Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
Antriebe konventioneller Kriegsschiffe. Dank der Eloka erlaubten diese Impeller ihnen, sich mit fast fünfhundert Gravos Beschleunigung zu bewegen und trotzdem auf Entfernungen oberhalb von dreißig Lichtsekunden unentdeckt zu bleiben. Unter idealen Bedingungen sank der Ortungsabstand vielleicht sogar noch: Zum Beispiel, wenn der Gegner havenitische Sensoren einsetzte – und wenn diese Sensoren auch noch von Leuten bedient wurden, die keine Ahnung hatten, dass es so etwas wie Shrikes überhaupt gab. Trotzdem bewegten die LACs sich mit einer erheblich geringeren Beschleunigung, denn es war nicht der passende Moment, unnötige Risiken einzugehen. Die LACs rasten im spitzen Winkel auf den Kursvektor des havenitischen Verbands zu. Gar nicht mehr lang, und sie würden ihre Beschleunigung auf Null drosseln.
»Irgendein Anzeichen für Ortung?«, fragte Captain Harmon ruhig.
»Negativ, Skipper«, antwortete Ensign Thomas, der Taktische Offizier von Gold-Eins. »Die Havies halten sich an ihren ursprünglichen Flugplan. Sie kreuzen unseren Kurs von steuerbord nach backbord in einer Entfernung von zwo acht vier tausend Kilometern in …« – er bediente sein Tastenfeld – »neun Minuten. Der Winkel ist nicht besonders günstig, doch unsere Aufschließgeschwindigkeit bei Kursschnitt beträgt über zwohundert Kps.«
»Und ihre Täuschkörper und Störsender sind noch immer abgeschaltet?«
»So viel steht fest, Ma’am«, antwortete Thomas. »Das leuchtet doch ein, Skipper, oder? Die Havies haben noch immer mit Wartungsproblemen zu kämpfen, und deshalb geben sie so wenige Laststunden auf ihre Täuschkörper wie irgend möglich. Doch mittlerweile sind wir auf Raketenschussweite, und sie wissen bestimmt nicht, dass es uns gibt, sonst hätten sie ihre Eloka längst hochgefahren.«
»Gut.« Harmon sah ihren Ingenieur an. Lieutenant Gearman saß vor seiner Konsole. Seine Hände ruhten lässig auf der Kante, und er hätte geradezu unbeteiligt gewirkt, wenn nicht der Schweißfaden, der ihm die rechte Schläfe hinabrann, diesen Eindruck Lügen gestraft hätte. »Auf meinen Befehl volle Kraft auf den Impeller und den Bugschild, Mike – augenblicklich«, erinnerte sie ihn.
»Aye, aye, Skipper. Bekommen Sie.«
»Gut«, wiederholte sie, und ihr Blick wanderte weiter nach achtern, bis er an der Station des Bordmechanikers haften blieb. Spöttisch und drohend zugleich funkelte sie den Petty Officer First Class mit den behaarten Armen an. »Und was Sie betrifft, P.O.«, sagte sie in scharfem Ton, »auf meiner Brücke lassen Sie lieber keinen Schraubenschlüssel fallen!«
»Nein, Ma’am«, versicherte P.O. Maxwell ihr rasch, senkte den Kopf und rollte mit den Augen. Er hatte immer befürchtet, dass sein Spitzname auch den Offizieren zu Ohren gekommen sein könnte, doch bisher hatte ihn noch keiner von ihnen damit angesprochen. Es bestand überhaupt kein Zweifel, wer dem Skipper seinen Spitznamen verraten hatte, und er nahm sich vor, P.O. Smith angemessen für diese Aufmerksamkeit zu danken, sobald er wieder auf dem Schiff war. Auf humorvolle Art , dachte er, mit kochendem Öl oder geschmolzenem Blei …
»Ich nehme etwas Merkwürdiges auf, Bürgerin Cap …«, begann Diamato und unterbrach sich. »Unbekanntes Schiff achteraus!«, meldete er aufgeregt. »Läuft unter Stealth, Bürgerin Captain!«
»Wie bitte?« Bürgerin Captain Hall sprach absichtlich besonnen, um ihn daran zu erinnern, dass er sich zu mäßigen hatte, und er atmete tief durch.
»Genau sagen kann ich es nicht, Bürgerin Captain«, fuhr er in annähernd normalem Ton fort. »Das Echo lässt sich nur schwer halten. Ich glaube nicht, dass wir es schon einmal mit so guter Eloka zu tun hatten. Das Schiff wird gut acht Millionen Kilometer achteraus unseren Vektor schneiden, aber anscheinend ändert es den Kurs, um uns zu folgen. Die Operationszentrale hält es für einen Dreadnought, aber diese Identifizierung ist vorläufig.«
»Und es ist dort ganz allein?« Hall zog überrascht die Brauen hoch, und Diamato nickte.
»Mehr sehen wir nicht, Bürgerin Captain.«
»Nun, das Schiff ist zu weit von uns entfernt, um uns anzugreifen, ob es nun allein ist oder nicht«, sagte der Eins-O auf dem Combildschirm. Hall hatte den Schirm geteilt, links war Hamer zu sehen, auf der anderen Hälfte Bürgerin Konteradmiral Kellet.
»Ich stimme Bürger Commander Hamer zu«, sagte Kellet, »aber was zum Teufel sucht dieses Schiff allein in unserem Rücken? Warum geht es nicht
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