Hundekuchen zum Fruehstueck
innehalten.
Der Lärm – schrecklicher als alles, was ich bisher gehört hatte – kam direkt aus dem Mikrophon. Mir standen die Haare zu Berge. Ich konnte weder sehen noch denken. Ich dachte, die Welt ging unter.
Mein Maul sprang auf, und ich ließ das Kabel fallen. Als würden mich sämtliche Dämonen der Hölle verfolgen, flüchtete ich von der Bühne und verkroch mich unter dem Kuchentisch. Ich zitterte. Und ich pinkelte vor lauter Schreck.
Zum Glück verstummte das Quietschen. Während ich hechelnd auf dem Boden lag, kehrte mein Denkvermögen langsam zurück. Eine Rückkoppelung, dämmerte es mir. Eine Rückkoppelung war die Ursache. Das Kabel war schuld. Alles war in Ordnung. Mir ging es gut. Ich würde nicht sterben.
Trotzdem war ich völlig durcheinander und fühlte mich wie betrunken. Als ich irgendwann wieder sehen konnte, wurde ich mutiger und streckte vorsichtig den Kopf durch einen Spalt in der Tischdecke hervor.
Im Zelt war der Teufel los. Völlig übergeschnappt tobten die Hunde durch das Zelt und rannten Stühle und Menschen und sogar die geschmückte Liebeslaube über den Haufen. Die eine Hälfte bellte, und die andere schrie. Einige versuchten, sich den Weg ins Freie zu graben, und drückten verbissen gegen Planen, bis sich die Zeltpfähle gefährlich neigten.
Am hinteren Ende kämpfte eine Bulldogge mit einem Border Collie, Herrchen und Frauchen rannten durch das Getümmel, die Leinen verhedderten sich, und Menschen stürzten und wurden gnadenlos zwischen die aufgehäuften Stühle gezerrt.
Einige Hunde rannten in Gruppen von einem Ende des Zelts zum anderen und suchten – wie ich – nach einem Fluchtweg. Es dauerte nur Sekunden, bis sich fünf Hunde gleichzeitig zu mir unter den Tisch retteten. Einer von ihnen war der Bräutigam. Er verhedderte sich in der Tischdecke und trat mit seinen riesigen Pfoten gegen das Tuch, gegen die Röcke der Ladys und letztlich auch gegen seine unglückliche Braut, die sich zwischen meine Beine geflüchtet hatte.
Das Zwergspitzhündchen begann zu jaulen. Die Dogge trat gegen alles, was sich bewegte. Drei weitere Doggen drängten sich zu uns unter den Tisch. Irgendjemand knurrte. Ich zeigte die Zähne.
Um mich herum bewegte sich ein Fellknäuel in einer Geschwindigkeit, dass ich einen Hund nicht mehr von dem anderen unterscheiden konnte. Der Bräutigam sprang auf und knallte mit seinem massiven Schädel gegen die Unterseite des Tischs. Um mich herum jaulte, schnappte und knurrte es. Zwei Hunde sprangen gleichzeitig auf, und jeder stürzte sich auf den anderen. Der Tisch hob sich, wankte gefährlich, aber dann knallte er wieder auf den Boden. In diesem Moment biss irgendjemand die Deutsche Dogge in den Schwanz.
Als ihr Schädel gegen die Tischplatte krachte, flog eine Ecke des Tischtuchs in die Höhe, und eine menschliche Hand erschien. Sie packte mein Halsband, umfasste meinen Brustkorb und zog mich unter dem Tisch hervor wie ein Feuerwehrmann, der ein Kind aus einem brennenden Haus zieht. Ich schnappte nach Luft, und meine Ohren schmerzten vom Lärm.
Hinter mir stürzte der Tisch um und landete mit einem großen Knall auf dem Boden, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Alle, Menschen und Hunde, verstummten und warteten, was jetzt geschah. Im nächsten Moment schrillte das Geheul einer Frau durch das Zelt.
» Neiiiiiiin! Ihr dummen, dummen Hunde! Ihr habt ihn ruiniert … Ihr habt ihn ruiniert!«
Ohne zu wissen, was genau sie ruiniert hatten, rannten die Hunde unter dem Tisch hervor. Bis auf die Deutsche Dogge, die sich erneut im Stoff des langen Tischtuchs verheddert hatte. Ich hockte zitternd neben Zoë und versuchte zu Atem zu kommen. Als ich allmählich wieder sehen konnte – zum Beispiel Max, der Leinen aufsammelte und zappelnde Hunde zum Zelteingang brachte, die Lady mit den Ohrringen, die wie ein Insekt auf dem Rücken zappelte, und den Hochzeitskuchen, der auf ihrem Bauch lag –, schloss ich lieber die Augen und lehnte mich an Zoë. Und sie hielt mich mit ihren starken Armen fest. Mit ihren Armen, die so stark waren wie Stahl.
Mein Plan war misslungen. Ich hatte es nicht geschafft, uns zu verwandeln oder uns wenigstens einen Stromschlag zu versetzen. Dafür hatte ich eine große Wuffstock-Tradition zerstört.
Trotzdem empfand ich in der Geborgenheit von Zoës Armen ein Gefühl der Dankbarkeit, fast so, als hätte ich meinen Frieden gefunden. Zoë hatte mich gerettet. Selbstlos hatte sie sich ins Chaos gestürzt und mich ins Freie
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