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Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Titel: Humoristische Geschichte von New-York (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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scharfsinnigen Kieft weit hinter sich ließen. Dennoch konnte man sich über kein einziges entscheiden. Baute die eine Parthei eine stattliche Reihe Luftschlösser hin, so wurden sie von der anderen sogleich wieder zerstört. Der einfältige Pöbel stand in ängstlicher Erwartung des großen Eies, das nach diesem vielen Gakeln zum Vorschein kommen solle, aber sie sahen umsonst danach, denn es schien, als ob der große Rath entschlossen sey, die Provinz zu schützen, wie der edle Riese Pantagruel seine Armee – indem er sie mit seiner Zunge bedeckte.
    Zwar gab es auch eine Anzahl von ehrenwerthen Mitgliedern, fette, reiche, selbstbewußte alte Bürger, die ihre Pfeifen rauchten und gar nichts sagten, außer daß sie jeden Plan, der in Vorschlag kam, verwarfen. Sie glichen mit ihrer Ruhe nach aufgehäuften Reichthümern der phlegmatischen Auster, die eine Perle ausgestoßen hat und damit die Schale schließt, sich im Schlamm wohnlich macht, und eher dem Leben als ihrem Schatz Valet sagt. Jeder Plan schien diesen würdigen alten Herren verderbenbringend zu seyn. Eine bewaffnete Armee nannten sie ein Heuschreckenheer, welches den Staatsschatz auffresse – eine Kriegsrüstung zur See war das Geld ins Meer geworfen, – Festungen bauen, hieß bei ihnen, das Geld in den Koth begraben. Kurz sie hatten die Maxime, wenn nur die Taschen voll seyen, wie arg sie auch dabei geprügelt würden. Ein Tritt läßt keine Narbe zurück – Löcher im Kopf heilen schon von selbst – aber ein schwindsüchtiger Geldbeutel ist von allen Patienten der schlimmste, da die Natur nichts für ihn gethan hat.
    Auf diese Art verschwendete die Versammlung von Weisen die Zeit, wo schleunige Vereinigung dringendes Erforderniß war, über welchen Umstand sie allerdings sehr einig waren. Endlich hatte der heilige Nicolaus Erbarmen mit ihrer Noth, und bekümmert, daß sie nicht in Anarchie verfielen, fügte er es so, daß mitten in einer ihrer stürmischsten Debatten über Befestigungs-und Vertheidigungs-Anstalten, während sie sich fast schon bei den Köpfen kriegten, weil sie einander nicht überzeugen konnten, die Frage durch einen Boten abgeschnitten wurde, der mit der Nachricht ins Zimmer stürzte, daß die feindliche Flotte angekommen sey und sich der Bai nähere!
    Nun waren sie der Nothwendigkeit, sich zu befestigen und mit einander zu streiten, gänzlich enthoben, und dem großen Rath wurden eine Menge Worte, der Provinz eine Menge Kosten gespart – ein sehr glorreicher, ein unbedingter Triumph, den die Oekonomie davontrug!

Sechstes Kapitel.
    Worin die Verwirrungen von Neu-Amsterdam immer dicker werden, und die Kühnheit eines Volkes gezeigt wird, das sich in Zeiten der Gefahr durch Entschlossenheit zu vertheidigen weiß.
    Wie eine Versammlung von musikalischen Katzen, die sich unter den schönsten Klagetönen und Maunzereien mit fürchterlichen Grimassen ansehen, einander ins Gesicht speien, jeden Augenblick bereit sind, in ein allgemeines Geohrfeige und Katzbalgen überzugehen, aber plötzlich bei der Erscheinung eines Haushundes in Verwirrung gerathen und die Flucht ergreifen: so auch war der gleich wohllautvolle Rath von Neu-Amsterdam erstaunt, entsetzt und auseinandergejagt, als er die plötzliche Nachricht von der Ankunft des Feindes erhielt. Jedes Mitglied eilte sich, nach Hause zu kommen und wackelte so gut, als die kurzen Beine unter der schweren Last arbeiten konnten, schnaufend vor Anstrengung und Schrecken. Als er in seinem Schlößchen angekommen war, verrammelte er die Hausthür, versenkte sich in den Aepfelweinkeller, und wagte nicht herauszusehen, aus Furcht, sein Kopf möge von einer Kanonenkugel weggerissen werden.
    Das souveraine Volk versammelte sich auf dem Marktplatz, aneinandergedrängt wie eine Heerde Schaafe, wo immer eins hinter dem Rücken des Andern Schutz sucht, wenn Schäfer und Hund abwesend sind und der Wolf um die Hürde streicht. Aber weit entfernt sich Muth zu machen, sahen sie zum Erbarmen aus. Jeder blickte kläglich seinen Nachbar an, um in seinem Gesicht den Muth zu suchen, fand aber in den dort gezeichneten jammervollen Linien nur die Bestätigung des eigenen Elendes. Kein Wort wurde jetzt davon gehört, daß Großbritanien erobert werden solle – und die alten Weiber vermehrten die Melancholie der Scene durch jammerndes Heulen über ihr Loos und durch Stoßseufzer an den heiligen Nicolaus und Peter Stuyvesant.
    O wie beklagten sie die Abwesenheit des löwenherzigen Peters und wie schmachteten sie

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