Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall
noch telefonieren.»
«Ruf morgen an. Er ist sicher noch im OP, und du wirst nichts erfahren.»
«Aber ich muss doch wissen …»
«Wenn er tot ist, wirst du nicht schlafen. Schlechte Nachrichten kann man auch verschieben.»
«Bestimmst du immer, was andere machen sollen?»
«Ich bin Commissario.»
«Ich auch.»
«Aber mein Dienstgrad ist höher!», grinste Guerrini, legte den Arm um Laura und führte sie ins Schlafzimmer, wo sie sich aufs Bett fallen ließ und sofort einschlief. Er ließ sie in Kleidern schlafen, zog ihr nur die Schuhe aus. Dann kehrte er in die Küche zurück, trank noch ein Glas Rotwein und stellte sich auf den kleinen Balkon. Warmer Wind wehte von Süden, und eine Fledermaus kreiste im Hinterhof. Lange sah Guerrini ihr zu und fragte sich, ob er und Laura vielleicht doch den falschen Beruf gewählt hatten.
Als er sich später leise neben Laura legte, fuhr sie auf, starrte ihn an und murmelte: «Ich werde sie kriegen, und wenn es ein Jahr dauert. Die kommen nicht davon. Und ich wette, dass die Ralf zusammengeschlagen haben, um die Kerle zu entlasten, die in Untersuchungshaft sitzen.» Damit rollte sie sich zur Seite und schlief weiter.
WECKER UND TELEFON klingelten am nächsten Morgen gleichzeitig. Laura fiel beinahe aus dem Bett, weil Guerrini im Schlaf allmählich ihre Seite erobert hatte. Sie schlug auf den Wecker und erwischte das Gespräch im letzten Augenblick.
«Mama!»
«Sofia! Wie spät ist es denn?»
«Hier ist es sieben. Dann muss es bei dir acht sein, Mummy! Ich ruf so früh an, weil ich gleich in die Schule muss, und am Abend ist nie Zeit, weil hier immer was los ist! Hab ich dich aus dem Bett geholt?»
«Macht nichts, ich muss auch gleich weg. Geht’s dir gut?»
«Ja, super! Ich wollte dich eigentlich nur was fragen. Was Wichtiges!»
«Was denn?»
«Kann Patrick als Austauschschüler zu uns kommen? Wir haben doch Platz genug. Unsere Wohnung ist riesig. Er ist total nett. Spült auch ab und so was!»
«Sofia, darüber muss ich nachdenken. Das kann ich nicht entscheiden, wenn ich gerade aufgewacht bin.»
«Aber Mama, über was musst du denn nachdenken? Es ist doch ganz einfach!»
«So einfach auch nicht, Sofi.»
«Aber …»
«Lass mich nachdenken, ja?»
«Kannst du mich dann wenigstens heute Abend zurückrufen und mir Bescheid sagen?»
«Sofia, wahrscheinlich habe ich heute Abend noch gar nichts entschieden. Ich muss nämlich arbeiten!»
«Aber du kannst doch zwischendurch nachdenken!»
«Ich werde dich anrufen, wenn ich mich entschieden habe, alles klar? Hast du mit deinem Bruder darüber gesprochen? Der wohnt nämlich auch hier und kann ebenfalls mitbestimmen!»
«Ich glaube, mit Luca geht es klar!»
«Du glaubst.»
«Ja, ich glaube! Patrick und ich hatten die Idee erst gestern Abend. Deshalb konnte ich noch gar nicht mit Luca sprechen.»
«Dann sprich mit ihm! Und grüß ihn von mir. Grüß auch Patrick und deine Gasteltern. Ciao, Sofia!»
«Ciao, Mama. Ich hätt gern länger mit dir geredet …»
«Es geht leider nicht, bin ohnehin schon spät dran. Ich hab dich lieb!»
«Ich dich auch!»
Laura legte das Telefon weg, um sich einen Tee aufzubrühen. Ein längeres Gespräch mit Sofia hätte überhaupt keinen Sinn gehabt, weil sie auf dem Thema Patrick beharrt hätte. Laura kannte ihre Tochter. Und Patrick war der Letzte, der sie an diesem Morgen interessierte! Sie dachte an Ralf, war aber zu feige, im Krankenhaus anzurufen. Sie trat auf den Balkon hinaus, goss ihre Petunien, füllte die Vogeltränke und stellte entsetzt fest, dass die Luft flimmerte, das Atmen war unangenehm. Wieder ein glühend heißer Tag.
Sie ging in die Wohnung zurück und warf einen Blick ins Schlafzimmer. Angelo lag inzwischen quer im Bett und war wieder tief eingeschlafen. Vorsichtig schloss Laura die Tür und griff nach dem Telefon. Dann machte sie auch die Küchentür hinter sich zu und rief im Dezernat an.
«Claudia? Guten Morgen. Ist Baumann schon da?»
«Guten Morgen, Laura. Er ist! Seit wann nennst du ihn Baumann?»
«Seit heute, weil mir danach ist! Stell mich bitte zu ihm durch.»
«Sofort. Alles in Ordnung bei dir?»
«Ja.»
«Ich meine wegen des Überfalls letzte Nacht.»
«Jaja.»
«Ich dachte …»
«Bitte denk jetzt nicht, sondern gib mir Baumann.»
«Schon gut.»
Es knackte ein bisschen, dann meldete er sich.
«Hallo, schön, dass du wieder an Deck bist.»
«Klingt nach Arbeit.»
«Du hast es erfasst. Letzte Nacht warst du offensichtlich nicht
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