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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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hinzuschauen, dass sie wieder mein Schulfoto aus der zehnten Klasse zeigten – so wie mittlerweile vermutlich sämtliche Internetseiten der Church of Angels auf der ganzen Welt. Und deshalb war es ehrlich gesagt keine wirklich schwere Entscheidung gewesen, mein hervorstechendstes Erscheinungsmerkmal zu verändern. Wenigstens hatte niemand eine Ahnung, wie Alex aussah. Die Polizei hatte ein Phantombild erstellt, aber die Ähnlichkeit war geradezu lachhaft. Die Erinnerung des Wachmanns aus der Kathedrale hatte ihn zehn Jahre älter und zwanzig Kilo schwerer gemacht und ihn mit Muskelpaketen ausgestattet, die einem Footballspieler zur Ehre gereicht hätten.
    Ich konnte meinen Blick nicht von dem Mädchen im Spiegel lösen. Es war, als hätte eine Fremde mein Gesicht gestohlen. Ich griff nach dem roten Augenbrauenstift, den Alex auf meine Bitte hin gekauft hatte, und zog mir die Brauen nach. Der Effekt war erheblich dramatischer als erwartet. Vorher waren mir meine Augenbrauen so gut wie gar nicht aufgefallen, wenn ich mich selbst betrachtet hatte. Nun schienen sie mir förmlich entgegenzuspringen.
    Das war ich, von jetzt an.
    Seltsam aufgewühlt legte ich den Stift zur Seite und fuhr mir mit den Fingern durch das, was von meinen Haaren noch übrig war. Die eine Hälfte sträubte sich zu senkrecht in die Höhe stehenden Stacheln, die andere hing schlapp herunter. Möglicherweise würde irgendwer irgendwo einen Haufen Kohle für einen Haarschnitt wie diesen berappen – ein Model in einem Kleid aus Müllsäcken, die mit Sicherheitsnadeln zusammengehalten wurden, vielleicht.
    »Bin ich froh, dass du nicht Friseur werden willst«, sagte ich zu Alex. »Ich glaube nämlich, dein Stil sprengt sämtliche Konventionen.«
    Er lächelte und legte mir eine Hand in den Nacken, der sich jetzt, da die Haut dort bloß und ungeschützt war, merkwürdig verletzlich anfühlte. »Niemand wird dich erkennen, das allein zählt«, sagte er. »Mein Gott, sogar ich würde dich fast nicht erkennen.«
    »Oh«, sagte ich. Ich hatte nicht ganz so verloren klingen wollen, aber die Vorstellung, dass Alex mich nicht erkannte, war einfach … falsch.
    Als er bemerkte, was für ein Gesicht ich machte, schlang er von hinten die Arme um mich und zog mich an seine Brust. Ich reichte ihm gerade mal bis knapp über das Kinn. »Hey«, sagte er, als sich unsere Augen im Spiegel trafen. »Wir werden uns beide daran gewöhnen. Und du siehst immer noch fantastisch aus, das weißt du doch, oder? Nur eben anders, das ist alles.«
    Erleichtert, dass er immer noch so dachte, atmete ich auf.
    Vielleicht war es ja kleinlich, angesichts dessen, was sonst auf der Welt passierte – aber es hatte sich bereits so viel verändert, dass zumindest die Art und Weise, wie Alex mich sah, unverändert bleiben sollte. Für immer. »Danke«, sagte ich.
    Er legte sein Kinn auf meinen Kopf und sah belustigt aus. »Na ja, eigentlich versteht es sich von selbst … Du würdest selbst dann noch fantastisch aussehen, wenn du dir sämtliche Haare abrasieren würdest.«
    Ich lachte. »Das probieren wir aber nicht aus, okay? Ich glaube, das hier ist mir für heute radikal genug.« Ich lehnte mich an seinen Oberkörper und betrachtete seine schwarzen Haare und blaugrauen Augen im Spiegel. »Fantastisch« war eigentlich das Wort, das ich benutzen würde, um Alex zu beschreiben, nicht mich. Hin und wieder kribbelte es in meinem Bauch immer noch wie am Weihnachtsmorgen, wenn mir bewusst wurde, dass dieser Junge, in den ich so wahnsinnig verliebt war, das Gleiche für mich empfand.
    Unterdessen waren meine Haare noch genauso kurz wie zuvor. Und genauso rot. Jedes Mal aufs Neue zuckte ich bei meinem Anblick überrascht zusammen. Es war, als hätte mein Hirn noch nicht erfasst, was passiert war.
    »Ich wünschte, es gäbe ein Mittel, mit dem wir auch deine Aura färben könnten«, sagte Alex nach einer kurzen Pause.
    Ich nickte und rieb über seine durchtrainierten Unterarme. »Ich weiß. Wir müssen eben echt vorsichtig sein.«
    Meine Aura – das Energiefeld, das jedes Lebewesen umgibt -war silbern und lavendelfarben, eine eindeutige Mischung aus menschlicher Energie und Engelsenergie. Jeder Engel, der sie sah, würde augenblicklich wissen, wer ich war: Der einzige Halbengel auf der Welt und diejenige, die versucht hatte, sie alle zu vernichten. Es war ein Risiko, das sich nicht umgehen ließ, es sei denn wir hätten vorgehabt, uns für den Rest unseres Lebens in irgendeiner Höhle zu

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