H.Schumacher - Die zwölf Gesetze der Macht
abgegeben, der Journalist sucht von Politikern - erst recht, wenn sie aus dem Osten kommen nach einem Seitenaspekt, der ein tendenziell langweiliges und weiblich sind.
T hema, über das alle anderen auch schreiben, mit einem 14
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neuen Dreh versieht. Die Stunden im Flugzeug bieten jene selnug zu wissen, dass diese Reporter nicht nur mitreisten, um tenen Momente, in denen Politiker und Medienvertreter ohne ihre Umweltpolitik zu lobpreisen. Im Gegenteil: Hier waren Regularien aufeinander treffen. Man taxiert, prüft, horcht ein paar Prototypen des Besserwessis versammelt, die frühere sich plaudernd aus. Wo steht das Gegenüber? Ist es für die Zu
DDR-Bürger grundsätzlich für Öko- Ferkel hielten und sich kunft brauchbar? Gibt es eine gemeinsame Basis? Bisweilen selbst für die Größten.
findet man sich sympathisch oder wenigstens nicht anstren
Kaum hatte das Flugzeug den Köln-Banner-Flughafen vergend. Oder man entscheidet sich für sofortige Feindschaft, lassen, mäkelten sie am Essen rum. Oder erkundigten sich was im Zweifelsfall die einfachste und sicherste Variante ist.
grinsend, ob das Hotel denn wohl einen Pool habe. Manche Der Trip, nur zwei Tage, galt unter altgedienten Kollegen machten überhebliche Bemerkungen über jenen Teil der Welt, als wenig attraktiv, zum einen vom politischen Personal her, den niemand kannte außer der Ministerin selbst. Die Studenaber auch wegen der minderen Hotelqualität. Also fuhren tin Merke! war mit dem Rucksack kreuz und quer durch den Atomfachleute mit oder die zweite Garde von Reportern.
Ostblock gezogen. Sie erzählte es nicht. Ging doch keinen
>>Sibirien«, raunte man in wohligem Grusel vor dem Abflug, was an, dass sie diese Länder und ihre Bewohner mochte,
»Millirem« oder einfach nur >>Russen«, auch wenn es nach schon wegen der Melancholie. Aber wie sollte man das die
Weißrussland und in die Ukraine ging. Man programmierte ser Bande erklären?
sich vorsorglich auf Langeweile mit gelegentlicher Strahlungs
Der Hochmut, die dummen Sprüche, die mitleidigen Blicke, hysterie.
das dämliche Grinsen, all das, was Angela Merkel seit dem Dabei war es ein unglaublich spannender Trip: Ein Rudel Herbst 1 98 9 unendlich auf die Nerven gegangen war, weil es Wessis fährt mit einer ostdeutschen Ministerin nach Osteunicht sachlich war, sondern vor allem gemein, das war auf ropa. Das bot jede Menge Konflikt- und Unterhaltungsstoff.
engstem Raum versammelt. Sie wusste jetzt schon, dass hier Der Bonner Journalist des Jahres 1 996 hatte zwar gelernt, sehr bald die Soli-Debatte geführt werden würde, so wie so zu tun, als würde ihn die Wiedervereinigung freuen und immer. Es gab nur einen Weg, diesen Trip zu überstehen: ernst als akzeptiere er die neuen Mitbürger als vollwertige Mannund konzentriert den Job machen.
schaftskameraden. Aber das stimmte natürlich nicht. Man Aber das war praktisch unmöglich. Denn die Reise ging beömmelte sich über Witze, in denen sich Randgruppen in schon grausam los. Erste Station war der Besuch eines Kinder Schlange bei Aldi streiten, und der Türke zum Sachsen derkrankenhauses, Krebsstation. Die TV-Kollegen balgten sagt, er solle erstmal anständig Deutsch lernen. Heute stehen sich in einem kargen Krankenzimmer um die besten Bilder die Westler bei Aldi an Kassen, die von Ostdeutschen bedient der atomfreundlichen Ministerin am Bett eines glatzköpfigen werden, weil kein Wessi den Job mehr machen will. Aber das Mädchens. Nur wegen dieser Bilder waren die Kameras überist eine andere Geschichte.
haupt mitgekommen. Frau Merkel saß wie versteinert auf Für Frau Merkel war dies eine ihrer ersten größeren Auseinem Stuhl neben dem Bett und versuchte, mit dem Kind ein landsreisen mit Delegation, und sie dürfte die Atmosphäre als kurzes Gespräch auf Russisch anzufangen. "Was haben Sie merkwürdig zooartig empfunden haben. Sie war schlau ge-gesagt?«, fragte der erste Reporter, noch ehe sie den Satz be-1 6
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endet hatte. Sie sagte noch ein paar Worte, dann drängte sie decke um die Zunge gelegt hatte. Den Wodka hatte Angela hinaus. Es wurde ihr zu viel. Es gibt Situationen, die sind Merkel besorgen lassen am Abend zuvor, dazu ein paar Plasnicht in Würde durchzustehen, für keinen der Beteiligten.
tikbecher und Mineralwasser. Weil die Unterkunft für die Hinterher gab es erregte Debatten unter den deutschen ganze Delegation schlimmer gewesen war als befürchtet, sah Journalisten: Ist es sympathisch oder Zeichen mangelnder
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