Hundsköpfe - Roman
etwas aufzubauen. Da saßen sie nun in ihrer weißen Patriziervilla in Bergen, umgeben von einer Schar von Dienstboten, und versuchten, so vornehm dänisch zu sein, daß ihm das Kotzen kam. »Die haben nicht einmal bemerkt, daß Norwegen inzwischen ein freies Land mit freien Menschen ist«, erklärte Askild, der mit solchen Bemerkungen einen kleinen Funken in Bjørks Herz entzündete. Askild war auf seine eigene Weise revolutionär, ganz anders als die gebildeten und wortgewandten jungen Männer, die sonst ins Haus kamen, und die Urgroßvater Thorsten als meine zukünftigen Großväter einzusetzen versuchte. Ein besonders wohlwollendes Auge hatte er dabei auf den jungen Arzt Thor Gunnarsson geworfen, der aus einer guten Familie mit soliden Traditionen und einer Menge Land kam und fließend Dänisch sprach, weil er an der Kopenhagener Universität studiert hatte. Thorsten hatte schlechte Erfahrungen mit Steuermännern und deren Seeräubernachkommen. Doch je abfälliger Thorsten über Askild sprach, desto interessanter wurde dieser in Bjørks Augen; sie war von den drei Kindern in der Familie die jüngste, ihre große Schwester Line war bereits verheiratet. Ejlif hatte Askild in der Fachschule kennengelernt, an den Wochenenden verbrachten die beiden ziemlich viel Zeit in den illegalen Schankstuben von Bergen. Askild zeigte Ejlif Orte, an denen dieser nie zuvor gewesen war, mit Mädchen, die auf eine ganz andere Art willig waren und keinerlei Bedingungen stellten, wenn das dämmrige Morgenlicht in die undichten Holzbaracken nahe des Hafens drang. Askild war gerade mal vierzehn Jahre alt gewesen, als ihm die Mannschaft in Amsterdam zum ersten Mal eine Hure kaufte und ihn aufforderte, der dreißigjährigen Frau mit der Federboa und den rotgeschminkten Wangen die Treppe hinauf zu einem kleinen Zimmer zu folgen, in dem von der anderen Seite der dünnen Wand Kindergeschrei zu hören war. Sie legte sich auf den Rücken, befeuchtete ihre Scheide mit Spucke und guckte Askild ungeduldig an, der einfach stehengeblieben war, ohne zu wissen, was er zu tun hatte. Die Frau seufzte und erklärte ihm, daß man gewöhnlich seine Sachen auszieht, worauf Askild hastig die Hose herunterriß und zu seinem Entsetzen sah, wie ihm die Männlichkeit schlaff und nutzlos zwischen den Schenkeln hing. Er war nicht in der Lage, auch nur einen Gedanken zu fassen, doch sie rollte sich nur zur Seite, lächelte zum ersten und einzigen Mal und fing mit einem kleinen Seufzer an, Askilds Hoden zu massieren, bis er zwischen ihren Fingern zu wachsen begann.
Dann legte sich die Frau wieder auf den Rücken, »Leg dich so hin«, sagte sie, und Askild gehorchte, als würde er von einem Blinden durch die Dunkelheit geleitet. Mit einer raschen Bewegung kam sie ihm entgegen, so daß er seine ganze vierzehnjährige Ladung in ihren arg beanspruchten Schoß spritzen konnte. Eine halbe Minute später sprang er aus dem Bett, zog sich so eilig an, daß er vor lauter Verwirrung seine Unterhose vergaß, und warf die Tür hinter sich zu, ohne sich noch einmal umzublicken. Unten an der Theke klopften ihm die Männer der Mannschaft auf die Schulter, und einer der Matrosen gab ihm einen Whisky aus.
Im darauffolgenden Jahr kaufte er sich während eines Landgangs in Hamburg mit fünfzehn zum ersten Mal selbst eine Hure, und in den folgenden Jahren wuchs seine Selbstsicherheit proportional zu der Anzahl von Prostituierten, die er besuchte. Als er mit einundzwanzig sein Studium als Schiff- und Maschinenbauingenieur antrat, war er ein ziemlich erfahrener und selbstsicherer junger Mann, dem es nicht schwerfiel, dem wesentlich unerfahreneren Ejlif zu imponieren. Allerdings wußte Askild rein gar nichts vom Wesen der Liebe. Und als er Bjørk begegnete, stand er wieder wie mit heruntergelassenen Hosen da, ohne zu wissen, was er zu tun hatte.
Bjørk hatte Askild schon häufiger im Haus bemerkt, ihn jedoch nie sonderlich beachtet. Ganz im Gegensatz zu Vater Thorsten, dem der Blick ganz bestimmt nicht gefallen hätte, den Askild auf Bjørk warf, als er sie zum ersten Mal unter den hohen Birken auf einer Bank im Garten sitzen sah. Es war Herbst, und Bjørk hatte sich eine rosafarbene Decke umgelegt. Sie las in einem Buch von Sigrid Undset – es war noch vor der Zeit, als sie nichts anderes als Arztromane las – und hing mit ihren Gedanken einigen Sätzen nach, als Ejlif mit Steuermann Erikssons Sohn in den Garten trat und rief: »Du dumme Gans sitzt ja schon wieder da!« Bjørk
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