Hundekuchen zum Fruehstueck
auf dem Midshipman’s Square befand, nicht weit von zu Hause. Verzweifelt bemühte ich mich, meine Gedanken zu ordnen. Ich erinnerte mich an das Gespräch mit Max am Morgen – hatte er wirklich meine Hand berührt? Ich wusste auch noch, dass ich Guy gekündigt hatte. Dann hatte ich das Café zugesperrt und mit dem seltsamen weißen Hund geredet. Das Letzte, woran ich mich noch genau erinnerte, war die Hundeleine in meiner Hand. Genau. Die Hündin war ja hier bei mir, und sie hieß Zoë. Hatte ich mich wirklich bereit erklärt, sie zu versorgen, bis ihre Familie gefunden war? Offenbar ja. Aber das hatte mit meiner Vergangenheit zu tun – was hatte mich damals nur so sehr verletzt?
Ganz allmählich kehrte mein Sehvermögen zurück, bis ich schließlich die ersten Ahornbäume am Rand des Platzes erkennen konnte. Als auch die Taubheit schwand, hörte ich wieder, wie der Wind um die Hausecken pfiff. Durch zahllose Gerüche war die Luft plötzlich regelrecht stickig. Ich roch aufgeweichte Erde und gleichzeitig nasse Zeitungen, gebratenes Fleisch und … Kaugummi? Meine Nase konnte gar nicht aufhören zu riechen. Ich hob den Kopf und sah mich nach Zoë um. Obwohl ich mehrmals zwinkerte, konnte ich sie nirgends entdecken. Ich sah nur eine menschliche Gestalt, die auf dem Pflaster lag. Eine Gestalt in Khakihose und blauem Regenmantel. Und … Espadrilles?
Ich wollte hinrennen, doch meine Füße gehorchten mir nicht. Sobald ich meine Beine streckte, stolperte ich und fiel vornüber aufs Gesicht. Hatte mir der Blitz vielleicht die Beine gebrochen? War ich gelähmt? Ich blickte nach unten, um zu sehen, woran es lag, aber meine Augen spielten mir erneut einen Streich – ich sah nichts weiter als zwei haarige Pfoten.
Hundepfoten – wo eigentlich meine Beine sein sollten.
Ich bückte mich, um sie zu berühren, doch auch mit meinen Händen stimmte etwas nicht. Ich hatte das Gefühl, als ob sie sich längst auf dem Pflaster befänden … auch mein Gesicht war sehr nahe am Boden. Da stimmte etwas nicht. Da stimmte etwas ganz und gar nicht. Ich tastete auf dem Boden herum und sah, wie sich eine rechte Hundepfote im selben Rhythmus bewegte wie meine Hand.
Wow!
Ich sank zurück und presste die Augen ganz fest zusammen. Ich hörte auf meine Atemzüge und konzentrierte mich ganz fest. Du lebst. Alles ist okay. Das wird wieder anders. Noch während mein Verstand mir diese Worte eingab, spürte ich, dass sich tatsächlich etwas verändert hatte. Die Luft um mich herum war um einige Grad wärmer und erfüllt von Gerüchen – von dichten, fast zähen Gerüchen, als ob ich plötzlich in einem tropischen Land gelandet wäre. Ich riss die Augen auf und war sehr erleichtert, als ich den Platz und die vertrauten Läden erblickte, die um diese Zeit längst geschlossen waren. Ich sah zum Himmel hinauf. Zwischen zwei Wolken spitzte gerade Orion hervor, das Sternbild des Jägers mit seinem hängenden Gürtel. Rechts von mir sah ich die Uhr über dem Juwelierladen und den bronzenen Kopf von Spitz – ich befand mich also nach wie vor mitten in Madrona.
Dann beging ich den Fehler, noch einmal auf die weißen Pfoten hinabzuschauen. Sie waren noch da, und die krummen Zehen zeigten noch immer in Richtung Pflaster. Wie Federn lagen die weißen Haare über den Zehen, als ob man sie alle in dieselbe Richtung gebürstet hätte. Wahrlich ein hübsches Bild – wenn nur die Pfoten nicht genau dort wären, wo eigentlich meine Hände sein müssten!
Mein Atem ging hektisch. Verliere jetzt bloß nicht die Nerven! Nur das nicht! Wieder versuchte ich aufzustehen, aber offenbar stand ich längst auf den Füßen. Als ich begriff, dass ich nicht auf zwei, sondern auf vier Beinen stand, war es um meine Fassung geschehen und ich drehte endgültig durch.
Hundepfoten … warum stehe ich auf Hundepfoten? Warum bin ich so nahe am Boden? Ist das alles ein Traum? Bin ich etwa schon tot?
Aber ich fühlte mich ganz und gar nicht tot. Im Gegenteil. In dieser duftschwangeren Welt fühlte ich mich sogar mehr als lebendig. Es war sicher ein Traum. Nach dem langen Besuch beim Tierarzt träumte ich jetzt, dass ich ein Hund sei. Das war die Erklärung. Alles nur Psychologie, nicht wahr?
Aber wieso wurde ich nass, wenn ich doch nur träumte? Warum musste ich ständig Pipi machen? Und warum fühlte sich der Wind so kalt an, wenn er mir durch das … Fell fuhr?
Oh nein. Ich muss mich übergeben.
Vermutlich hatte ich mir den Kopf verletzt. Das war des Rätsels Lösung. Als
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