Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
würden.
Peter Stuyvesant las diese freundliche Epistel mit einem so lustigen Gesicht, wie ein verdrießlicher Gutsbesitzer, der sich lange auf seines Nachbars Grund und Boden fett gemacht hat, den liebevollen Brief John Stiles, der ihn vor dem Hinauswerfen warnt. Aber der alte Gouverneur ließ sich nicht so leicht aus der Fassung bringen, sondern steckte die Aufforderung in die Hosentasche, stieg dreimal im Zimmer auf und ab, nahm mit großer Heftigkeit eine Prise, schnippte gewaltig mit der Hand und versprach am nächsten Morgen die Antwort zu schicken. Mittlerweile berief er einen großen Kriegsrath aus seinen geheimen Räthen und Burgermeistern, nicht um sich ihren Rath zu erbitten, denn diesen hielt er, wie schon gesagt, keinen Pfeifenstiel werth, sondern um ihm seinen souverainen Willen kund zu thun und seine schleunige Erfüllung zu fordern.
Ehe er jedoch seinen Rath zusammen rief, beschloß er drei Punkte: erstens die Stadt nicht zu übergeben, ohne ein bischen gefochten zu haben; zweitens, daß die Mehrzahl seines Rathes aus Polterern ohne allen Halt bestehe; und drittens, daß er ihnen die Aufforderung des Obersten Nichols nicht zeigen wolle, damit die guten Bedingungen sie nicht sofort zur Uebergabe verleiten möchten.
Nachdem seine Befehle gehörig verkündet worden, war es ein jammervoller Anblick, die noch jüngst so tapfern Burgermeister zu sehen, die in ihren Reden das ganze brittische Reich zertrümmert hatten, wie sie ängstlich aus ihren Schlupfwinkeln guckten, dann vorsichtig herauskamen, sich durch enge Gäßchen und Alleen drückten, vor dem Klaffen jedes Hündchens zurückprallten, als wäre es eine Artilleriesalve, Laternenpfähle für englische Grenadiere hielten und in dem Uebermaß des Schreckens in den Pumpen furchtbare Soldaten sahen, welche kurze Büchsen auf sie anlegten. Als sie jedoch, allen Gefahren und Schwierigkeiten zum Trotz, ohne den Verlust eines einzigen Mannes und mit heiler Haut in dem Rathssaal angekommen waren, nahmen sie ihre Sitze ein und erwarteten in bänglicher Stille die Ankunft des Gouverneurs. In wenigen Augenblicken hörte man das hölzerne Bein des unerschrockenen Peter in seinen regelmäßigen stolzen Stößen auf der Treppe. Die Thür flog auf und er erschien in voller Uniform, seinen betrauten Toledo, nicht an der Seite hängen, sondern über den Arm gelegt. Da der Gouverneur sich nie auf diese Weise zeigte, außer wenn sich etwas kriegerisches in seinem Hirn bewegte, so sahen ihn die Räthe mit Zagen an, als ob in seinen eisernen Zügen Feuer und Schwerd geschrieben stehe, und vergassen in athemloser Erwartung ihre Pfeifen anzuzünden.
Der große Peter war eben so beredt als tapfer. Beide seltene Eigenschaften schienen in seiner Natur unzertrennlich verbunden; und den meisten großen Staatsmännern unähnlich, deren Siege sich auf das unblutige Feld der Argumente beschränken, war er stets gerüstet, seine kühnen Worte durch eben so kühne Thaten wahr zu machen. Seine Reden zeichneten sich durch eine Einfachheit, die an Derbheit gränzte und durch sehr kathegorische Bestimmtheit aus. Er redete jetzt den Rath an und berührte kurz die Gefahren und Widerwärtigkeiten, welche er erduldet, indem er seinen lästigen Feinden entronnen sey. Dann machte er dem Rath Vorwürfe über seine eitlen Debatten und Entzweiungen, wo sie sich hätten zur Rettung des Landes vereinigen sollen. Besonders unwillig äußerte er sich über die, welche ihre Stellung dadurch entehrt hätten, daß sie elende Infectiven gegen einen edlen und mächtigen Feind erhoben hätten; jene feigen Hunde, die beständig gegen den Löwen knurrten und belferten, wenn er schlafe oder entfernt sey, aber am ersten das Hasenpanier ergriffen, wenn er in die Nähe komme. Nun rief er auch diejenigen, die so tapfer in ihren Drohungen gegen Großbrittanien gewesen waren, auf, hervorzutreten und Rühmen durch Thaten zu bekräftigen – denn nicht Worte, sondern Thaten machten eine Nation. Er rief ihnen die goldenen Tage des Glücks ins Gedächtnis, die nur durch kräftigen Widerstand gegen ihre Feinde gewonnen worden seyen, denn der Friede, den die Waffengewalt zuwege bringe, sey immer sicherer und dauernder als die von zeitlichen Concessionen zusammengeflickten Zustände. Er suchte dann ihren kriegerischen Muth zu befeuern, indem er sie an die Siege in der Provinz Neu-Schweden erinnerte. Auch suchte er ihnen Vertrauen einzuflößen, indem er sie des Schutzes des heiligen Nicolaus versicherte, der sie
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