05 - Die Esper greifen ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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Es war einmal ...
     
Ray Bradbury
     
     
    Unter einem fahlen Aprilhimmel, im schwachen Wind, der die Erinnerung an den Winter wachrief, schlurfte der alte Mann in den Park, der wie immer gegen Mittag nahezu leer war. Seine Waden waren mit schmutziggrauen Binden umwickelt; sein Haar war zerzaust, lang und grau wie sein Bart, der einen Mund umschloß, auf dessen zittrigen Lippen stets eine Offenbarung zu liegen schien.
    Jetzt warf er einen Blick zurück, als hätte er so viele Dinge verloren, daß er sie gar nicht mehr erfassen konnte – da hinten in den Ruinen, unter den Konturen der zerstörten Stadt. Er schlurfte weiter, bis er eine Bank fand, auf der nur eine Frau saß. Er musterte sie kurz, nickte, ließ sich am anderen Ende der Bank nieder und würdigte sie keines weiteren Blickes.
    Drei Minuten lang blieb er mit geschlossenen Augen sitzen. Sein Mund formte lautlose Worte, sein Kopf bewegte sich, als schriebe seine Nase immer wieder ein und dasselbe Wort in die Luft. Dann öffnete er die Lippen und sagte in einer klaren, angenehmen Stimme:
    »Kaffee.«
    Die Frau zuckte zusammen und versteifte sich.
    Die knochigen Finger des alten Mannes verschlangen sich und tanzten in seinem Schoß eine Art Pantomime.
    »Nimm die hellrote Büchse mit gelber Aufschrift! Dreh den Öffner! Die Preßluft zischt! Sssst! Eine Vakuumpackung.«
    Die Frau fuhr herum, als hätte sie einen Schlag bekommen, und blickte den alten Mann bestürzt an.
    »Der Duft, der Geschmack, ein Aroma! Reiche, dunkle, wundervolle brasilianische Bohnen, frisch und voll ...«
    Wie von einer Tarantel gestochen sprang die Frau auf und wankte.
    Aber sie lief schon davon.
    Der alte Mann seufzte. Er stand auf und spazierte durch den Park, bis er zu einer Bank kam, auf der ein junger Mann damit beschäftigt war, getrocknetes Gras in ein kleines dünnes Stück Papier zu rollen. Seine mageren Finger strichen glättend über die Grashalme, wie bei einer heiligen Handlung: sie zitterten, als er ein Röhrchen geformt hatte, es in den Mund steckte und dann feierlich anzündete. Er lehnte sich zurück, streckte sich vor Wohlbehagen und genoß den erstickenden Rauch.
    Der alte Mann betrachtete die Schwaden, die vom Mittagswind davongetragen wurden, und sagte:
    »Chesterfields.«
    Die Hände des jungen Mannes umkrampften die Knie.
    »Raleighs«, fuhr der Alte fort. »Lucky Strikes.«
    Der junge Mann starrte ihn an.
    »Kent. Kools. Marlborough«, sagte der alte Mann, ohne ihn anzusehen. »Das waren die Namen. Weiße, rote, braune Päckchen, grasgrün, himmelblau, golden, mit den schmalen roten Streifen, die am oberen Ende herumführten und die man herunterziehen mußte, um das Zellophanpapier zu lösen; und mit dem blauen Steuerstempel –«
    »Halten Sie den Mund«, rief der junge Mann.
    »Man kaufte sie in Tabakläden, an Ständen, an Automaten, in Unterführungen –«
    »Halten Sie den Mund!«
    »Sachte«, erwiderte der alte Mann. »Es ist nur, weil ich bei dem Geruch des Rauchs nachdenken mußte –«
    »Denken Sie lieber nicht!« Der junge Mann machte eine so heftige Bewegung, daß die Füllung aus dem Papier rutschte und in seinen Schoß fiel. »Sehen Sie, was Sie angerichtet haben!«
    »Es tut mir leid, mein Freund. Es war so ein netter Tag –«
    »Ich bin nicht Ihr Freund!«
    »Wir sind jetzt alle Freunde! Wozu sonst noch leben?«
    »Freunde?« schnaubte der junge Mann und versuchte vergeblich, das Gras wieder in die Hülle zu schieben. »Vielleicht gab es einmal Freunde, damals um 1970 herum, aber jetzt –«
    »1970. Damals müssen Sie noch ein Baby gewesen sein. Damals gab es noch Keks in hellen gelben Packungen. Baby Ruths. Clark Bars in orangenem Papier. Milchschokolade. Schön –«
    »Es ist nie schön gewesen.« Der junge Mann war plötzlich aufgestanden. »Was stimmt denn bei Ihnen nicht?«
    »Ich erinnere mich an Limonen und Zitronen – das stimmt bei mir nicht. Erinnern Sie sich noch an Orangen?«
    »Zum Teufel mit Orangen! Wollen Sie mich etwa einen Lügner nennen? Haben Sie 'nen Tick? Kennen Sie denn nicht die Gesetze? Sie wissen doch, daß ich Sie einsperren lassen könnte, oder?«
    »Ich weiß, ich weiß«, antwortete der alte Mann und zuckte die Schulter. »Das Wetter muß mir einen Streich gespielt haben. Es veranlaßte mich zu Vergleichen –«
    »Gerüchte verbreiten, das würde die Polizei dazu sagen, die Geheimagenten. Genauso würden die es nennen, Gerüchte, Sie Unruhestifter, Sie Aufwiegler, Sie –«
    Er packte den alten Mann bei den

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