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Hungerkralle

Hungerkralle

Titel: Hungerkralle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ebertowski
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»Ich sitze an dem Scheiß garantiert bis Mitternacht.
Morgen muss unbedingt alles beim Finanzamt sein, oder die machen gewaltig
Stunk.«
    »Und dein Horst?«
    Birgit verdrehte die Augen. »Gibt es den
überhaupt noch? Seit er mit der neuen Firma die Ami-Lebensmitteltransporte
macht, bekomme ich ihn kaum vor Mitternacht zu Gesicht. Er ist ununterbrochen
auf Achse. Heute auch.«
    »Ich meine, ich hätte seinen Mercedes
vorhin in Westend gesehen.«
    »Das könnte gut sein. Ich habe mit halbem
Ohr ein Telefonat mitgekriegt. Ich glaube, Hotte wollte in Westend einen
Geschäftsfreund abholen, dem er in Tempelhof irgendeinen fetten Auftrag
zuschanzen kann.«
    »Na, vielleicht kommen sie danach ja noch
zu Benno.«
    Birgit schüttelte den Kopf. »Kaum. Mit
Geschäftsfreunden geht er nie ins Oriental.«
    »Komisch eigentlich.«
    »Stimmt, aber Hotte hält eben gern
Privates und Geschäftliches strikt getrennt. Ist ja nichts Neues bei ihm.«
    »Tja, dann will ich lieber nicht weiter
stören, damit das Finanzamt nicht böse wird.«
    Birgit seufzte bloß und brachte Vera zur
Tür.
    Karl drehte sich auf dem Beifahrersitz um
und öffnete seiner Freundin die Fondtür von innen. Vera ließ sich auf die
Rückbank fallen und berichtete. »… jedenfalls hat sie von seinen
Geschäftsfreunden noch keinen persönlich kennen gelernt. Falls er tatsächlich
in krumme Dinger mit Kassner verwickelt ist, dann hat sie davon bestimmt keinen
blassen Schimmer, oder ich müsste mich gewaltig irren.«
    Karl sah Major Miller an. »Bevor ich
Brandermann heute früh die Transportarbeiterverträge zur Halle eins brachte,
erfuhr ich zufällig in der Verwaltung, dass man etwas mit ihm zu bereden hätte.
Womöglich ging es da um den fetten Auftrag, von dem Birgit sprach.«
    »Bis wann arbeiten die dort?«
    »Ich glaube, mittlerweile auch durchgehend.«
    »Dann würde ich vorschlagen, wir fahren
gleich noch mal zum Flughafen.«
    »Wenn es Ihnen keine Umstände bereitet,
Major, dann könnten Sie mich bei Lilo absetzen«, bat Vera. »Ich brauche auf all
die Aufregung dringend ein vernünftiges Bier.«
    »Selbstverständlich. Wir kommen dann
später natürlich auch ins Oriental.«
    »Ich bin jetzt schon mächtig gespannt,
was Benno in Frohnau bei Fräulein Schwandt erreicht«, sagte Karl.
     
     
    »Und Ihre Privatanschrift hat sich
zwischenzeitlich auch nicht geändert, Herr Böhme?«
    »Nein, Westend stimmt weiterhin.«
    Der Sachbearbeiter der
Flughafenverwaltung, der für die Auftragsvergabe an deutsche Firmen zuständig
war, legte seine handschriftlichen Notizen in eine Kladde. »Wir hätten somit
alle wichtigen Punkte des Vertrags geklärt. Ich lasse ihn morgen früh tippen
und Ihnen dann wie besprochen durch Herrn Brandermann zukommen.«
    Kassner nickte. »Übermorgen haben Sie den
Vertrag von mir unterschrieben zurück.«
    Der Sachbearbeiter erhob sich. »Ich
begleite Sie jetzt noch zum Tor Columbiadamm. Sie bekommen selbstverständlich
später auch ein Dauer-Permit wie Herr Brandermann.«
    Kassner zog die Augenbrauen hoch.
    Brennecke lächelte. »Die
Sicherheitsbestimmungen sind hier sehr strikt, Herr Böhme. Wenn jemand aus der
Verwaltung einen Besucher am Tor abholt, muss er ihn auch persönlich wieder
dorthin bringen.«
    Nachdem diese Formalität erledigt war,
verließen Kassner und Brennecke das umzäunte Flughafengelände durch den
Fußgängerdurchlass neben dem abgesenkten Torschlagbaum, der die breite
Fahrzeugzufahrt sperrte.
    Der Mercedes stand vor dem Wachhäuschen
der Military Police zwischen mehreren Zivilfahrzeugen. Auf der anderen Seite
der Torzufahrt rangierte auf einer schotterbefestigten Freifläche ein Lkw mit
Anhänger.
    Ein Opel blockierte die rechten Türen von
Brenneckes Wagen.
    »Dichter ging’s ja wohl nicht!«, knurrte
Kassner.
    »Wie hat das Arschloch denn das bloß
hingekriegt?« Brennecke schüttelte fassungslos den Kopf. »Da passt ja keine
Hand mehr zwischen. – Lots mich raus, Otto.«
    Brennecke stieg ein, kurbelte das
Seitenfenster runter und bugsierte, von Kassner durch Handzeichen unterstützt,
den Wagen vorsichtig rückwärts aus der Lücke.
    »So, jetzt einschlagen!«, brüllte Kassner,
denn zwei »Rosinenbomber«, denen offenbar im letzten Moment die Landeerlaubnis
verweigert worden war, dröhnten im Tiefflug über den Columbiadamm.
    Als der Wagen aus der Lücke heraus war,
öffnete Kassner die Beifahrertür. Dem Fahrer des Horch, der sich unterdessen
von hinten genähert hatte, signalisierte er mit einer Geste,

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