Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht
darauf legte, daß Slowotski die Verantwortung dafür übernahm, daß sie wieder einmal Kopf und Kragen riskierten, konnte der Zwerg auch nicht verstehen.
Ahira nickte. »Ich bin dabei. Zufrieden?«
»Ja.« Slowotski lachte. »Außerdem, irgendwie vermisse ich Lou.«
»Du und Riccetti, ihr habt euch doch nie besonders verstanden.«
»Ich habe nicht behauptet, ihn so gern zu haben wie dich, kleiner Freund, lediglich, daß ich den Ingenieur vermisse. Er ist, falls dir das noch nicht klar sein sollte, der wichtigste von uns allen.«
Ahira schüttelte den Kopf. Arta Myrdhyn war anderer Meinung. Er hatte keinen Zweifel daran gelassen, daß Jason der wichtigste von ihnen war. Für ihn war auch das Schwert bestimmt.
Slowotski lächelte. »Mir fällt ein, unterwegs werde ich den Zwergen das Lied beibringen, das du nicht ausstehen kannst.«
»Welches Lied?«
»Du weißt schon, das die Männlein mit den Zipfelmützen singen, wenn sie abends nach Hause ziehen: Hei-ho, hei-ho ...«
»Das wirst du nicht.«
»Das werd' ich doch.«
»Das wirst ...«
»James?«
Ahira zuckte zusammen. Walter nannte ihn so gut wie nie bei seinem früheren Vornamen. »Ja, Walter?«
Der große Mann stand auf und reckte sich. »Ich muß es dir sagen: Ich liebe meine Familie, und ich liebe das Leben, das wir hier führen, aber verflucht, Mann ...« Slowotski schüttelte den Kopf und seufzte.
»Aber du fühlst dich jetzt lebendiger als seit langem?«
»Du auch, wie?« Slowotski zog die Augenbraue hoch. »Ja.«
»Ich nicht, nein - es mag unumgänglich sein, aber es gefällt mir nicht. Dir macht die Sache Spaß, hoffentlich erinnerst du dich daran, wenn du erst an einer Lanzenspitze zappelst.«
Slowotski grinste. »Ich werde mir alle Mühe geben.«
»Das solltest du auch.«
»Darauf kannst du wetten. Das wäre immerhin meine letzte Chance.« Slowotski leerte seinen Krug. »Und jetzt?«
»Jetzt halt den Mund und trink noch ein Bier. Anschließend gehen wir hin und verbringen etwas Zeit mit deiner Frau und meinen Patenkindern. Freue dich an ihnen, solange wir noch hier sind. Und wir sollten die Gelegenheit nutzen, uns heute nacht noch einmal gründlich die Lampe zu begießen. Morgen früh beginnen wir mit dem Training, gleich nachdem wir den König gesprochen haben.«
»Training?«
»Training. In ein paar Zehntagen brechen wir auf.«
Kaum daß die Sache entschieden war, hatte Ahira wieder das Kommando übernommen, ohne es zu merken. Er stellte fest, daß es ihm gefiel, wieder die Befehlsgewalt innezuhaben - auch wenn sie bis jetzt nur zu zweit waren -, statt lediglich als Berater zu fungieren, ganz gleich, wie großen Wert man auf seinen Rat legte.
»Soll mir recht sein«, meinte Slowotski mit seinem üblichen Walter-Slowotski-Lächeln, dem Lächeln, das zu fragen schien: ›War es nicht schlau von Gott, mich zu erfinden?‹, während es von Anfang an nicht den geringsten Zweifel daran aufkommen ließ, daß es sich um eine strikt rhetorische Frage handelte.
»Du mußt immer das letzte Wort haben, oder?«
»Jau.« Slowotski lächelte.
Kurz zuvor, in einem Haus in der Faculty Row: Arthur Simpson Deighton
»Ich mache mir Sorgen um diesen Jungen«, sagte Arthur Simpson Deighton und zog an seiner Pfeife. »Ich bin Arthur Simpson Deighton«, ermahnte er sich selbst, »nicht Arta Myrdhyn. Auf Dieser Seite muß ich es sein. Bitte.«
Nicht nur daß das Lügengewebe, dessen er sich bediente, um seinem Deighton-Charakter Substanz zu verleihen, ihm sehr viel bedeutete, seine Bindung an dieses Deighton-Selbst war ein zu leichter Anker in einem Meer des Wahnsinns, das langsam doch unaufhaltsam immer tückischer wurde. Einst hatte dieser Wahnsinn unkontrolliert getobt, ein mörderischer Sturm. Doch nun war das Meer lange Zeit ruhig gewesen.
»Eine täuschende Ruhe, wie stets.«
Ganz gleich, wie lange solche Ruhepausen dauerten, es war immer die Ruhe im Auge des Sturms. Er befand sich seit Jahrhunderten in diesem Auge, doch wußte er um die Unwirklichkeit dieser Stille.
»Nur eine Illusion.«
Da war niemand in dem abgedunkelten Zimmer des kleinen Hauses in der Faculty Row, der ihn hören konnte; Deighton sprach, wie es in letzter Zeit immer häufiger vorkam, zu sich selbst. Die Folgen des zu häufigen Gebrauchs der Macht.
»Die Folgen des zu häufigen Gebrauchs der Macht.«
Natürlich ist es kein Anzeichen für Verrücktheit, wenn jemand Selbstgespräche führt, doch ausgerechnet ein Magier sollte diese Angewohnheit nicht entwickeln,
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