Hundekuchen zum Fruehstueck
begann zu essen. Eine Wolke von Feindseligkeit schien über dem Tisch zu schweben. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag – und nicht nur, weil sie nicht daran dachten, mir einen Hot Dog zu schenken. Ich hätte diese Leute eigentlich beneiden müssen: Sie waren eine Familie, wie ich sie mir immer erträumt hatte. Doch ich empfand nur Mitleid. Sie saßen nahe zusammen um einen Tisch, und doch gaben sie sich nicht die geringste Mühe, nett und freundlich zueinander zu sein. Leisls Mutter verletzte ihre Tochter, und die machte dasselbe mit Anya. Anya jammerte, was Leisl auf die Nerven ging, sodass sie wiederum ihre Mutter anfauchte. Es war ein Teufelskreis, dem keiner entkam.
Bin ich froh, dass ich keine Beziehung zu Debra habe. Sich den ganzen Tag nur wehtun – das brauche ich wirklich nicht. Lieber ließ ich alles, wie es war, und verkroch mich auch weiterhin vor ihr. Natürlich hatte ich Fragen und hätte gern mehr über mich erfahren. Nun ja, ich war auch neugierig auf die Frau, die mich zur Welt gebracht hatte. Was sie wohl sagen und wie sie sich verhalten würde? Ob wir uns in manchem ähnlich waren? Doch keine Antwort war es wert, dass ich meine Freiheit einer solchen Kälte opferte, wie sie mir hier entgegenschlug.
Aus heiterem Himmel fegte plötzlich ein Windstoß durch die Gasse, sodass sich das T-Shirt um meinen Körper aufblähte. In Leisls Hof verfing sich der Wind wie in einem Trichter und wirbelte Papier und Staub auf. Anyas blondes Haar flog in die Höhe, als eine Windböe an ihrem Stuhl rüttelte und er sich wie von Geisterhand ein Stück weit vom Boden erhob – als wollte er ins Weltall davonfliegen. Wie der Blitz waren die beiden Frauen auf den Beinen und hielten den Stuhl auf beiden Seiten fest. Und so schnell, wie der Wind gekommen war, erstarb er wieder.
» Du lieber Himmel, wir hätten dich beinahe verloren!« Lachend fuhr Leisl ihrer Tochter über den Kopf. Anya sah zu den beiden Frauen empor. In ihren Augen war die überstandene Angst noch deutlich zu lesen. Sie war den Tränen nahe, aber dann folgte die Kleine dem Beispiel ihrer Mutter und begann zu lachen. Kurze Zeit darauf lachten sie alle drei, und ihre Schultern zuckten in genau demselben Rhythmus.
Mütter und Töchter. Kerrie bezeichnete die Beziehung zwischen Mutter und Tochter als das » letzte Geheimnis«. Ich war immer neidisch, wenn sie das sagte. Als ob ich außerhalb des Lichtkreises stünde, der die anderen einschloss.
Wieder fegte ein Windstoß durch die Gasse und kitzelte mein Ohr. Ganz plötzlich wollte ich mich jetzt auf dieses Geheimnis einlassen, selbst wenn es mir Schmerzen bereitete. Womöglich bewegten sich meine Gedanken ja auch in festgefahrenen Bahnen. Bevor ich es mir anders überlegte, machte ich kehrt und rannte zum Glimmerglass zurück.
22
Ein Hund auf dem Heimweg
Zoë
Endlich! Da ist mein Haus! Ich zittere vor Aufregung. Dr. Max hält das Auto an und steigt aus. Doch ich bleibe, wo ich bin. » Was ist los?«, fragt er, als er meine Tür öffnet.
Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Ich bin aufgeregt, weil ich nicht weiß, was kommt. Bevor wir hier waren, konnte ich mir leicht einreden, dass Mom und Dad sich freuen würden, wenn sie mich wiedersehen. Schließlich habe ich auch große Sehnsucht nach ihnen. Aber ich kann nicht vergessen, wie Mom Jessica angesehen hat und mit keinem Wort gesagt hat, dass sie sie mitnehmen will. Warum hat sie das gemacht?
Dr. Max streckt die Hand aus, und ich lege meine Hand in seine. Ich fühle, wie seine Stärke über meine Handfläche in meinen Arm kriecht. Er hilft mir aus dem Wagen. Wenn er nicht da wäre, hätte ich nie den Mut aufgebracht, bis zur Haustür zu gehen. Es ist eine Sache, sich diesen Augenblick auszumalen – aber jetzt, wo ich hier bin, ist mir nur noch elend zumute.
Ich stehe vor dem Haus und sehe mich um. Es hat sich viel verändert. Inzwischen gibt es weniger Gras, und jemand hat vorne an der Straße ein Blumenbeet angelegt. Dort gab es noch nie ein Beet. Es gab nur eines hinter dem Haus, wo ich immer Löcher gegraben habe. Ob sie das neue Beet angelegt haben, weil ich nicht mehr da bin?
Dr. Max führt mich zum Haus und bleibt vor der Veranda stehen.
» Okay, fangen wir an. Wir gehen jetzt zur Haustür und klingeln. Wahrscheinlich öffnet dann jemand die Tür. Soll ich das Reden übernehmen? Das wäre wahrscheinlich das beste …«
Ich nicke.
» Und denk daran«, sagt er, » für sie bist du kein Hund. Du bist Jessica. Wir sind hier,
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