Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
gutem Beispiel voran, daß er sich weislich entschloß, seine Theorie der Erde anzupassen, da sie sich ihr nicht anpassen wollte. Nun hat man sich mit Anstand so aus der Affaire gezogen, daß man die Umdrehung der Erde von der ersten Veranlassung unabhängig erklärt hat, und seit dieser merkwürdigen Aera läßt man die Erde ihren eignen Gang gehen, wie es ihr am bequemsten ist.
Zweites Kapitel.
Cosmogonie oder Erschaffung der Welt; nebst einer Menge vortrefflicher Theorieen, wornach diese Schöpfung keine so schwere Sache war, wie man gewöhnlich glaubt.
Nachdem ich meine Leser mit der Welt bekannt gemacht, werden sie ohne Zweifel wissen wollen, woher sie kam und wie sie geschaffen wurde. Die Aufklärung dieses Punkts gehört auch ganz in unsere Geschichte, da es mehr als wahrscheinlich ist, daß, wenn die Erde nicht erschaffen worden wäre, auch die berühmte Insel, worauf die Stadt New-York liegt, nicht existirte.
Von der Erschaffung der Welt haben wir tausend widersprechende Berichte, und obgleich in der göttlichen Offenbarung eine ganz genügende Auskunft darüber gegeben wird, so glaubt doch jeder Philosoph es seiner Ehre schuldig zu seyn, uns eine bessere zu ertheilen. Ich will als unpartheiischer Geschichtschreiber diese erbaulichen und belehrenden Theorieen hersetzen.
Einige alte Weltweise glaubten, die Erde und das ganze Universum sey die Gottheit selbst; so Zenophanes und alle Eleatiker, auch Strabo und die peripatetische Schule. Pythagoras schuf das berühmte Zahlensystem der Monaden, Dyaden, Triaden und durch seine heilige Vierzahl erläuterte er die Bildung der Welt, die Geheimnisse der Natur und die Grundsätze der Musik und Moral. Andre Weise hingen an dem System der mathematischen Körper. Wieder andre bildeten die große Theorie der vier Elemente, nebst einem fünften: einem unsichtbaren, belebenden Prinzip.
Nicht zu übergehen ist das große atomistische System des Moschus, noch vor der Belagerung von Troja, welches Demokrit lachlustigen Andenkens auffrischte, Epikur, der König aller Lebemänner, verbesserte, und der phantasiereiche Descartes modernisirte. Ich lasse unerörtert, ob mit diesen Ansichten der Glaube an eine Weltseele verbunden wird, wie der große Plato sie lehrte, dieser ruhige Weltweise, welcher das kalte Wasser seiner Philosophie über die Gemeinschaft der Geschlechter ausgoß und die Lehre von der platonischen Liebe schuf – ein höchst veredelter Umgang, der sich aber besser für die idealen Bewohner seiner erträumten Insel Atlantis, als für das derbe Geschlecht eignet, das, aus rebellischem Fleisch und Blut zusammengesetzt, die von uns gemeinte Insel bewohnt.
Außer diesen Systemen haben wir noch die Theogonie des alten Hesiod, der das Universum im regelmäßigen Gang der Schöpfung entstehen läßt, und die plausible Ansicht Anderer, nach welchen die Erde aus dem großen Ei der Nacht hervorbrach, welches in dem Chaos schwamm und von den Hörnern des himmlischen Ochsen aufgestoßen wurde. Burnet hat in seiner Theorie der Erde dieses Welt-Ei genau beschrieben und es einem Gänse-Ei wunderbar ähnlich befunden.
Weniger bekannt ist die Lehre andrer Philosophen, der Brahminen, in den Blättern ihrer geoffenbarten Schastah, daß der Engel Bistnu, der sich in einen großen Eber verwandelt, in die Tiefe der Gewässer tauchte und die Erde auf seinen Hauern in die Höhe brachte. Von ihm ging dann eine mächtige Schildkröte und eine mächtige Schlange aus, und Bistnu setzte die Schlange grade auf den Rücken der Schildkröte, und auf den Kopf der Schlange die Erde.
Die Neger-Philosophen von Congo versichern, daß die Welt aus den Händen von Engeln hervorgegangen sey; aber ihr eignes Land habe das höchste Wesen selber geschaffen, damit es ganz vorzüglich werde. Große Mühe gab sich Gott mit den Bewohnern und machte sie sehr schwarz und schön, und wie er mit dem ersten Menschen fertig war, gefiel er ihm sehr, und er strich ihm über das Gesicht, woher denn seine Nase und die aller seiner Nachkommen eine platte Gestalt erhielt.
Die Mohawk-Philosophen erzählen uns, daß ein schwangeres Weib vom Himmel gefallen sey, und eine Schildkröte es auf ihren Rücken genommen habe, weil alles mit Wasser bedeckt gewesen, und daß das Weib auf der Schildkröte sitzend mit den Händen im Wasser geplätschert und die Erde heraufgezogen habe, woher es zuletzt kam, daß die Erde höher als das Wasser wurde.
Doch genug von diesen alten und ausländischen Philosophen, deren
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