Huff, Tanya
nichts mehr wert. Er hat sie so verletzt, sie
kann noch nicht einmal wütend werden!"
„Also tust du das
für sie."
„Warum auch
nicht?"
Er
zuckte die Achseln. „Ja, warum eigentlich nicht." Mike war intim mit Vickis Wutanfällen vertraut und meinte, hier
mehr zu spüren als nur den Zorn
darüber, daß einer anderen Frau Unrecht geschehen war. Von solchem Unrecht hatte sie in ihren Jahren bei der
Polizei wahrlich genug zu Gesicht bekommen und hatte doch nie - nun:
selten - mit einer sol chen Intensität
reagiert. „Ist deine Mutter je wütend geworden über den Weggang deines Vaters?"
Vicki blieb stehen und starrte ihn an. „Wieso zum Teufel
bringst du das denn jetzt an?"
„Dein Vater hat
deine Mutter verlassen — und dich."
„Mein Vater war immerhin noch so anständig, nicht zu
verbergen, was er tat."
„Deine Mutter mußte dann für euch beide den
Lebensunterhalt ver dienen. Sie hatte wahrscheinlich nie die Zeit, wütend zu
werden."
Vickis Augen verengten sich, und sie starrte Celluci quer
durch die ge samte Wohnung an. „Was faselst du da?"
Mike erkannte alle Warnsignale, mochte aber
die Gelegenheit nicht verstreichen lassen. Seit einiger Zeit lief
alles auf solch einen Augenblick hinaus! Die Wut, die
Vicki stellvertretend für Mrs. Simmons empfand, hatte die Freundin emotional so
verletzlich werden lassen, daß sich ihm eine vergleichbare Chance
vielleicht nie wieder bieten würde! Was kann es
schaden - wenn es hart auf hart kommt: Ich bin bewaffnet. „Ich
rede, ob es
dir nun gefällt oder nicht, über uns beide."
„Du redest
Schwachsinn!"
„Ich rede von deinen Bindungsängsten, die so groß sind,
daß du kaum zugeben magst, daß wir mehr sind als einfach
nur gute Freunde. Ich ver stehe, wo das herkommt. Ich
verstehe, daß die Art, wie dein Vater euch verließ und alles, was danach mit
deiner Mutter geschah, dir das Gefühl gibt, du müßtest jeder
Beziehung einen ganz engen Rahmen verpassen ..."
Vicki schnaubte empört. „Haben sie dich mal wieder zum
Sensibilisie rungstraining geschickt?"
Zur eigenen Beruhigung holte Celluci tief Luft und
beschloß, ihre Bemerkung zu übergehen. „Aber das geschah vor mehr als 20
Jahren! Vick i: Es muß mal aufhören."
Sie verzog den
Mund: „Weil sonst...?"
„Sonst gar nichts. Verdammt noch mal,
ich drohe dir doch nicht!"
„Es geht um
Henry, nicht? Du bist wirklich und wahrhaftig eifersüchtig."
Wie sollte er sie dazu zwingen, Farbe zu bekennen, wenn
er selbst es nicht konnte? „Du hast verdammt Recht: Ich bin eifersüchtig auf
Henry! Ich
will so viel von dir mit niemandem teilen, und schon gar nicht mit jemandem, der, der ..." Mike Celluci
verfügte nicht über die Worte, mit denen
er hätte beschreiben können, was er Henry Fitzroy gegenüber empfand, und selbst wenn er sie gehabt hätte: Das
ging Vicki nichts an. Mit einer Handbewegung schnitt er den Gedankengang
ab. „Wir reden hier nicht über Henry, sondern über uns!"
„Was uns betrifft, so gibt es keine Probleme!"
Vicki sah überall hin, nur nicht den Mann an, der ihr
gegenüberstand. „Warum kann nicht alles so bleiben, wie es
war?"
„Weil wir nicht
weiterkommen!"
Celluci spuckte die Worte einzeln in Stakkato aus, und Vicki
zuckte jedesmal zusammen.
„Ich habe es satt,
dein guter Kumpel zu sein. Du mußt begreifen, daß ich ..."
„Halt die Klappe!" Vicki hatte die
Hände zu Fäusten geballt.
„Nein, das werde ich nicht tun!" Langsam schüttelte
Mike den Kopf. „Du hörst mir jetzt endlich mal zu."
„Das ist meine Wohnung. Ich muß mir
hier gar nichts anhören!"
„Mußt
du doch!" Mike durchquerte das Zimmer und stand Vicki nun direkt gegenüber. Er wippte auf den Ballen auf und
ab und hielt die Hän de an die
Seiten gedrückt, sorgsam auf Abstand bedacht. Zu gerne hätte er Vicki gepackt
und geschüttelt! Da er ihre Reaktion jedoch abschätzen konnte - ohne Gewalt
würde es dann nicht abgehen -, riß er sich zusam men. Eine Runde „Zeig mir, wer hier der Macker ist!" wäre
in dieser Situa tion wahrlich nicht
konstruktiv gewesen. „Ich sage das jetzt nicht zum letztenmal, Vicki, du solltest dich lieber daran
gewöhnen: Ich liebe dich. Ich
wünsche mir eine Zukunft mit dir. Warum fällt es dir so schwer, das zu akzeptieren?"
„ Warum kannst du mich, uns, nicht einfach
akzeptieren, wie ich bin? Wie wir sind?" Die Worte drangen
zwischen zusammengepreßten Lippen hervor.
Celluci schob die Haarlocke aus seiner Stirn und
versuchte vergeblich, ruhiger zu atmen. „Ich
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