Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
Design hatte man sicherlich die
kräftigeren Amerikaner im Hinterkopf, von denen es bekanntlich eine ganze Menge
gibt. Die King Size Betten hingegen müssen wohl für Flusspferde konzipiert
worden sein. Drei bis vier Durchschnittsdeutsche finden darin alle Mal bequem
Platz. Für Singles hat so ein King Size Bett eher etwas Deprimierendes. Man(n)
fühlt sich irgendwie verloren - wie Robinson Crusoe auf seinem Floß. Vielleicht
bestücken die Hotels ihre Betten deshalb mit sechs bis acht Kopfkissen. Da hat
man auch als Alleinreisender das Gefühl, in Gesellschaft zu sein. Trotzdem
stellt sich die Frage: Wer zum Teufel braucht eigentlich acht Kissen?
Liselotte
Albrecht aus Düren, die im Herbst 2008 in die USA reiste, war über die Anzahl
der Kissen derart irritiert, dass sie den Zimmerservice kommen ließ, um sich
von ihrer Last befreien zu lassen. Das mexikanische Zimmermädchen verstand die
betagte Dame jedoch falsch und brachte Frau Albrecht noch vier weitere Kissen.
Als mich die Rezeption kurz darauf bat, nach einer hysterischen Dame aus meiner
Gruppe zu sehen, musste ich bei Liselottes Anblick laut lachen. Wie die
Prinzessin auf der Erbse saß sie wutschnaubend auf ihrem Bett und verschwand
förmlich in einem Berg aus Kopfkissen.
Und dann war
da noch Herr Maibeck aus Zürich, der in einem der vielen Kissenbezüge seine
Reiseschecks versteckt hielt. Als wir am Abend von unserer Stadtrundfahrt ins
Hotel zurückkehrten, war der Aufruhr groß, denn der Zimmerservice hatte die
Bettwäsche inzwischen gewechselt. Dabei war offenbar der Umschlag mit den
Schecks abhandengekommen. Über eine Stunde suchten die Zimmermädchen in der
Schmutzwäsche, die in Riesencontainern im Hinterhof des Hotels zur Abholung
bereit stand. Ich telefonierte derweil mit dem Notdienst von American Express
und versuchte, die Reiseschecks sperren zu lassen, um eventuellem Missbrauch
vorzubeugen. Herr Maibeck, den Tränen nah, sah sich bereits auf dem Heimflug,
weil er keinen Cent mehr besaß. Am Ende tauchten die Schecks wieder auf. Wohl
gemerkt, nicht etwa in einem der Schmutzwäschecontainer, sondern vielmehr in
Herrn Maibecks Sofakissenbezug. Und ausgerechnet den hatte das Personal
natürlich nicht gewechselt.
Ist der
Anreisetag überstanden, wartet am folgenden Vormittag gleich die nächste
Herausforderung auf mich. Kaum tauche ich im Frühstücksraum auf, stürzt mir die
Meute entgegen und bombardiert mich mit Fragen und Kommentaren. Das Bedürfnis
des Reiseleiters, gern in Ruhe einen Tee zu trinken, wird dabei völlig außer
Acht gelassen.
„Herr Oliver!
Könnten Sie der Bedienung bitte sagen, dass wir gerne Vollkornbrötchen und
etwas Aufschnitt hätten!“
„Natürlich
kann ich ihr das sagen. Nur wird sie mich nicht verstehen. Die weiß nämlich gar
nicht, was ein Vollkornbrötchen ist - oder Aufschnitt. Die kennt auch kein
Dreieinhalb-Minuten-Ei und Bärenmarke schon gar nicht. Wir befinden uns hier
vielleicht im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, für das Frühstück gilt das
allerdings nicht.“
Zugegebenermaßen
ist das Continental Breakfast in den USA sehr spärlich. Es gleicht eher
einem Kaffeekränzchen als einem Frühstück. Hier werden lediglich wässriger
Kaffee und ein Stück Kuchen oder ein Muffin gereicht. Mit etwas Glück bekommt
man Toast und Marmelade dazu. Das American Breakfast hingegen ist umso
reichhaltiger. Rühreier, Speck, Würstchen, Ketchup, Haferbrei, gebutterter
Toast und Obstsalat findet man neben den berühmten Pancakes, den Pfannkuchen,
die in Ahornsirup getränkt werden. Was ein Gaumenschmaus für jeden Amerikaner
ist, gilt als pures Grauen für den deutschen Touristen.
„Sorry, liebe
Leute, in den kommenden vierzehn Tagen müssen Sie sich eben ein bisschen
anpassen.“
Dieser Satz
löst grundsätzlich eine gewisse Panik bei den Menschen aus. Anpassen?
Ausgeschlossen! Vor allem, wenn es um des Deutschen Frühstück geht. Schließlich
handelt es sich hier um ein heiliges Mahl.
„Ja, aber die
könnten doch für uns Deutsche...“
„Nein. Können
sie nicht. Dann müssten sie nämlich auch für die Franzosen, für die Japaner,
für die Russen und für die Lappen.“
Die
anfängliche Panik schlägt irgendwann in Wut um, und die wird spätestens am
dritten Tag zu stiller Trauer. Am Ende folgt die Einsicht. Es geht nun mal
nicht anders. Und dann ist es plötzlich gar nicht mehr so schlimm. Aber dieser
Prozess braucht seine Zeit. Und dafür muss ich alle zwei Wochen eine gehörige
Portion Geduld
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