Horror-Horoskop
an.«
»Was?«
Professor Chandler wollte nicht so recht mit der Sprache herausrücken.
»Ich wundere mich, dass du nicht selbst darauf gekommen bist, mein alter Freund.«
»Bitte, rede doch.«
Chandler sagte nur ein Wort. »Caroline!«
Fernando Crion schwieg. Noch mehr Farbe wich aus seinem Gesicht. Es sah plötzlich hart und kantig aus, um Jahre gealtert, von Sorge gezeichnet. Der Hörer wurde so fest umklammert, als sollte er zerbrochen werden. »Sie hat mich verlassen, das weißt du genau!« kam es stockend über Crions Lippen. »Bitte, ich will nicht daran erinnert werden.«
Chandler stöhnte auf. »Ich meine nicht deine Frau, Fernando. Sie ist vergessen, okay, aber denke daran, dass es noch einen Menschen gibt, der ihren Namen trägt.«
»Nein!« Das Wort drang wie ein Schrei über die Lippen des Mannes.
»Du kannst nicht…«
»Doch, Fernando, ich muss es dir sagen. Ich spreche von Caroline, deiner Tochter!«
Jetzt war es heraus, und der Hörer in Crions Hand begann zu zittern. Chandler hatte recht, so verdammt recht. Es gab da tatsächlich eine, die den Vornamen seiner Frau trug. Ihre gemeinsame Tochter Caroline. Sie war mit ihrer Mutter gegangen, aber das lag lange zurück. Caroline war noch ein Kind gewesen, man hatte sie nicht gefragt. Für ihre Mutter war damals klar gewesen, dass sie das Kind nicht bei »so einem Vater« lassen wollte, der nur für seine Forschungen und »Verrücktheiten« lebte. Caroline musste heute an die 30 sein, eine junge selbstbewusste Frau, die ihren Weg gemacht hatte. Sie hatte Sprachen studiert, war auf ihrem Gebiet zu einem As geworden und wurde von den offiziellen Stellen als Dolmetscherin eingesetzt, wenn es galt, schwierige Verhandlungen zu führen. Da griffen die Mitglieder der Regierung ebenso auf sie zurück wie die Leute von der Industrie. Ihren Namen hatte Crion des öfteren in den Zeitungen gelesen und sich gefreut, dass Caroline es ebenfalls geschafft hatte, doch nie hatte er sich überwunden und Kontakt mit ihr aufgenommen.
Dieser kurze Rückblick in die Vergangenheit hatte wenige Sekunden gedauert. Mit der freien Hand strich Fernando Crion knetend über sein Gesicht und drückte die alt gewordene Haut zusammen.
»Du sagst nichts, Fernando?«
»Was hat unser Gespräch mit Caroline zu tun?«
»Viel, mein Lieber, sehr viel sogar. Sie wusste von unserer Verbindung, leider, muss ich sagen. Sie war neulich in Wien. Dort wurden internationale Verhandlungen geführt, und während einer längeren Gesprächspause hat sie diese zu einem Abstecher in die Wachau genutzt.«
»Und dich besucht.«
»So ist es. Sie war fast fünf Stunden bei mir. Wir haben über vieles geredet, und sie hat das Verhältnis zu dir überdacht. Dabei ist sie zu dem Entschluss gekommen, dass sie dich nicht mehr allein lassen will. Sie braucht den Kontakt. Jetzt hat sie Urlaub, mein Freund…«
»Das heißt…« Fernando schluckte. »Das heißt, sie wird bei mir erscheinen?«
»So ist es!«
Crion atmete stöhnend. »Hast du ihr nicht gesagt, dass ich beschäftigt bin und mich nicht um sie kümmern kann?«
Chandler lachte. »Ich bitte dich. Kann ich einer erwachsenen Frau verbieten, die zudem ihr eigenes Leben lebt und es glänzend meistert, sich mit ihrem Vater in Verbindung zu setzen?«
»Nein, das geht wohl nicht.«
»Deshalb habe ich ihr von deinem Haus erzählt. Sie weiß, wo du in Frankreich lebst…«
»Wann kommt sie?«
»Es wundert mich eigentlich, dass sie noch nicht bei dir ist. Sie hätte längst da sein müssen.«
»Es kann das Wetter sein. Die Herbststürme halten viele auf.«
»Natürlich. Ich wollte dich auch nur vorgewarnt haben.«
Crion lachte wieder auf. »Das hast du getan. Ich denke, so kann ich darangehen, die Leiche aus meinem Haus zu schaffen. Aber das eigentliche Problem bleibt. Wenn sich die Weissagungen erfüllen, werden noch viele Menschen sterben, auch ich stehe auf der Liste, und es gibt kaum jemand, der mich schützen kann.«
»Fernando, wir kennen uns lange. Wir wissen, was wir voneinander haben, und ich habe mir über dieses Thema auch meine Gedanken gemacht, wobei ich zu einem Resultat gelangt bin.«
»Und welchem?«
»Es gibt jemand, der sich für deine Forschungen mächtig interessieren wird.«
»Wer? Ein Kollege?«
»Nicht direkt. Der Mann ist Engländer. Er hatte schon des öfteren mit diesem Problem zu tun. Dieser Mann weiß, dass es Nostradamus gegeben hat, denn eine Freundin von ihm hat mit dieser schillernden Person in Verbindung
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