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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Lippen nicht zittern zu lassen, derweil der an den Blattern erkrankte kleine Horatio in ihren Armen starb und die kleine Maria bereits tot im Nebenzimmer lag. Hornblower räusperte sich scharf und regte sich unruhig auf seinem Stuhl.
    Lady Barbara betrachtete sein vom Sternenlicht beschienenes Gesicht. Es trug jenen freudlosen, vereinsamten Ausdruck, den sie fürchten gelernt hatte.
    »Können Sie mir sagen, was Ihnen fehlt, Herr Kapitän?« fragte sie freundlich.
    Hornblower verweilte einige Sekunden lang regungslos, bevor er den Kopf schüttelte. Nein, er vermochte es ihr nicht zu erklären Übrigens wußte er es selbst nicht recht, denn obwohl er zu den Menschen gehörte, die sich über ihr Innenleben Rechenschaft zu geben pflegen, hätte er doch nicht zuzugeben gewagt, daß er Vergleiche zwischen zwei Frauen angestellt hatte, von denen die eine kurz und gedrungen, die andere groß und schlank war; Vergleiche zwischen apfelrunden Wangen und einem klassischen Profil.
    In der folgenden Nacht schlief Hornblower schlecht, und der sich daran anschließende Morgenspaziergang war nicht seinem eigentlichen Zweck geweiht. Er brachte es einfach nicht fertig, seine Gedanken den dienstlichen Fragen zuzuwenden; wie hoch sich die Wasser- und Lebensmittelvorräte beliefen, wie man die Mannschaften beschäftigen konnte, um keinen schädlichen Müßiggang einreißen zu lassen, wie sich die Witterungsverhältnisse gestalteten und welche Kurse zu steuern waren. Diese Dinge pflegte er sonst während der Frühstunden zu erledigen, um für den Rest des Tages als ein Mann zu erscheinen, der sich über seine Entschlüsse klargeworden war.
    Zeitweilig fühlte er sich so unglücklich, daß er überhaupt nicht zusammenhängend denken konnte, und dann wieder kämpfte er mit Gedankenbildern, deren Ungeheuerlichkeit ihn mit Abscheu erfüllte. Er fühlte sich versucht, der Lady Barbara den Hof zu machen; das wenigstens durfte er sich eingestehen. Er spürte ein brennendes Verlangen danach, das noch peinvoller wurde, wenn er daran dachte.
    Ganz unerhört fand er selbst seinen Verdacht, daß Lady Barbara seine Annäherungsversuche vielleicht gar nicht zurückweisen würde. Es schien ihm unbegreiflich und dennoch möglich, wie die Entwicklungen eines wüsten Traumes. Er konnte womöglich sogar seine heiße Hand auf ihre kühle Brust legen; ein Gedanke war das, der ihm sonderbare Qualen bereitete. Seine Sehnsucht danach, sie zu umarmen, wurde zur Marter. Seit fast einem Jahr war er an Bord der Lydia eingesperrt, und ein ganzes Jahr unnatürlicher Lebensweise vermag merkwürdige Vorstellungen zu erwecken. Irgendwo, aber unmittelbar jenseits des Horizonts seiner Gemütsbewegungen, lauerten noch seltsamere Wahnbilder; dunkle Phantome der Vergewaltigung und des Mordes.
    Und dennoch, während Hornblower solcherweise mit dem Wahnsinn spielte, beschäftigte er sich in unerträglicher Gründlichkeit mit anderem Für und Wider. Ob er Lady Barbara beleidigte, oder ob die Verführung gelang, in jedem Fall spielte er mit dem Feuer. Die Familie Wellesley konnte ihn mit Leichtigkeit vernichten. Sie konnte bewirken, daß ihm das Kommando entzogen wurde und er für den Rest seines Daseins bei halbem Sold am Hungertuch nagte. Schlimmer noch, sofern ihre Rachsucht groß genug war, ließen sich in seinen dienstlichen Handlungen des letzten Jahres Vorwände für die Einleitung eines kriegsgerichtlichen Verfahrens finden, und das unter dem Druck der Wellesleys stehende Kriegsgericht konnte durchsetzen, daß er mit Schimpf und Schande davongejagt wurde, um fortan der kirchlichen Fürsorge zur Last zu fallen.
    Das schien ihm das Schlimmste zu sein, was ihm geschehen konnte - abgesehen vielleicht von einem Zweikampf mit tödlichem Ausgang -, und das Harmloseste war auch nicht viel besser. Wenn sich die Brüder Wellesley, was immerhin im Bereich der Möglichkeit lag, mit der Verführung ihrer Schwester abfanden und angesichts der vollendeten Tatsache die Angelegenheit irgendwie zu bereinigen suchten?... Aber nein, das war letzten Endes doch undenkbar. Er hätte sich von Maria scheiden lassen müssen, was nicht nur eines parlamentarischen Beschlusses bedurft, sondern auch fünftausend Pfund gekostet haben würde.
    Eine Liebelei mit Lady Barbara hätte seinen beruflichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ruin herbeiführen können. Und er wußte, daß er unzuverlässig wurde, sobald es sich um Wagnisse handelte. Als er damals die Lydia bis auf Schußweite an die

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