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Horror Factory - Der Behüter(German Edition)

Horror Factory - Der Behüter(German Edition)

Titel: Horror Factory - Der Behüter(German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malte S. Sembten
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sie die Beifahrertür. Dort, wo die Frontscheibe den Scheitel des ›Kurzen‹ in Empfang genommen hatte, war sie eingebeult und von unzähligen Rissen durchzogen. Das milchig gewordene Verbundglas sah aus wie ein Kissen, in dem der Kopf des ›Kurzen‹ ruhte.
    Überraschenderweise war fast kein Blut ausgetreten. Alenka zerrte die Leiche aus dem Wagen und schleifte sie zum Kofferraum. Obwohl um viele Kilos leichter als jener, war der schlaffe Leichnam doch fast so schwer zu bewegen wie der lebende Körper Hanssens. Alenka wuchtete den Toten über die Kofferraumkante und ließ ihn auf den Gefesselten rollen. Dann schob sie ihn ein bisschen zurecht und senkte die Kofferraumklappe. Zudrücken ließ sie sich jedoch nicht. Erst als sie sich mit Schwung daraufsetzte, rastete das Schloss ein.
    Auch Jeliel war ausgestiegen. Alenka fuhr den Wagen ein paar Meter weit zum Abwrackplatz und schmuggelte ihn unter die ausgeschlachteten Autos. Im hinteren Fußraum des BMW lagen eine Unterdruckpumpe, ein Wagenheber, ein Kreuzschlüssel, eine Rolltasche mit Werkzeugen und ein Vorschlaghammer. Alenka saugte das Benzin aus dem Tank, damit es nicht durch Funkenschlag während der Zerkleinerung des Autos in die Luft fliegen konnte, und baute die Batterie aus. Dann montierte sie die Räder ab.
    Noch ein letztes Mal ging sie zum BMW und öffnete den Kofferraumdeckel. Die Leiche schien sich zu bewegen, und Arslan Hanssens Kopf zwängte sich unter der Schulter des Toten hervor. Das Blut in seinem Gesicht war geronnen, und er starrte Alenka aus blutunterlaufenen Augen an. Seine Kiefer mahlten, aber das Gaffer-Tape saß fest.
    »Ich verabschiede mich jetzt«, sagte Alenka. »Gesellschaft hast du ja. Dein Kumpel wird wohl zu riechen anfangen, wenn morgen den ganzen Tag lang die Sonne aufs Blech knallt. Du wirst dich fühlen wie im Backofen, und der Durst wird grausam sein.« Alenka deutete auf den Kran mit der tonnenschweren Stahlkralle, die hinter ihr in der Luft hing: »Am Montag geht hier die Arbeit wieder los. Mit diesem Ding dort werden die Autowracks flachgeklopft, bevor man sie verschifft. Der eine oder andere deiner Knochen wird wohl brechen. Mit etwas Glück stirbst du. Falls du kein Glück hast, wirst du lebendig in deinem Blechsarg zur Schrottverwertung geschippert. Dort schreddert euch die Hammermühle.« Sie lächelte herzlich. »Du kannst dir das so ähnlich vorstellen wie beim letzten Streich von Max und Moritz. Wenn der Müller die beiden in den Trichter kippt und Entenfutter aus ihnen macht. – Und nun: Adios! «
    Alenka schlug den Kofferraumdeckel zu. Sie drehte den Schlüssel um und warf ihn fort.
    Zum Schluss nahm sie den Vorschlaghammer und verwandelte den BMW mit einem Dutzend Hieben in eine überzeugende Abwrackleiche.
*
    Hanssen hatte den Schlüssel des Mercedes im Zündschloss stecken lassen. Alenka zog Handschuhe aus der Hosentasche und streifte sie über. Sie hob das Messer vom Asphalt auf, mit dem Hanssen sie bedroht hatte. Alsdann verstaute sie die Krücken, die Reifen, die Autobatterie und die Werkzeuge auf der Rückbank des Boliden.
    Die Leiche des überfahrenen ›Dünnen‹ kam in den Kofferraum. Zum Glück blieb nur wenig Blut auf dem Asphalt zurück. Binnen Kurzem würde der Fleck aussehen wie ein undefinierbarer dunkler Rückstand. Allerdings hoffte Alenka, dass niemand zu lange über die frischen Bremsspuren nachdachte.
    Sie verließen den Osthafen, wie sie gekommen waren. Nur fuhren sie jetzt in der Luxuslimousine.
    »Hast du wirklich keinen eigenen Namen?«, fragte Alenka unvermittelt.
    »Doch«, antwortete der Behüter zu ihrer Überraschung.
    »Und?«
    »Was willst du denn noch alles wissen?«
    Die redselige Stimmung des Behüters musste ausgenutzt werden. »Ich würde gerne wissen, was da zwischen dir und den anderen Behütern abgegangen ist. Als ihr gekämpft habt.«
    »Ich habe sie getötet.«
    »Können Behüter sterben?«
    »Nicht wirklich.«
    »Aber?«
    »Ich habe sie dorthin zurückgeschickt, woher sie kamen.«
    »Woher kommen denn Behüter?«
    »Hat die Priesterin dir das nicht erzählt?«
    »Nein.«
    »Ich kannte die drei«, wich der Behüter aus. »Alte Bekannte. Nicht so, wie deine Feinde alte Bekannte von dir waren. Sondern viel älter. Jahrhunderte alt.«
    Das war die längste Rede, die Alenka den Behüter je hatte halten hören.
    »Hab ich deshalb so leichtes Spiel gehabt? Weil die drei keine Behüter mehr hatten?«
    »Ja. Den Behüter zu verlieren, saugt Menschen das Mark aus den Knochen.

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