Honor Harrington 19. Der Schatten von Saganami
rechte Hand bewegte sich wieder. »Schwäche lockt immer Räuber an, selbst wenn die Beute gar nicht besonders gut ist. Mich bestürzt nur ihre offensichtliche Fortschrittlichkeit. Und wenn ich eine äußere Macht wäre, die das Gebiet destabilisieren möchte, um den Anschluss zu behindern oder zu hintertreiben, würde ich ganz gewiss in Erwägung ziehen, ein erhöhtes Maß von Piratenaktivität hervorzurufen.«
»Das ist kein schöner Gedanke, Skipper«, sagte FitzGerald.
»Nein, allerdings nicht«, stimmte Terekhov zu. »Und ich würde sagen, die Chancen, dass ich doch übermäßig misstrauisch bin, stehen mindestens fünfzig zu fünfzig. Es ist vollkommen denkbar, dass wir es hier wirklich mit zwo echten Piraten zu tun haben, die sich bloß etwas Zeit lassen, das Gebiet mit einem Blick auf spätere Vorhaben in Augenschein zu nehmen. In beiden Fällen hat ihre Ausschaltung aber höhere Priorität als die Rettung des Frachters. Die Notwendigkeit herauszufinden, wer sie wirklich sind, macht es allerdings wünschenswert, wenigstens einen von ihnen intakt in die Hände zu bekommen.«
»Jawohl, Sir«, stimmte FitzGerald zu, und Kaplan nickte.
»Das aber heißt, dass wir sie erst schön tief systemeinwärts stellen dürfen«, fuhr der I.O. fort. »Ich glaube, Abigail hat recht: Die beiden Schiffe sind allenfalls Kreuzer. In diesem Fall könnten wir sie mühelos mit Raketen ausschalten. Außer natürlich, es sind Havies mit schweren Raketengondeln im Schlepp, aber das ist so weit von zu Hause entfernt eher unwahrscheinlich.«
Terekhovs Lippen bildeten zuckend ein Lächeln, als er FitzGeralds gewaltige Untertreibung hörte, und der Commander fuhr fort:
»Reichweitenvorteil hin oder her, volle Breitseiten können wir auf die Burschen nur feuern, wenn wir sie rasch ausschalten und dabei das Risiko eingehen wollen, sie auf der Stelle zu vernichten. Im Gegensatz zu dem Frachter werden die Kreuzer heiße Emitter und Generatoren haben, ganz egal, wie sehr das die Aggregate abnutzt. Wenn sie außerhalb der Hypergrenze bleiben, haben sie vermutlich Zeit, die Transition zu machen, ehe wir sie mit kleineren Salven ausschalten können. Wir müssen sie also so tief ins System eindringen lassen, dass uns einige Zeit bleibt, ehe sie über die Alpha-Mauer fliehen können.«
Terekhov nickte. »Mindestens. Und während das Ausschalten der Piraten die höhere Priorität hat als den Frachter aufzubringen, beabsichtige ich voll und ganz, beides zu versuchen.«
Seine drei Untergebenen blickten ihn voll Erstaunen an. In dieses Erstaunen, so merkte der Kommandant, mischte sich mehr als nur ein Hauch Unglaube, und er lächelte gezwungen.
»Nein, ich habe nicht den Verstand verloren. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es uns gelingt, was ich im Sinne habe. Aber eine Chance besteht meiner Ansicht nach, wenn wir unsere Karten richtig ausspielen. Und wenn wir rasch genug sind mit den Vorbereitungen.«
Er stellte die Kaffeetasse ab und ließ den Sessel sich wieder ganz aufrichten. Die drei anderen Offiziere bemerkten, wie sie sich unwillkürlich ebenfalls vorbeugten.
»Als Erstes«, sagte er, »müssen wir Bogey-Eins und Bogey-Zwo erledigen. Ansten, dazu müssen wir sie so nahe an die Hexapuma heranlocken, dass wir sie packen können. Wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich die Hypergrenze des Systems gar nicht erst unterschreiten. Wenn die Schiffe so modern und leistungsfähig sind, wie ihre Stealth-Eigenschaften nahelegen, so besitzen sie vermutlich die nötige Sensorreichweite, um aktive Impellersignaturen auf wenigstens zwölf, dreizehn Lichtminuten aufzuspüren. Sie könnten also derart fern von Pontifex anhalten, mit einem Abstand zur Hypergrenze von mindestens zwo Lichtminuten, und leicht alle LACs Commodore Karlbergs orten, die gerade unterwegs sind. Schiffe, die mit heruntergefahrenen Impellern Pontifex auf einer Parkbahn umlaufen, werden sie hingegen wahrscheinlich nicht orten können, aber wenn es sich um moderne Schiffe handelt und die Piraten bereit sind, die Kosten dafür aufzubringen, könnten sie Aufklärungsdrohnen an dem Planeten vorbeischicken. Sie könnten sich dabei relativ sicher fühlen, dass Nuncio alle Mittel fehlen, um ihre Drohnen abzufangen, selbst wann man sie rechtzeitig entdecken würde.
Im Moment wissen wir mit einem gewissen Maß an Sicherheit, wo die Bogeys sind. Weiterhin sind wir uns ziemlich sicher, welchem Kurs sie folgen wollen, und ich glaube, Lieutenant Hearns hat recht mit ihrer Vermutung, dass
Weitere Kostenlose Bücher