Horror-Horoskop
gestanden. Es war ein rein geistiger Kontakt, da sich diese weibliche Person in Trance versetzen konnte und von Nostradamus Hilfe bekam.«
»Wie heißt der Mann?«
»John Sinclair!«
Fernando Crion überlegte. Der ihm genannte Name war ihm nicht unbekannt. Er hatte ihn schon einmal gehört, auch darüber gelesen, und wenn ihn nicht alles täuschte, war es wohl Professor Chandler gewesen, der den Namen Sinclair einmal erwähnt hatte. Das allerdings lag schon einige Zeit zurück.
»Kannst du dich erinnern?« fragte Chandler.
»Nicht direkt.«
»Gut, ich will es dir sagen.« Der Professor berichtete in Stichworten über John Sinclair, und er vergaß auch nicht, einen Teil der Erfolge aufzuzählen, die der Geisterjäger errungen hatte.
»Ja, schon gut«, unterbrach Crion ihn. »Ich habe alles genau verstanden. Aber was soll dieser Sinclair hier?«
»Dir helfen, Fernando!«
»Nein, mir kann niemand helfen. Ich werde dies allein durchstehen, hast du verstanden? Völlig allein.«
»Mit deiner Tochter zusammen.«
»Auch sie muss mich wieder verlassen, dafür werde ich sorgen. Noch einmal: Ich muss und werde diesen Fall allein durchstehen. Klar?«
»Zu spät, Fernando, zu spät…«
Crion holte tief Luft. Sein Herz schlug plötzlich schneller. »Was soll das heißen?«
»Ich habe bereits reagiert. Ich weiß Bescheid. Ich habe die Verbindung zwischen der Magie und der Mathematik gefunden. Ich sah das grauenhafte Horoskop, das damals geschrieben wurde, und ich sah die zwölf Grausamen, die Nostradamus in Fesseln hielten. Es gibt sie, das weißt du auch, und sie werden mit allen Kräften dafür sorgen, dass es dir nicht gelingt, das hervorzuholen, was verschüttet ist. Sie töten, sie müssen töten. Alle, die mit dir in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, werden daran glauben müssen. Und das will ich verhindern. Das Grauen soll in seiner Zeit bleiben und nicht über unsere Welt kommen. Es hat dich bereits besucht, Fernando. Du hast mir von dem Schrei berichtet, aber es waren noch andere bei deiner Expedition. Erinnere dich daran. Mehr Personen, die überall verstreut leben. Mein Gott, ich kenne nicht alle Namen, aber ich habe in meinem Gedächtnis gekramt und…«
»Hör auf, Chandler!«
Der Professor schwieg tatsächlich und vernahm Crions kratzende Stimme. »Ich hätte dich nicht einweihen sollen, nein, niemals. Das hier muss ich allein durchstehen, und zwar bis zum bitteren Ende. Danke für deinen Anruf.«
Fernando legte auf. Das harte Geräusch, mit dem der Hörer auf die Gabel knallte, hatte etwas Endgültiges an sich, und so dachte auch Fernando Crion. Er wollte mit Chandler nichts mehr zu tun haben. Diese furchtbare Sache hatte er allein begonnen, und er war fest entschlossen, sie auch allein durchzustehen.
Das Gespräch hatte ihn aufgeregt, hart mitgenommen, und er war innerlich aufgewühlt. Mit unsicheren Bewegungen ergriff er eine bauchige Cognacflasche. Auf einen Schwenker verzichtete er, entfernte den Korken und trank aus der Flasche. Als er sie absetzte, schüttelte er sich, stellte die Flasche wieder weg und spürte eine unnatürliche Wärme in seinem Körper.
Leider konnte sie die trüben Gedanken nicht vertreiben. Und auch nicht seinen Vorsatz, denn in den nächsten Minuten lag Schreckliches vor ihm, das war ihm klar.
Er schritt mit steif wirkenden Bewegungen durch den Raum und näherte sich der Treppe. An der Wand befand sich der Lichtschalter. Als er den Hebel herumdrehte, wurde es auch eine Etage höher hell, und der Schein fiel auf die Treppe.
Er stieg sie hoch. Mit einer Hand hielt er sich am Geländer fest, und auf jeder Stufe, die ihn höher brachte, spürte er das unheimliche Gefühl, das sich immer mehr verstärkte.
Er hatte Alain Roi als seinen Assistenten bezeichnet. Tatsächlich war er höchstens ein guter Helfer gewesen, ein Handwerker, der wusste, wie man etwas anzupacken hatte, der graben konnte und das Geschick besaß, aus wenigen Dingen gute Werkzeuge herzustellen. Jetzt war er tot.
An eine andere Möglichkeit dachte Crion nicht, als er die Treppe hinter sich gelassen und den schmalen Gang betreten hatte, in dem noch die unausgepackten Kisten standen. Darum hatte sich Roi in den nächsten Tagen kümmern wollen.
Die Tür zu seinem Zimmer stand spaltbreit offen. Ein kühler Hauch fuhr Fernando Crion entgegen, als er seinen Schritt verhielt, in das Zimmer peilte und das offene Fenster sah. Die dicht neben ihm hängende Lampe schaukelte im Durchzug.
Von Alain Roi war
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