Hornblower Odyssee 01 - Diesseits Der Liebe
Lächeln. „Gut. Aber nur ein Mal."
Sie speisten, aber die Mühe, die sich Libby mit dem Mahl gegeben hatte, war eigentlich überflüssig gewesen. Sie wussten nicht einmal, was sie aßen. Der Champagner war ebenfalls überflüssig. Cal und Libby waren schon berauscht voneinander.
Sie trugen einige der schon weit heruntergebrannten Kerzen hinauf ins Schlafzimmer. Das sanfte Licht erfüllte den Raum, so dass die Liebenden einander betrachten konnten.
Sie beschenkten sich mit Zärtlichkeiten und erotischen Liebkosungen, sie steigerten sich zu heißer, drängender Leidenschaft, und sie zeigten einander alle Facetten und Nuancen ihrer Liebe.
Stunden vergingen, Kerzen verlöschten, aber Cal und Libby lösten die Umarmung keinen Augenblick. Und dann, obwohl kein Wort gefallen war, wussten sie, dass dieses nun das letzte Mal sein würde. Noch zärtlicher waren seine Hände, noch sanfter seine Lippen.
Als es vorüber war, fühlte sich Libby so kraftlos, dass sie hätte weinen mögen. Sie schmiegte sich an Cal und betete darum, einschlafen zu können. Ihn fortgehen zu sehen, das würde sie nicht ertragen.
Bis zum Morgengrauen lag Cal wach. Er war dankbar dafür, dass Libby schlief, er wäre niemals in der Lage gewesen, sich von ihr zu verabschieden. Nun stand er auf, stieg in seinen Overall, der schon bereitlag, und versuchte, an möglichst nichts zu denken. Um Libby nicht zu wecken, berührte er nur ganz leicht ihr Haar und verließ dann rasch das dunkle Schlafzimmer.
Erst als das Klicken der Haustür zu hören war, öffnete Libby die Augen. Sie barg das Gesicht im Kopfkissen und ließ den Tränen freien Lauf.
Das Schiff war startbereit, alle Berechnungen erstellt und eingegeben. Cal saß im Cockpit und sah den Tag anbrechen. Es war wichtig, dass der Take-off noch vor Sonnenaufgang stattfand. Die exakte Startzeit stand auf die Millisekunde genau fest. Für Irrtümer war kein Spielraum. Sein Leben hing davon ab.
Cals Gedanken kehrten immer wieder zu Libby zurück. Warum hatte er nicht vorausgesehen, wie weh es tat, sie zu verlassen? Aber es musste sein. Sein Leben, seine Zeit waren nicht hier bei ihr. Trotzdem saß er einfach da, während die kostbaren Sekunden vergingen.
Fertig machen zum Flug in Standard-Umlaufbahn.
„Ja", bestätigte Cal dem Computer geistesabwesend. Instrumente summten. Ganz automatisch bereitete er den Take-off wie geplant vor.
Alle Systeme bereit. Zündung kann eingeleitet werden.
„In Ordnung. Countdown einleiten."
Countdown eingeleitet. Zehn, neun, acht, sieben ...
Libby stand in der Küche an der Hintertür und hörte das dumpfe Grollen. Ungehalten wischte sie sich die Tränen aus den Augen, damit sie etwas sehen konnte. Ein Aufblitzen, ein metallisches Leuchten, das über den langsam heller werdenden Himmel raste. Dann war alles vorüber. In den Wäldern war es wieder ganz still.
Libby fröstelte. Das lag selbstverständlich nur an der Tatsache, dass die Luft kühl und der kurze, blaue Hausmantel so dünn war.
„Sichere Reise", murmelte sie, und dann gestattete sie sich den Luxus einiger weiterer Tränen.
Das Leben ging weiter. Die Vögel begannen zu singen. Die Sonne musste gleich aufgehen. Und Libby wollte sterben.
Unsinn. Sie schüttelte sich einmal kurz und setzte dann den Wasserkessel auf. Sie würde jetzt eine Tasse Tee trinken, dann das Geschirr von gestern Abend abwaschen und sich anschließend wieder ihrer Arbeit widmen.
Sie wollte so lange arbeiten, bis ihr die Augen zufielen, und dann würde sie zu Bett gehen. Morgen würde sie wieder aufstehen und weiterarbeiten, bis ihre Dissertation fertig war. Es sollte die beste Doktorarbeit werden, die ihre Kollegen jemals zu Gesicht bekommen hatten. Man würde ihr, Liberty Stone, den Doktortitel verleihen, und sie würde wieder weite Forschungsreisen machen können.
Und sie würde Cal bis an ihr Lebensende vermissen.
Als das Wasser kochte, goss sie ihren Tee auf und setzte sich mit der Tasse an den Küchentisch. Nach einem Moment schob sie den Tee zur Seite, legte den Kopf auf die gefalteten Hände und weinte wieder.
„Libby."
Beim Aufspringen stieß sie den Stuhl um. Cal stand im Türrahmen. Müdigkeit und Erschöpfung zeichneten sein Gesicht, aber in seinem Blick lag ein seltsames Leuchten.
„Caleb?"
„Warum weinst du?"
Sie hörte ihn sprechen, aber sie verstand nicht, was er sagte, weil sie viel zu benommen war. „Caleb", wiederholte sie. „Wie ... ich habe doch gehört... ich habe doch gesehen ... Du bist doch
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