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Straße in die Hölle

Straße in die Hölle

Titel: Straße in die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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    Sie schrien: »Gerechtigkeit! Eine menschenwürdige Arbeit! Auch wir wollen schlafen!« Und sie trugen rote Transparente über ihren Köpfen, zwischen zwei Bambusstangen aufgespannt, plumpe, fehlerhafte Parolen, auf ausgedienten Rupfen geschrieben, fast rührend in ihrer Primitivität, wenn da – auf die deutsche Sprache übertragen – Gerechtigkeit mit ›ä‹ stand oder ›wollen‹ nur mit einem ›l‹. Sie marschierten durch das Lager, dicht gedrängt, sich unterfassend, als hätten sie Angst, auseinandergetrieben zu werden, und müßten sich nun gegenseitig festhalten, um den Mut zu behalten, endlich einmal die Mäuler zu etwas anderem zu öffnen als zum Essen und Trinken.
    Luis Jesus Areras saß in seiner Baracke und hatte die geballten Fäuste auf die geladene Maschinenpistole gelegt. An den Wänden, die mit den verschiedenen Detailkarten der Baugebiete bedeckt waren, standen blaß und verstört sieben Vorarbeiter und wagten nicht, sich zu rühren. Der Demonstrationszug hatte nun die Bauleitung erreicht. Er bildete einen Block aus Leibern, Köpfen und aufgerissenen Mündern. Die Transparente wogten über ihnen, als schüttle sie ein heftiger Wind.
    »Gerechtigkeit! Anständige Arbeitszeit! Mehr zu essen!« brüllten die Männer. »Wir sind auch Menschen!«
    »Hört euch das an!« sagte Luis Jesus Areras. Er starrte aus dem Fenster. Sein Schreibtisch war übersät mit Tabellen und Zeichnungen, Lohnzetteln und Berichten. »Unsere Ameisen werden wild und wollen beißen!«
    »Sie werden die Baracken stürmen!« sagte einer der Vorarbeiter leise.
    »Nie!« Areras schüttelte den Kopf. »Sie wissen genau, daß ich schießen werde. Und ihr werdet auch schießen!« Er spuckte über den Schreibtisch gegen das Fensterglas. »Das sind doch alles feige Hunde. Haben 'ne große Schnauze und nichts dahinter.«
    »Ich weiß nicht, Luis.« Ein anderer Vorarbeiter kratzte sich den Kopf. »Seit Wochen eine Stimmung … wie bei einem Vulkan, der gleich ausbricht. Es rumort in der Tiefe. Der Nachschub klappt nicht, das fahrbare Lazarett ist noch nicht gekommen, der Lohn wird nur zur Hälfte ausgezahlt, aber geschuftet wird in Schichten, die vom Morgengrauen bis zum Abend dauern und umgekehrt. Das hält doch kein Schwein aus.«
    »Haben sie nicht alles, was sie brauchen, he?« Areras erhob sich und trat ans Fenster. Kaum sahen ihn die Demonstranten, da johlten und pfiffen sie und hoben drohend die Fäuste. »Sie sollen froh sein, daß sie so gut leben können! Was sind sie denn? Bastarde! Mestizen, Indios, Neger! Wir haben sie aus dem Dreck geholt, und jetzt wollen sie auch noch Rechte haben! Ist vor vierzehn Tagen nicht aus Brasilia der rollende Puff gekommen? Fressen, Saufen, Weiber … das ist doch ihr Leben! Und plötzlich werden sie aufsässig!«
    Areras stützte sich auf die Fensterbank und lachte hinaus zu der brüllenden Menge. Dann holte er seine Maschinenpistole vom Schreibtisch und stellte sie vor sich auf die Fensterbank. ›Paßt auf‹ hieß das. ›Kommt nicht näher! Ihr könnt euch die Kehlen wund schreien, wenn euch die Huren schon zu langweilig geworden sind. Das ist euer Privatvergnügen. Aber kommt nur einen Schritt über die Schwelle der Baracke, und wir sparen bei einigen von euch den Lohn!‹
    Auf dem Platz vor der Bauleitung verstummte das Geschrei. Hunderte von Augen starrten zum Fenster. Die plötzliche Stille war bedrückend. Die Transparente flatterten wie müde Vögel im Wind.
    »Habt keine Angst!« schrie auf einmal eine tiefe Stimme. »Sie brauchen uns! Sie werden nicht schießen! Jede Hand von uns ist ihnen wichtig! Sie müßten ja sonst selbst die Bäume fällen, die Erde walzen, die Steine schleppen, den Teer vergießen! Sie müßten ja selber schwitzen und hungern, Wasser aus Pfützen saufen und bis zum Hals im Sumpf stehen! Keine Angst, amigos ! Sie brauchen uns!«
    »Das ist Paulo Alegre«, sagte einer der Vorarbeiter. »Er führt die Leute an.«
    »Ich weiß.« Areras ging ins Zimmer zurück. Sein breites Gesicht erschien jetzt noch kantiger, noch häßlicher und brutaler. Die dicke Nase glänzte. Er schwitzte, aber nicht wie seine Vorarbeiter aus Angst, sondern aus ohnmächtiger Wut. »Alegre ist immer dabei!« Er sah die stummen, bleichen Männer wütend an. »Warum hat er nicht längst einen Unfall gehabt? So was kann man doch auf natürliche Art regulieren.«
    »Früher, mestre . Aber Alegre ist vorsichtig geworden. Außerdem hat ihn der Deutsche zu sich genommen …«
    »Der

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