Honor Harrington 19. Der Schatten von Saganami
persönlichen Waffenträgern begleitet werden musste. Wenn sie das konnte, dann auch Abigail. Und zweitens, dass sie, da das Gesetz eindeutig sei, genau zwei Möglichkeiten habe: entweder sie fügte sich, oder die Grayson Space Navy würde ihr das Offizierspatent aberkennen.
Es war ihm ernst. Egal wie stolz er vielleicht auf sie war, wie weitgehend er ihre Berufswahl auch akzeptiert hatte, es war ihm ernst. Und ihn bewegte nicht nur die unnachgiebige Autorität eines Vaters. Insgesamt gab es noch zu viele prominente Graysons, bei denen der bloße Gedanke an weibliche Graysons in Uniform Entsetzen auslöste. Weigerte sich Abigail, dem Gesetz Folge zu leisten, so hätten diese entsetzten Männer verlangt, dass die Navy sie entließ. Und die Navy hätte, ob es ihr gefiel oder nicht, keine andere Wahl gehabt, als zu gehorchen.
Folglich fügte sich Abigail in ihr Schicksal, und irgendwie gelang es Lord Owens, Mateo Gutierrez zu überzeugen, der Waffenträger seiner Tochter zu werden. Ihr Vater besorgte ihr also den größten, zähesten und gefährlichsten Wachhund, den er bekommen konnte, und nutzte ohne jede Skrupel die Bindung zwischen ihr und dem Sergeant aus, um sie zu bewegen, ihn zu akzeptieren. Abigail setzte ihre Proteste so lange fort, wie die Ehre es von ihr verlangte, aber beide kannten sie die Wahrheit: Wenn sie schon einen Leibwächter haben musste, so gab es im ganzen Universum niemandem, dem sie mehr vertraut hätte als Mateo Gutierrez.
Natürlich komplizierte der Umstand, dass man sie soeben auf ein manticoranisches statt ein graysonitisches Kriegsschiff versetzt hatte, die Dinge ein wenig, und sie fragte sich, warum es geschehen war. Hochadmiral Matthews hatte ihr mitgeteilt, dass man ihr so viel Erfahrung - und Rangalter - in einer Navy zukommen lassen wollte, die an weibliche Offiziere gewöhnt war, ehe sie den Dienst an Bord eines graysonitischen Schiffes antrat. Und Abigail glaubte ihm auch - weitgehend. Dennoch blieb ein beharrlicher, zweifelnder Unterton .
»Hier entlang, Mylady«, sagte Gutierrez, und Abigail bemerkte, dass sie den ganzen Weg lang geträumt hatte. Nun hatte sie nicht bemerkt, dass ihr Leitband in einen Nebengang auf eine Liftreihe zu abgebogen war.
»Ich weiß«, sagte sie und lächelte ihren hoch aufragenden Waffenträger an.
»Selbstverständlich, Mylady«, sagte er sanft.
»Doch, wirklich!«, beharrte sie. Er grinste nur, und sie schüttelte den Kopf. »Und noch eines, Mateo. Wir sind einem manticoranischen Kreuzer zugeteilt, keinem graysonitischen Schiff. Und ich bin dort nur ein sehr untergeordneter Taktischer Offizier. Ich halte es für keine schlechte Idee, die >Myladys< für eine Weile zu vergessen.«
»Ich habe Monate gebraucht, um mich daran zu gewöhnen«, brummte er mit genau der volltönenden Stimme, wie man sie aus seiner gewaltigen Brust zu hören erwartete.
»Marines sind anpassungsfähig«, erwiderte sie. »Sie improvisieren, wenn sie mit unerwarteten Hindernissen konfrontiert werden, und überwinden sie. Betrachten Sie es als eine Kleinigkeit - wie den Sturm auf einen Tiefbunker aus Betokeramik mit nichts als einem Buttermesser zwischen Ihren mannhaften Zähnen -, und ich bin sicher, ein zäher, erfahrener Marine wie Sie schafft es.«
»Pah! Was für ein weichlicher Marine bräuchte ein Buttermesser, um einen einzigen erbärmlichen Bunker auszuheben?«, wollte Gutierrez mit einem dröhnenden leisen Lachen wissen. »Wozu hat Gott uns Zähne und Fingernägel gegeben?«
»Genau.« Abigail lächelte ihn wieder an, doch sie schüttelte dabei den Kopf. »Im Ernst, Mateo«, fuhr sie fort. »Ich weiß ja, dass Daddy und Colonel Bottoms auf dieser Mylady-Sache bestehen. Und auf Grayson oder in der GSN ist es ja wahrscheinlich auch sinnvoll. Aber wir werden schon genügend Schwierigkeiten mit Leuten haben, die es für eine törichte neobarbarische Albernheit halten werden, einem untergeordneten Offizier wie mir einen Leibwächter zuzuteilen. Wir wollen ihnen nichts unter die Nase reiben, was wir ihnen nicht unbedingt unter die Nase reiben müssen.«
»Da haben Sie recht, Ma'am«, stimmte er nach kurzem Nachdenken zu. Sie erreichten den Lift, und Gutierrez drückte den Rufknopf, dann stellte er sich wartend neben ihr auf. Selbst jetzt zuckten seine Augen ununterbrochen umher und tasteten die Umgebung konstant ab. Mochte man ihn ursprünglich zum Marineinfanteristen und nicht zum Waffenträger ausgebildet haben, so besaß er dennoch eine natürliche Begabung für
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