Hordubal (German Edition)
was zu Hause? Ach, nur so, hinüber über diese Hügel, was soll ich hier in der Fremde?
Juraj sitzt am Waldrand, oberhalb von Warwarins Feld. Auch hier hört man die Herdenglöckchen, wohl von dem Lehoter Weideland her. Was treibt jetzt Mischa droben auf der Polonina? Unten der Bach, und am Bach – eine Frau. Juraj zieht die Brauen zusammen, um besser zu sehen. Sieht sie nicht aus wie Polana? Ach nein, wie käme Polana hierher? Aus solcher Entfernung würde jedes Weib Polana gleichen. Und aus dem Wald kommt ein schwarzer Bursche gelaufen – nicht Manya, urteilt Juraj, wie könnte Stefan von dieser Seite kommen. Der Schwarze bleibt bei dem Weib stehn, steht da und plaudert. – Daß sie sich so viel zu erzählen haben, staunt Hordubal. Wird irgendein Mädel sein, mit ihrem Liebsten ein Ortsfremder, aus Lehota oder aus Volovo Polje; treffen sich heimlich, damit ihn die Dorfburschen nicht verprügeln. Und die zwei stehn da unten und schwatzen; na, schwatzt nur, ich schau' nicht hin. Die Sonne steht über dem Mentschul, wird es bald Abend? Und die beiden stehn drunten und reden. Wie war's, noch einen Versuch zu machen, vielleicht hat man im Salzbergwerk Arbeit für einen miner . Wohl sind die Gruben weit; aber wen kümmert's, wie weit? Die zwei stehn drunten und schwatzen. Nutzlos wird es sein, im Bergwerk anzufragen. –
Nein, sie schwatzen nicht. Es steht ja nur eins dort und taumelt. Nein, es sind zwei und taumeln, als rauften sie. Aber wo, sie halten sich nur so eng umarmt, es ist, als taumle nur einer hin und her. Hordubals Herz setzt aus. Rasch hinunter. Nein, nach Hause, ob Polana daheim ist; sicher ist sie daheim, wo sonst? Herrgott, meine Füße – wie bleiern. Hordubal steht auf und läuft den Wald entlang. Rennt über den Feldweg, jagt auf das Dorf zu. Achich, das sticht in der Hüfte, wie Nadelstiche – mit so einer Korbflechternadel. Hordubal kann nicht mehr Atem holen und läuft, läuft aus Leibeskräften. Heil dir, mein Gott, da ist schon das Dorf; Juraj geht in scharfem Tempo, was sticht da so, o Gott, nur ans Ziel gelangen, nur noch ein Stückchen, dort ist schon das Tor; mit aller Kraft die Hand auf die Rippen pressen, dann kann's nicht so stechen, und auf das Tor zu rennen –.
Hordubal lehnt sich atemlos an den Torpfeiler, sein Kopf dreht sich, er schöpft Atem, als schluchzte er. Der Hof – leer; Polana wohl in der Kammer oder sonstwo – Juraj ist es plötzlich sterbensgleichgültig, wo sie ist, er könnte nicht bis zur Kammer gelangen, er könnte keinen Laut hervorbringen; er atmet nur zischend und muß sich festhalten, um nicht zusammenzubrechen.
Die Pforte geht auf und Polana gleitet in den Hof atemlos, gerötet; stockt, als sie Juraj gewahrt, bleibt stehen und sagt überstürzt:
»Ich bin nur bei der Nachbarin gewesen, Juraj, bei – bei der Herpak – mir das Kind ansehn –«
Juraj richtet sich in seiner ganzen Länge auf; zieht die Augenbrauen hoch – »Ich hab' nicht gefragt, Polana.«
XXII
Und er will hinter die Scheune, wie gewöhnlich, kann aber nicht, es sticht so in der Nähe des Herzens. Er tut also, als gelüste es ihn gerade hier zu sitzen, gerade auf diesem Eckstein beim Tor, und den Hof zu betrachten. Polana – auf einmal hat sie beide Hände voll Arbeit: streut den Hühnern Futter, fegt die Vorlaube sauber und dies und das. – »Ein Mädelchen hat die Herpak geboren«, teilt sie gesprächig mit – ech, Polana, wieso bist du auf einmal so redselig?
»M«, brummt Juraj zerstreut.
Die Dämmerung fallt, Polana öffnet das Tor, bald werden die Kühe von der Weide hier sein. »Du, Juraj«, beginnt sie zögernd, »du sagtest, du möchtest ein paar Kühe dazukaufen –«
»Nicht nötig«, murmelt Hordubal.
Mit nickenden Köpfen trotten die Kühe in den Stall, bimbam, bimbam. Juraj erhebt sich, Gott sei gelobt, es geht schon. »Gute Nacht, Polana«, sagt er.
»Was – du wirst nicht Abendbrot essen?«
»Nein.«
Polana vertritt ihm den Weg. »Juraj, ich werde dir in der Stube das Bett machen. Was werden die Leute dazu sagen, daß du, der Gazda, bei den Kühen schläfst?«
»Laß die Leute«, sagt Juraj unbestimmt. »Sie werden noch manches sagen.«
Finster blickt Polana ihm nach, wie er in den Stall geht. Was für einen alten Rücken hat Juraj!
Hordubal legt sich ins Stroh, es sticht nicht mehr in der Hüfte, aber – schwer ist das Herz, es drückt. Der Hof verstummt gleichsam verlegen, auch Hafia plappert halblaut, als habe sie jemand zurechtgewiesen, sei
Weitere Kostenlose Bücher