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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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vorüber? Ist das alles?«
    Der Herzog sagte ja. Dann wurde es lebhaft. Alles schrie »Oho!« sprang wild auf und nach der Bühne zu. Aber ein großer, fein aussehender Mann sprang auf eine Bank und rief: »Ruhe! Ein Wort, meine Herren.«
    Sie schwiegen wirklich und horchten. »Wir sind zum besten gehalten worden – ziemlich arg zum besten. Aber wir wollen uns doch nicht von der ganzen Stadt auslachen lassen. Nein. Wir wollen hübsch stille fortgehen und über die Vorstellung prahlen, damit der Rest der Stadt ebenso genarrt werde; dann wissen alle, wie es ist, und keiner kann den andern auslachen. Ist das nicht vernünftig?«
    »Das ist wahr! – Der Richter hat recht!« riefen alle.
    »Wohl denn, also kein übles Wort mehr! – Geht heim und ratet jedem, das Trauerspiel zu besuchen.«
    Am nächsten Tag war nur noch von dem herrlichen Trauerspiel die Rede. Am Abend war das Haus wieder überfüllt, und auch diese Versammlung war genarrt.
    Als ich und der König und der Herzog wieder auf das Floß zurückkamen, aßen wir zusammen zu Abend. Nachher, etwa um Mitternacht, ließen sie Jim und mich das Floß in die Mitte des Stromes steuern und etwa zwei Meilen unterhalb der Stadt anlegen.
    Am dritten Abend war das Haus wieder gepackt voll – es waren diesmal keine neuen Gesichter, sondern Leute, die schon an den vorigen Abenden dagewesen waren. Ich stand beim Herzog und sah, daß jeder, der hineinging, etwas in seinen Taschen oder unter seinem Rock versteckt trug, und ich konnte sehen, daß es keine Parfümflaschen waren – nein, gewiß nicht! Es hatte einen widerlichen Geruch, der an schlechte Eier, verfaulte Kohlköpfe und dergleichen erinnerte. Als niemand mehr hinein konnte, gab der Herzog einem in der Nähe Stehenden einen Viertel-Dollar und bat ihn, für eine Minute Türwächter zu sein. Dann ging er hinten herum zur Bühnentür, ich hinter ihm her; doch kaum waren wir um die Ecke gebogen und im Dunkeln, da sprach er: »Jetzt geh rasch, bis du von den Häusern weg bist, und dann mach, daß du so schnell zum Floß kommst, als sei der Böse hinter dir!« Ich tat's, und er gleichfalls. Wir kamen zur gleichen Zeit dort an, und im Nu glitten wir stromab – niemand sprach ein Wort. Ich dachte an den armen König, wie es dem wohl mit seiner Audienz gehen würde; der aber kam lustig aus dem Zelt hervorgekrochen und sagte: »Nun, Herzog, wie hat sich die Geschichte diesmal gelohnt?«
    Er war nämlich gar nicht in die Stadt gegangen.
    Erst als wir zehn Meilen stromab waren, machten wir Licht und nahmen unser Abendessen. König und Herzog hielten sich den Bauch vor Lachen über die Art, wie sie das Volk überlistet hatten.
    Der Herzog sagte: »Grünschnäbel, Dummköpfe! Ich wußte wohl, daß das erste Publikum 's Maul halten würde, damit die übrigen auch in die Falle gingen; ich wußte, daß sie den dritten Abend denken würden, nun sei die Reihe an ihnen. Ja, jetzt haben sie ihre Revanche. Ich gäbe was drum, wenn ich sehen könnte, was sie für ein Gesicht dabei machen.«
    Diese Halunken hatten wirklich 465 Dollar an diesen drei Abenden eingenommen. Ich habe früher nie einen solchen Berg von Kleingeld beisammen gesehen.
    Bald schliefen und schnarchten die beiden, da sagte Jim zu mir: »Du nix sein erstaunt, von unsre Könige, Huck?«
    »Nein«, sagte ich, »durchaus nicht.«
    »Aber Huck, sein ja wahre Teufelskerls, nix anderes, rechte echte Teufelskerls.«
    »Nun, soviel ich weiß, sind das viele Könige.«
    »So, du das meinen? Dann Jim nix wollen wissen von Könige.«
    »Lies doch etwas darüber nach, dann wirst du's sehen. Da ist Henry VIII.; im Vergleich mit dem ist der unsrige ein Sonntagsschul-Superintendent. Und dann Charles II. und Louis XIV. und Louis XV. und James II. und Eduard II. und Richard III. und noch viele andere; fast alle die angelsächsischen Fürsten in den alten Zeiten waren rechte Kains-Kinder. Oh, du solltest Henry VIII. in seiner Blüte gesehen haben. Das war ein Kerl. Der heiratete ein neues Weib jeden Tag, und am nächsten Morgen hieß es immer: ›Kopf ab!‹ und er tat dabei so gleichgültig, als ob er sich ein paar Eier bestellte. ›Nell Gwynn her‹, rief er. Man brachte sie. Nächsten Morgen: ›Kopf ab!‹ und ab war er. ›Jane Shore her‹, rief er. Sie kommt. Nächsten Morgen: ›Kopf ab!‹ ab war er. ›Leute, die schöne Rosamund herbei‹; schön Rosamund folgt dem Lockruf. Nächsten Morgen: ›Kopf ab!‹
    Jede von diesen Frauen mußte ihm in der Nacht eine Geschichte

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