Horror-Horoskop
nichts zu sehen.
Crion drückte die Tür auf. Er wollte es einfach hinter sich bringen, ging in den Raum - und hielt den Atem an.
Alain Roi lag auf dem Rücken. Er hatte es noch bis zur Tür schaffen wollen, war aber zusammengebrochen. Mit leblosen Augen starrte er auf die graue Decke.
Grau war auch sein Gesicht, und wie eingemeißelt lag die Angst auf diesen erstarrten Zügen. Es musste etwas Schreckliches gesehen haben, und genau dies war es, vor dem sich auch Fernando Crion fürchtete.
Es war auch jetzt noch zu sehen, wenn auch nicht so deutlich, aber als schmaler, dennoch zu erkennender Schatten, der quer über der Gestalt des Toten lag. Es war der Schatten eines Schwertes, dessen oberes Griffende zu einem Totenkopf geformt war…
Der Wissenschaftler stand auf dem Fleck, ohne sich zu rühren. Er schaute allein den Schatten des Schwertes an und wusste Bescheid. Sie waren es, die zugeschlagen hatten. Den Schatten des Totenschädelschwerts sah er als einen letzten Beweis für seine Vermutung an. Also doch.
Er schaute auf den Toten und wusste nicht, wie man seinen Helfer umgebracht hatte. Äußerlich entdeckte er keine Wunde, nichts wies auf eine Verletzung hin, aber das Schwert, vielmehr dessen Schatten, sagte ihm genug.
Es konnte töten, ohne Wunden zu hinterlassen. Es stammte aus einem anderen Reich, wurde als Schattenschwert bezeichnet, und sein Symbol war der Totenschädel.
Fernando Crion war klar, dass etwas geschehen musste. Vor allen Dingen konnte er die Leiche nicht in seiner Wohnung liegen lassen. Die musste weg. Raus aus den Räumen. Er brauchte sich nur vorzustellen, dass seine Tochter den Toten fand, um in Aufregung zu geraten. Dann würde sie von ihm Erklärungen verlangen, und die konnte er ihr nicht geben.
Wohin mit dem Toten? Diese Frage stellte sich Crion. Er blickte sich um, lief auch zum Fenster, schaute den schmalen Weg entlang, der vom Landesinneren zu seinem Haus hoch führte, und er sah auch die schwarze Fläche, die hinter den windgepeitschten Figuren der Sträucher und Bäume zu sehen war. Dort lag das Meer. Das Meer war groß und schweigsam.
Es würde den Toten schlucken, ohne zu protestieren. Crion wusste auch über die Strömungen Bescheid. So leicht würde man den Toten nicht finden können. Das Meer riss ihn hinaus in die offene See, dort würde der Tote dann in einen Kreisel geraten und irgendwann wieder ausgespieen werden.
Fernando Crion hatte sich mit einer solchen Aufgabe noch nie befasst. Er hatte früher Krimis gesehen, heute interessierten sie ihn nicht mehr, aber aus diesen alten Filmen wusste er, dass die Mörder ihre Opfer oft genug in Teppiche gerollt hatten, um sie wegzuschaffen. Ein Teppich stand auch ihm zur Verfügung. Ohne noch lange zu überlegen, machte sich der Mann an die Arbeit.
Er musste einen kleinen Tisch zur Seite schieben, zwei Stühle folgten ebenfalls, zum Schluss eine schon verstaubt wirkende Blume. Dann beugte er sich über die Leiche und rollte sie ein Stück zur Seite, um den Teppich anheben zu können.
Allein das Wegrollen des Toten hatte ihn angestrengt. Der Schweiß lag auf seinem Gesicht, die Arme zitterten, und der Herzschlag hatte sich beschleunigt. So unwohl wie in diesen langen Augenblicken hatte sich der Mann selten zuvor gefühlt.
Der Schatten des Schwertes blieb auf der Leiche!
Auch als der Mann die Lage des Toten verändert hatte, blieb er bestehen, und jedesmal, wenn Crion direkt auf den Toten schaute, sah er auch den Totenschädel am Griff der Waffe.
Sie waren hinter ihm her. Er hatte sie gestört, und wahrscheinlich stand er bereits unter Beobachtung. Die Grausamen Zwölf würden kein Erbarmen kennen. Sie hatten sich vorgenommen, jeden zu töten, auch ihn. Wahrscheinlich aber wollten sie sich erst die anderen vornehmen und sich ihn, den Initiator des Ganzen, bis zum Schluss aufbewahren. Es würde Zeit vergehen, wenn dies tatsächlich so eintraf. Vielleicht Tage oder auch mehr als eine Woche. Crion bekam so eine Chance, nach Auswegen zu sinnen. Vielleicht konnte er sich auch absetzen, um in Ruhe zu überlegen, obwohl es keinen Platz auf der Welt gab, wo er vor den Grausamen Zwölf sicher war.
Irgendwann würde er sich ihnen stellen müssen, nur wollte er das nicht allein, sondern zusammen mit einem anderen. Und dabei dachte er an den in der Wachau lebenden Professor Chandler.
Dieser Mann wohnte in einem Schloss, um dort in Ruhe seine Forschungen vorantreiben zu können. Und er gehörte außerdem zu den Menschen, die auch
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