Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)
ich wieder sorgfältig in die Öffnung, legte zwei Steine davor, um 's festzuhalten, und wenn man zwei oder drei Fuß entfernt stand und nicht wußte, daß es losgesägt war, konnte man's auch nicht bemerken. Außerdem war's auf der Rückseite der Hütte, wo selten jemand hinkam.
Bis zum Boot gab es nur Grasboden, da war meine Spur nirgends zu entdecken, wovon ich mich überzeugte. Ich stand am Ufer und spähte in den Fluß. – Alles sicher! So nahm ich die Flinte und ging ein Stück in den Wald hinein, um irgendeinen Vogel zu schießen. Da sehe ich ein wildes Schwein. Die werden dort immer gleich wild, wenn sie erst einmal von einer Farm ausgebrochen sind. Ich schoß den Kerl und schleppte ihn zur Hütte.
Jetzt nahm ich die Axt zur Hand, zerschmetterte die Tür und hieb um mich, daß die Fetzen nur so flogen. Dann schleppte ich das Schwein bis zum Tisch, schlug ihm mit dem Beil ein Loch in den Hals und legte es auf den Boden zum Verbluten – die Hütte war nicht gedielt, sondern hatte gestampften Lehmboden. Dann nahm ich einen alten Sack, füllte ihn mit schweren Steinen, wälzte ihn durch die Blutlache und zog ihn dann hinter mir her dem Flusse zu, wo ich ihn hineinwarf. Er hatte eine breite, blutige Spur hinterlassen, die ein Blinder finden konnte. Ich wollte, Tom Sawyer wäre dabeigewesen, der hätte noch allerlei dazu erfunden, um dem Ding einen romantischen Anstrich zu geben – in solchen Sachen war er groß.
Zuletzt riß ich mir dann noch ein paar Haare aus, tauchte die Axt ins Blut, klebte die Haare hinten dran und warf die Axt in einen Winkel. Dann nahm ich das Schwein, preßte die Wunde fest gegen mich, daß sie nicht mehr tröpfeln konnte, und schleppte das Tier eine gute Strecke weit unterhalb den Fluß entlang, wo ich's hineinwarf. Da fiel mir noch etwas anderes ein. Ich nahm den Sack Mehl und trug ihn zurück in die Hütte, dann holte ich die Säge, stellte den Sack an den Ort, an dem er gestanden, ritzte mit der Säge ein Loch hinein, denn es waren keine Messer oder Gabeln da; der Alte besorgte alles mit seinem Taschenmesser. Dann schleppte ich den Sack ein paar hundert Meter durch das Gras und die Weiden zu einem östlich von der Hütte gelegenen Teich, der voll Binsen war und – voll Enten, wenn die rechte Zeit dazu war. Am andern Ende des Sees führte ein Pfad in die Wildnis, das wußte ich, aber nicht wohin, jedenfalls aber entgegengesetzt vom Flusse. Das Mehl kam ganz langsam aus dem Riß heraus und hinterließ eine kleine weiße Spur über den ganzen Weg bis zum See, dann ließ ich noch des Alten Wetzstein fallen, als ob es zufällig geschehen sei, band das Loch im Sack mit einer Schnur zu, damit das Mehl nicht mehr herausfallen konnte, nahm den Mehlsack, holte die Säge und ging zu meinem Boot zurück.
Jetzt war's beinahe dunkel geworden, und so ruderte ich denn das Boot eine Strecke weit den Fluß hinunter, befestigte es an einem Weidenstamm, aß 'nen Mund voll und wartete auf den Mond, der eben aufging. Ich zündete mir eine Pfeife an und begann ernstlich über meinen Plan nachzudenken. Sag' ich zu mir selbst: Natürlich werden sie der Spur folgen, auf der ich den alten Steinsack zum Fluß gezogen habe, und werden dann das ganze Wasser nach meiner Leiche absuchen. Und dann rennen sie hinter der Mehlspur her bis zum See und weiter durch den Wald in die Schluchten jenseits, um die Räuber zu finden, die mich gemordet und alles gestohlen haben. Außer im Fluß werden sie nirgends nach meiner Leiche suchen, des bin ich sicher, und sie werden es bald müde sein und sich nicht weiter um mich kümmern. Das ist mir gerade recht! Ich kann dann bleiben, wo ich will! Die Jackson-Insel da drüben ist gut genug für mich, dort bin ich von früher her mit jedem Schlupfwinkel bekannt, und niemand kommt je dahin. Nachts kann ich dann in die Stadt rudern und sehen, ob ich nicht hie und da etwas erwischen kann, was sich brauchen läßt. Hurra, die Jackson-Insel sei mein Reich!
Ich war ziemlich müde geworden, und das erste, was ich tat, war, daß ich einschlief. Als ich wieder aufwachte, wußte ich einen Augenblick lang gar nicht, wo ich war. Ich setzte mich auf und blickte nicht wenig verwundert nach allen Seiten. Jetzt kam mir wieder alles ins Gedächtnis zurück. Der Fluß sah aus, als sei er Meilen und Meilen breit. Der Mond schien so hell, daß ich die Holzstücke zählen konnte, die hundert Meter weit entfernt still und schwarz dahinglitten. Alles war totenstill, und es sah aus, als sei's sehr
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