Hundekuchen zum Frühstück: Roman (German Edition)
mit den Meyers in der Notaufnahme auf und ab und betete um ein Wunder.
Hannah erholte sich, aber von Kerrie ließ sich das nicht behaupten. Im Nachhinein gab es keine Möglichkeit mehr, irgendwelche Giftstoffe im Essen zu entdecken, aber Kerrie konnte an nichts anderes mehr denken. Sie verbrachte endlose Stunden damit, alles noch einmal durchzugehen. Waren die Zutaten etwa verdorben? War in der Küche etwas schiefgelaufen? War der Service schuld? Lag es am Geschirrspüler oder war der Fehler auf der Farm zu suchen, die unsere Produkte anbaute?
Die Meyers machten weder Kerrie noch dem Glimmerglass jemals einen Vorwurf. Ihrer Meinung nach gab es eine ganz einfache Erklärung dafür wie zum Beispiel eine allergische Reaktion. Als sie ihre Tochter testen ließen, stellte sich heraus, dass Hannah tatsächlich eine Allergie gegen Pinienkerne hatte, von der bisher niemand etwas wusste. Trotzdem wurde Kerrie den Verdacht nicht los, die Gefahr sei aus ihrer Küche gekommen.
Wir wechselten unsere Lieferanten und überprüften die gesamte Kücheneinrichtung aufs Sorgfältigste. Aber Kerrie reichte das trotzdem nicht. Der Gedanke, dass Hannah in dieser Nacht hätte sterben können, verfolgte sie. Sie wurde leicht nervös und hielt immer wieder Gerichte in letzter Sekunde zurück, um sie noch einmal zu erhitzen. Sie ließ laufend Küchengeräte fallen, sodass wir zusätzliche Löffel und Spachteln kaufen mussten, um einen Abend zu überstehen.
Schließlich zog Kerrie sich ganz aus der Küche zurück. Sie hängte die Schürze an den Nagel und kochte von diesem Tag an nur noch für ihre eigene Familie. Ich musste mich abstrampeln, um Guy zu finden, und als es mir gelang, bedeutete das ein großes Glück für uns. Das Glimmerglass erholte sich nach und nach, und wir hatten gut zu tun. Bis– nun ja, bis zu meinem unseligen Auftritt mit den Hunden. Trotzdem ließ Kerrie sich nicht zu einer Rückkehr an den Herd bewegen. Selbst heute,Jahre später, vermeidet sie es noch immer, über das zu sprechen, was damals passiert ist. Jeder wusste, dass es nicht ihr Fehler– dass es niemandes Fehler war, aber als ich ihr das sagte, hörte sie nicht einmal hin. Sie sah nur die Gesichter ihrer Freunde vor sich, wie sie damals in der Klinik auf gute Nachrichten gewartet hatten.
Max reckte und streckte sich und unterbrach damit meine Gedanken. » Wartest du hier, bis ich mir einen Kaffee geholt habe?«, fragte er, während er die Leine an der Bank neben dem Eingang festknotete. Gleich darauf verschwand er– und ich zählte die Sekunden. Je mehr Zeit bis zu seiner Rückkehr verging, desto länger war die Schlange an der Espressotheke. Ich war gerade bei zehn Minuten angelangt, als er mit einem dampfenden Becher in der Hand aus der Tür kam. Das war sehr gut. Vielleicht wirkte das Shirt ja wirklich.
Max setzte sich auf die Bank. Ich saß auf dem Pflaster und versuchte, nicht daran zu denken, womit mein Hinterteil gerade in Berührung kam. Womöglich saß ich auf einem alten Kaugummi. Oder auf einer Pipimarke. Ziemlich unfair, dass ich mich nicht auf einen anständigen Stuhl setzen durfte. Ich schnupperte herum, aber es waren so unendlich viele Gerüche in der Luft, dass ich nicht mit Sicherheit sagen konnte, welcher zum Boden oder zu den Beinen der Bank gehörte.
Eine Sache jedenfalls lernte ich in diesen Stunden, und zwar gründlich. In dieser Welt hatten Hunde überhaupt nichts zu sagen. Sie durften nicht hingehen, wohin sie wollten, durften nicht sitzen, wo sie wollten, konnten nicht essen, was sie wollten. Ja, sie konnten nicht einmal ihre Meinung sagen!
In der Hierarchie der Natur waren Hunde eindeutig die niedrigsten Kreaturen. Obwohl die Wuffstock-Besucher ihre Hunde liebten, durften sie keine eigenen Entscheidungen treffen. Sie wurden wie kleine Kinder behandelt und nicht auf das wahre Leben vorbereitet. Früher wäre mir nie in den Sinn gekommen, die Hunde wegen ihres Schicksals zu bedauern. Meiner Meinung nach sahen sie immer so glücklich aus, da musste ihr Leben doch perfekt sein. Heute bin ich klüger und weiß, dass das nicht so ist. Hunde sind eben Profis und machen einfach das Beste daraus.
Ich besah mir die Vielzahl der Hunde auf dem Platz und wunderte mich, wie viele glückliche Gesichter und freudig wedelnde Schwänze ich sah. Ihr Leben war zwar nicht perfekt, aber trotzdem trugen sie es ihren Besitzern nicht nach. Ganz gleich, wie lange sie allein zu Hause oder im Auto warten mussten– sie verziehen und vergaben sofort
Weitere Kostenlose Bücher