Hüttengaudi
keine von beiden lebendig.«
»Nein, aber wissen Sie, Caro, sie musste es tun.«
»Doppelmord? Das gibt lebenslänglich, oder?«, fragte Brischitt leise.
»Ja, aber sie ist sehr krank. Sie hat Darmkrebs.«
Brischitts hellblaue Augen waren geweitet. »Darmkrebs?«
»Ja, im Endstadium.«
»Wie Mama.« Das klang schlicht, sehr ruhig und voller Mitgefühl.
»Brischitt, Sie können mich gerne rausschmeißen oder sagen, mein Vorschlag ist Irrsinn, aber ich versuch es. Bitte nicht böse sein.«
Brischitt hatte die Stirn gerunzelt.
»Die Frau hatte einen Kater, ihr ein und alles. Der ist nun allein. Ich weiß nicht, wo er hinkönnte. Ich dachte … ich dachte, ihr habt doch Platz. Und wo Sie doch nun hier bleiben und …«
Brischitt suchte Irmis Augen. »Sie wollen, dass ich den Kater der Mörderin meines Vaters aufnehme?«
»Es war eine Idee, das Tier kann ja nichts dafür.«
Es war mucksmäuschenstill. Brischitt stand auf und ging zum Fenster. Sie sah hinaus. Lange.
»Nein, das Tier kann nichts dafür«, sagte sie schließlich. »Wo ist er denn jetzt? Im Tierheim?«
»Äh … nein, in meinem Auto.«
Caro stieß versehentlich ihr Weinglas um und flutete den Tisch. Brischitt meinte lächelnd: »Meine Tante ist der größte Trampel auf Gottes Erdboden. Noch schlimmer als ich. Holen Sie ihn schon rein.«
Als Irmi die Box auf den Boden gestellt und den Deckel geöffnet hatte, sprang der Kater mit einem eleganten Satz heraus. Dann verharrte er. Hier kannte er sich nicht aus. Er blieb mitten im Raum statuengleich sitzen. Als wüsste er, dass dies ein Bewerbungsgespräch war, durchschritt er nachdenklich den Raum. Dann ging er zu Brischitt und strich um ihre Beine.
»Er heißt James«, sagte Irmi. Ihre Stimme zitterte etwas.
»Aha«, sagte Brischitt, ging zum Kühlschrank und zauberte ein Wienerle heraus. Dann setzte sie sich auf die Bank und schnitt die Wurst in kleine Stückchen. James war neben sie gesprungen und blickte sie an. Sie reichte ihm ein Stück, das er sehr höflich nahm. Ihre Blicke trafen sich und versenkten sich ineinander.
Brischitts Augen schwammen in Tränen. »Wir haben ja beide jemanden verloren, nicht wahr, James? Da müssen wir zusammenhalten.«
Als Irmi schließlich ging, saß Brischitt auf der Bank, der Kater hatte seinen Kopf an sie gelehnt und schlief. Irmi schlich hinaus und winkte Brischitt zu.
Caro ging mit hinaus. »Na, Sie sind vielleicht eine Marke! Ich dachte, mich trifft der Schlag, als Sie Ihre Idee präsentiert haben. Ich fand sie so was von vermessen. Aber die Idee war gut.« Sie gab Irmi die Hand. »Danke, danke für alles! Besuchen Sie mich mal in Kanada. Oder haben Polizisten nie Urlaub?«
»Selten, aber vielleicht kann ich das Angebot mal annehmen. Auf Wiedersehen!«
Irmi schickte einen kurzen Brief in die U-Haft:
James hat einen guten Platz. Einen sehr guten sogar. Eine Lebensstellung, die zwei Leben bereichert.
Sie stand vor dem Spiegel. So schmal war sie schon lange nicht mehr gewesen. Und schön. Sie hatte abgenommen, schätzungsweise zehn Kilo. Ohne Schrothkur und Pillen. Ohne Bauchfett-weg-Rubbler. Nur durch das Leben.
Danksagung
Viele haben einen Anteil an dieser Geschichte: Sepp, der einen klaren und für manche auch unbequemen Blick hat auf die sogenannte Bauwagenkultur und der durch seine Tochter (leider) involviert ist. Natürlich danke ich dem Hüttenwirt auf dem Hausberg samt Familie für Geschichten rund um seine Hütte. Ich danke meiner Freundin Daggi Moder einmal mehr für Einblicke in die Tiermedizin. Danke auch an Stefan und seine Pferde im Bayerwald und an Lutz für viele gute Ideen. Danke an Paula und Silvana in Lienz und Petra und Catharina vom Kranzbach. Danke an die großartige Martina hoch oben auf dem Laber. Danke vor allem aber an Prof. Dr. med. Matthias Graw vom Institut für Rechtsmedizin der LMU, der sich nicht zu schade ist, seltsame Anfragen von Krimiautorinnen zu beantworten!
Weitere Kostenlose Bücher