Hüte dich vor Dracula
Noch gab es genügend Brennmaterial; die Menschen konnten das Holz aus dem Wald holen, aber mit der Nahrung würde es knapp werden.
Siebenbürgen sollte sterben, ein totes Land werden, das nur noch in der Erinnerung existierte.
Marek wischte über seine Augen. Wenn er an die Zukunft dachte, wurde ihm komisch.
Die alte Zuniga stand vor dem Haus. Sie sprach mit einem Kind und schickte es weg, als sie den Käfer anrollen sah. Marek bremste stotternd. Mit müde wirkenden Schritten durchquerte Zuniga den Vorgarten und blieb erst stehen, als Marek die Tür öffnete. Sie schaute in sein Gesicht und sah, daß der Mann die Schultern hob.
»Du hast es nicht geschafft?«
»Ich habe das Blut nicht gefunden. Man hat es bereits abgeholt. Jemand ist schneller gewesen als ich.«
Sie nickte. »Was ist mit dem Wächter geschehen?«
»Er war noch da«, erwiderte Marek. »Jetzt nicht mehr. Ich habe ihn gepfählt.«
»Ja, das war gut.«
»Sicher, aber was ist mit dem Blut?«
Die alte Frau hob die Schultern. »Ich bin nicht allwissend. Du mußt es eben suchen.«
Marek schaute nach Nordwesten. »Ich weiß auch schon wo«, erklärte er leise. »Nicht mehr hier in Rumänien. Man hat mir einen Tip gegeben. Ich muß nach England, nach London. Dort habe ich Freunde, die mir helfen werden. Vielleicht stehen die Chancen nicht so schlecht.«
Die alte Zuniga kam zu ihm und drückte Mareks Hände. »Ich wünsche dir viel Glück und alles Gute, mein Freund. Kämpfen mußt du, Frantisek Marek. Nicht mehr für uns, wir sind zu alt. Du mußt es für die Zukunft tun, nur für die Zukunft.«
»Ich werde mich bemühen.«
»Und noch etwas möchte ich dir mit auf den Weg geben, mein guter Freund. Wenn du in der fremden Stadt bist, dann hüte dich vor Dracula. Hüte dich vor ihm, denn er ist grausam, er ist falsch und hinterlistig. Er wird alle Tricks versuchen, weil seine Wiedergeburt bevorsteht.«
»Hast du Angst?« fragte Marek
»Nicht mehr um mich, um die anderen, die nichts ahnen und über ihn lachen.«
»Ich glaube, daß ihnen das vergehen wird.« Nach diesen Worten drehte sich der Pfähler um und stieg ein.
Er wußte, was er zu tun hatte…
***
»In der U-Bahn-Röhre steckt ein Vampir!« kam die Meldung eines Triebwagenführers über den Äther. »Auf seiner Stirn leuchtet ein grellrotes Zeichen.« Ein D!
Mit dieser Meldung wurde eine Lawine ausgelöst. Seit einigen Tagen lief in London die Fahndung nach einer Gruppe, die sich Aktion D nannte. Das D stand dabei für Dracula.
Und so etwas fiel in unser Gebiet.
Wir hatten bereits in Deutschland damit zu tun bekommen. Angeblich sollte sich hinter der Aktion D eine Terrorgruppe verbergen, das hatte sich als Irrtum herausgestellt. Dieser Bande ging es allein um Dracula und um das alte Blut, das auf irgendeine Art und Weise nach London gelangt war, wie wir ebenfalls von einer Frau namens von Draben erfahren hatten. Sie und ihr Partner Simon mußten das alte Blut aus Rumänien geholt haben.
Okay, wir hatten die von Draben ausschalten können, doch das alte Blut nicht gefunden, wenigstens nicht alles. Wir gingen der Spur nach, gerieten nach Deutschland, stießen auf die Aktion D und auf eine geheimnisvolle Frau namens Reva, die als Malerin ihr Geld verdiente, doch gleichzeitig zu den Blutsaugern gehörte.
Sie leitete die Aktion.
In einem Schloß im Spessart lebte sie. Suko und ich hatten es gestürmt und nur einen ihrer Helfer gefunden.
Es handelte sich ebenfalls um einen Untoten. Sie selbst war mit einem anderen verschwunden, dessen Bild wir aber im Schloß gefunden hatten.
Es war ein gewaltiger Schock gewesen, denn das Gemälde zeigte einen Menschen, den wir gut kannten: Kommissar Will Mallmann!
Nur war er auf dem Bild nicht mehr als Mensch gezeichnet, sondern als Vampir. Ein blutgieriges Ungeheuer mit bleichem Gesicht und vorgestreckten Händen, die nach dem Betrachter zu greifen schienen, um ihm die dunkel lackierten Fingernägel in den Hals zu schlagen. Will Mallmann ein Vampir? Etwa Dracula? Das konnte nicht sein, höchstens der Nachfolger, der das Erbe durch das Trinken des alten Blutes fortgeführt hatte.
Eine schreckliche und kaum glaubhafte Vorstellung für uns, mit der wir uns auch nicht abfinden konnten. Doch an meinem Geburtstag hatte ich schließlich den Beweis bekommen. Da war mir auf besondere Art und Weise gratuliert worden.
In einer zugeschickten Forte befand sich eine dicke, mit Blut gefüllte Blase versteckt, die beim Anschneiden der Torte zerplatzte, so daß
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