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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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sich zu, als er wieder herauskam, und lieferte Onkel nach Tisch einen Schlüssel ab, ganz gewiß den Hüttenschlüssel, Huck. Melone beweist Mensch, Schlüssel beweist Gefangenen, und zwei solche Vögel wird's wohl kaum auf der kleinen Farm geben, wo alle Menschen so gutherzig sind, daß sie kein Wässerchen trüben können. Folglich ist also Jim jener Gefangene, das hätten wir heraus, Huck, wie der schlaueste Detektiv. Jetzt streng dich an und mach dir einen Plan, wie wir Jim befreien wollen, ich mach' auch einen, und dann nehmen wir den, der uns am besten gefällt.«
    Großer Gott, was hatte der Junge für einen Kopf auf seinen Schultern! Wenn ich den hätte, ich gäbe ihn nicht her, und wenn ich dafür Herzog oder Steuermann oder Clown in einem Zirkus oder sonst was Großes werden sollte! Ich machte mich also dran, einen Plan auszuhecken, oder tat doch wenigstens so, nur um etwas zu tun, ich wußte ja doch, wer den besten liefern würde. Richtig fängt auch Tom bald drauf an: »Fertig?«
    »Ja«, sag' ich.
    »Gut, also los!«
    »Na, ich würd' erst mal sehen, ob's wirklich Jim ist, dann würd' ich irgendwo ein Floß zu kriegen oder zu machen suchen, in der ersten dunklen Nacht dem alten Onkel den Schlüssel aus den Hosen wegstibitzen, wenn er sich gelegt hat, Jim die Tür aufschließen, zum Fluß hinunterrennen aufs Floß, nachts fahren, tags schlafen, gerad' wie wir's vorher auch getan haben. Das war' doch gewiß ein Plan, der sich ausführen ließe, nicht?«
    »Ausführen?« dehnte Tom verächtlich, »ausführen, ja, so einfach und simpel, wie wenn man ein Butterbrot schluckt. Herr, du mein Himmel, hast du denn gar kein bißchen Phantasie, Huck? Das wäre ja so leicht wie Amen sagen oder Wasser trinken. Da krähte kein Hahn danach – nein, das muß anders gemacht werden!«
    Ich sagte kein Wort, hatt's ja vorher gewußt, daß es mir mit meinem Plan so gehen würde. Daß sein Plan, wenn er erst ans Licht käme, nicht so stümperhaft wäre, das war mir klar.
    So war's auch. Tom rückte damit heraus, und ich sah im Augenblick ein, daß sein Plan zehnmal mehr wert war als meiner. Er machte Jim ebenso zum freien Mann wie der meine und hatte außerdem das Gute für sich, daß wir beide dabei Gefahr liefen, samt Jim das Lebenslicht ausgeblasen zu kriegen. Ich war's zufrieden und sagte nur: immer rein ins Vergnügen! Wie der Plan eigentlich war, will ich lieber gar nicht erzählen, denn ich wußte vorher, daß jede Stunde neue Änderungen bringen würde, und so war's auch. Wo Tom konnte, brachte er mit Wonne noch neue Schwierigkeiten an, zur weiteren Ausschmückung.
    Eins aber stand jetzt bombenfest, nämlich, daß Tom Sawyer, Tante Pollys und Tante Sallys Tom Sawyer, der immer in einem Hause wohnte, in einem Bette schlief, zur Schule, zur Kirche ging, kurz, daß Tom Sawyer wirklich und wahrhaftig daran dachte, einen Nigger befreien zu helfen! Das war zu hoch für mich! Er war doch ein anständiger, wohlerzogener Junge, der einen guten Namen zu verlieren hatte, und seine Leute waren angesehen daheim. Und er war gescheit und kein Dummkopf, hatte was gelernt, war dabei kein Duckmäuser, sondern freundlich und gutmütig, und doch besaß er jetzt nicht für einen Pfennig Stolz und Verständnis oder Gefühl für die Strafbarkeit der Handlung, die er eben im Begriff war zu begehen und die doch mir armem, elendem Teufel schon soviel Kopfzerbrechen und Herzweh bereitet hatte, mir, dem Huck Finn! Ich konnt's nicht verstehen, auf keine Weise. Es war einfach schmählich, schändlich! Und ich hätt's ihm sagen müssen, es ihm klarmachen, das weiß ich, als sein treuer Freund ihn bewahren vor der Schande, die er damit über sich und die Seinen bringen würde. Ich fang' auch an, was davon herzustottern, er aber hält mir den Mund zu und ruft: »Meinst du, ich weiß nicht, was ich zu tun habe? Weiß ich's für gewöhnlich vielleicht nicht?«
    »Ja, doch, aber ...«
    »Hab' ich dir nicht gesagt, ich helf' dir den Nigger frei machen, Huck Finn?«
    »Freilich, aber –«
    »Also damit basta!«
    Mehr sagte er nicht, und mehr sagte auch ich nicht. Es hätte auch gar nichts mehr genützt, denn was er wollte, das wollte er! Ich kümmerte mich also nicht weiter drum und ließ ihm seinen Willen.
    Im Hause war mittlerweile alles still und dunkel geworden. Wir öffneten das Fenster und suchten eine Gelegenheit, hinunterzukommen. Glücklicherweise war der Blitzableiter ganz in der Nähe, der diente uns zum Beförderungsmittel, so leicht und

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