Honor Harrington 19. Der Schatten von Saganami
Besatzung der Anhur nicht einmal vollständig gefechtsklar gemacht. Nur die Raketenwerfer und ein halbes Dutzend Energielafetten waren mit Bedienungen in Raumanzügen voll besetzt, und die äußeren Abteilungen, die vor dem Gefecht luftleer gepumpt wurden, waren nicht abgeschottet und standen unter Druck. Fast drei Viertel der Besatzung trug normale Arbeitsuniformen und keine Raumanzüge, als die Hexapuma sich wild der Anhur zuwandte, und keiner der Leute konnte noch reagieren. Ihnen blieb gerade die nötige Zeit, um zu begreifen, wie entsetzlich exponiert sie waren, und dann traf sie der Tsunami.
Beide Graser und zwei der drei Laser erzielten Volltreffer. Zum Übel für Bogey-Eins benötigten die lichtschnellen Waffenstrahlen 1,4 Sekunden, um ihn zu erreichen - und seine Neigungsänderung hatte er gerade rechtzeitig eingeleitet, um den Bugwinkel genügend aufzuweiten, dass einer der Graser an dem schwergepanzerten Hammerkopf vorbeizuckte und direkt in das ungepanzerte Dach der Hauptsektion seines spindelförmigen Rumpfes einschlug.
Auf diese Entfernung und durch keinen Seitenschild abgeschwächt hätten die Energiewaffen der Hexapuma einen Superdreadnought ausgeweidet. Was sie mit einem einfachen Schweren Kreuzer anstellten, war unbeschreiblich.
Der Heck-Hammerkopf der Anhur zerplatzte. Schwere Panzerung, Stahlträger, Impeller-Emitter, Energieleitungen, Jagdwaffen, Sensorantennen alles wurde in Fetzen gerissen, als wären es Papiertaschentücher. Die Supraleitringe der Energiewaffen schlugen über und zerbarsten in vulkanischen Sekundärexplosionen. Die vorderen Impellerräume verloren schlagartig Druck, weitere Supraleiter gaben ihre Speicherenergie ab, und die Wut der Hexapuma fraß sich immer tiefer. Durch interne Panzerschotten. Durch Waffenabteilungen. Durch Magazine. Durch Schlafsäle, Messen, Reparaturwerkstätten, Lebenserhaltungsanlagen und Beiboothangars. Ein Drittel der Gesamtlänge der zentralen Spindel vernichtete das Feuer, ehe seine Wut endlich verbraucht war. Breitseitenwaffen detonierten, ungeschützt vom schweren Panzer des Kreuzers, als das Energiefeuer aus einer Richtung kam, bei dem die Konstrukteure des Schiffes angenommen hatten, es sei unmöglich. Energiespitzen und Sekundärexplosionen verbreiteten sich in alle Richtungen am Rande des zentralen Mahlstroms der Vernichtung, und dem Heck-Fusionskraftwerk gelang die Notabschaltung in dem Bruchteil eines Augenblicks, ehe die instabile Fusionsflasche des Goshawk-Drei-Reaktors versagte.
Der angeschlagene Kreuzer drehte sich auf die Seite. Der Heckimpellerring war komplett ausgefallen, der Keil flackerte, der gesamten achternen Rumpfhälfte fehlten die Seitenschilde. Mit diesem einen Beschießungsdurchgang hatten HMS Hexapuma und Captain Aivars Aleksowitsch Terekhov in weniger als sechs Sekunden über fünfunddreißig Prozent der Besatzung der Anhur getötet und weitere neunzehn Prozent verwundet. Einunddreißig Prozent der Bordwaffen waren zerstört. Die maximal mögliche Beschleunigung war um mehr als fünfzig Prozent reduziert worden. Die Anhur hatte siebenundvierzig Prozent ihrer Seitenschilde verloren, alle achternen Alpha- und Beta-Emitter und die Warshawski-Segel. Fünfzig Prozent ihrer Energieerzeugung war ausgefallen, die Heck-Feuerleitung und die Heck-Sensoren existierten nicht mehr, und beinahe zwei Drittel ihres taktischen Computersystems war durch Leistungsspitzen und Sekundärexplosion unkontrolliert heruntergefahren.
Kein Schiff in der Galaxis konnte solch eine Verwüstung hinnehmen und weiterkämpfen, ganz gleich, welchen Anreiz seine Besatzung besaß, sich einer Kapitulation entgegenzustemmen.
»Feindlicher Kreuzer!« Die Stimme, die aus Terekhovs Ohrhörer kreischte, klang nicht mehr hart und schroff - sie war rau und bebte vor nacktem, purem Entsetzen. »Feindlicher Kreuzer, wir ergeben uns! Wir ergeben uns! Feuer einstellen! Um Gottes willen, Feuer einstellen!«
Nur einen Augenblick lang blitzte ein hässliches Licht in den eisblauen Augen auf, die nun mit der Hitze eines Hochofens loderten. Der Befehl, die Beschießung fortzusetzen, tanzte auf der Spitze von Terekhovs Zunge, die den salzigsüßen Geschmack nach Blut und die kupfrige Bitterkeit der eigenen Toten schmeckte, die nach Rache schrien. Doch dann schlossen sich diese Augen. Er biss die Zähne zusammen, und die Stille schwebte über dem Kommandodeck der Hexapuma, während die Kommandantin der Anhur um Gnade flehte.
Und schließlich öffnete Aivars Terekhov die
Weitere Kostenlose Bücher