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Hungerkralle

Hungerkralle

Titel: Hungerkralle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ebertowski
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ich
euch besorgen. Wie wäre es mit einer Waggonladung unserer Armeezeitung?«
    Alle lachten.
    »Dafür würden wir bestimmt auch Abnehmer
finden«, sagte Brennecke, »aber uns geht es um ganz besonderes Papier.«
    »Nämlich?«
    »Nach unseren Informationen hat die S MAD in
Eberswalde Spezialpapiere der Reichsbank eingelagert.«
    »Das ist mir bekannt.«
    »Wir brauchen einen bestimmten Ballen
oder, besser noch, gleich mehrere davon.«
    Der Oberstleutnant schürzte die Lippen.
»Hm, das wird nicht einfach werden.«
    Horst Brennecke wedelte mit dem
Samtbeutel, den der Russe nicht mit eingesteckt hatte. »Einen Barren für einen
Ballen.«
    »Nein, unter zwei ist da nichts zu
machen. Das Papier in Eberswalde, um das es euch vermutlich geht, stammt aus Restbeständen
der Reichsdruckerei und ist bestens zur Herstellung von Geldscheinen geeignet.
Um es präziser zu formulieren: für die Herstellung von
Fünfzig-Reichsmark-Banknoten, falls jemand zusätzlich über die entsprechenden
Druckplatten verfügen sollte. Und damit lässt sich ja immer noch einiges
kaufen, sofern man nur über die nötigen Quantitäten verfügt.«
    Die Deutschen sahen sich verdutzt an.
    Wassilinski trank das zweite Glas auf ex
aus. Dann grinste er breit. »Tja, meine Herren, wie gesagt: Zwei Barren für
einen Ballen, und die Angelegenheit wäre zu regeln.«
    »Äh, das mit dem Preis geht in Ordnung,
Wladimir«, beeilte sich Brennecke zu versichern. »Wann?«
    Der Genosse Oberstleutnant zuckte mit den
Achseln. »Das könnte etwas dauern. Ich müsste da zuvor ein paar Leute
kontaktieren.«
    Brennecke hatte verstanden. Er zückte ein Bündel
Dollarscheine. »Würde dieser Betrag helfen, die Angelegenheit zu
beschleunigen?«
    »Immens«, sagte Wassilinski und steckte
das Geld zu dem Goldbarren. »Nächste Woche gebe ich euch Bescheid.«
    Er erhob sich und wurde von Brennecke zur
Tür geleitet.
    Als Horst Brennecke in den Salon
zurückkehrte, saß ein korpulenter Mann in dem Sessel am Kachelofen. Er hatte
hinter einer angelehnten Tür im Nebenzimmer des Salons dem Gespräch mit dem
Russen gelauscht. Die Haut seiner rechten Gesichtshälfte und die der Hände bis
zu den Unterarmen war vernarbt wie die von Panzerfahrern, die sich noch knapp
aus ihrem brennenden Sarg hatten retten können: Gewebe, das an straff
gespanntes Pergamentpapier erinnerte.
    »Dass er gleich wusste, wozu das Papier
aus Eberswalde zu gebrauchen ist, hat mich ehrlich gesagt doch ziemlich
überrascht«, sagte der Mann und betastete seine entstellte Gesichtshälfte.
»Wassilinski scheint ja überall seine Finger drinzuhaben.«
    Horst Brennecke nickte. »Das ist bekannt.
Ich…«
    »Aber können wir uns auch wirklich auf
ihn verlassen?« Es war einer von den beiden Männern, die an dem Gespräch mit
dem sowjetischen Offizier teilgenommen hatten, der die Frage stellte. Er war
stiernackig, untersetzt und hatte bestimmt seit Kriegsende nie Hunger gelitten.
    »Ich bin mit Adolf einer Meinung. Ich
traue diesem Russenschwein auch nicht über den Weg, Hotte«, fügte der andere
hinzu. Wie bei dem Mann im Ohrensessel war Wolfgang Richters Gesicht von Narben
verunstaltet, aber sie stammten nicht von Verbrennungen. Es waren Mensurnarben,
glatte Schnitte, wie man sie auf dem Paukboden davonträgt. Richter war vor
Übernahme der väterlichen Druckerei in Breslau während seines Ingenieurstudiums
Mitglied einer schlagenden Verbindung gewesen.
    Brennecke zuckte mit den Achseln. »Was
bleibt uns denn übrig? – Aber solange er zuverlässig von uns sein Gold bekommt,
sehe ich kein Risiko.«
    »Ich auch nicht«, sagte der Mann im
Ohrensessel. »Wie weit ist übrigens die Einrichtung der Werkstatt, Wolfgang?«
    »Das dürfte noch gute drei, vier Wochen
dauern.«
    »Und was ist mit den nötigen Farben?«
    »Das dürfte auch bald klappen. – Allerdings…«
    »Ja?«
    Horst »Hotte« Brennecke kratzte sich am Kopf. »Der
Kerl, der sie uns angeboten hat, ist sich darüber im Klaren, was das Zeug wert
ist.«
    »Das heißt?«, wollte Adolf Wagener
wissen.
    Horst Brennecke grinste. »Mal sehen, auf
welchen Preis wir uns letztlich einigen werden.«
     
     
    Als der Genosse Oberstleutnant vom
Kasinoweg über die provisorische S-Bahn-Überführung fuhr und dort nach rechts
in die Burgfrauenstraße einbog, kam ihm aus der Gegenrichtung ein Lkw mit
aufgeblendeten Scheinwerfern entgegen und blockierte dann sich quer stellend
die Fahrbahn. Wassilinski ließ seinen Wagen im Schritttempo weiterrollen, hielt
fünf Meter

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