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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Herr?«
    Jakob schrak auf. Eine der hübschen Verkäuferinnen hatte ihn angesprochen. Sie lächelte.
    Jakob sprach mit Mühe: »Ist Frau Martens da? Ich bin … ein alter Bekannter von ihr. Habe sie lange nicht gesehen …«
    »Frau Martens ist vor einer Viertelstunde hinaufgegangen.«
    »Wo hinauf?«
    »Sie wohnt im Haus. Vierter Stock links.«

11
    »Ja?«
    Es gibt Menschen, die sind einem vom ersten Moment an zum Kotzen. Wie der junge Mann da, der die Wohnungstür geöffnet hat, nachdem ich geläutet habe.
    »Tag. Hier wohnt doch Frau Martens, nicht?«
    »Sicherlich. Warum?«
    »Weil ich sie sprechen möchte.«
    »In welcher Angelegenheit?«
    »Das geht Sie doch einen Dreck an«, sagte Jakob unwillkürlich, die Fäuste ballend. Sein neuer Freund Theo hatte ihn sehr mutig gemacht. Was ist das bloß für ein Kerl? Groß, schlank, Mandelaugen, ganz dunkelbraun – wie das allzu sorgfältig frisierte Haar. Prima in Schale. Kommt sich vor wie König Koks von der Gasfabrik! Dem werde ich gleich mal kurz an den Schlips gehen. Jakob trat einen Schritt vor. Im selben Moment ertönte eine Stimme: »Wer ist denn das, Erich?«
    Ach Gott, ach Gott, die Stimme vom Hasen! Und da war der Hase auch schon selber, achgottachgottachgott. Julia kam aus einem Zimmer in die Diele. Ist ja noch schöner geworden, dachte Jakob bitter.
    »Guten Tag, Julia«, sagte er munter. (Hase lassen wir besser, vielleicht ist sie mit dem Scheißer da verheiratet, was weiß man?)
    Keine Antwort.
    »Julia! Ich bin’s! Der Jakob!«
    Immer noch keine Antwort.
    »Ich glaube, Frau Martens möchte Sie nicht empfangen«, sagte der junge Herr. Er hatte einen blauen Zweireiher mit Nadelstreifen, die Schultern waren mächtig ausgestopft.
    »Kusch!« Jakob schob ihn beiseite und ging auf Julia zu. Mit einer ganz kleinen, ganz schrecklich leisen (Jakob brach fast das Herz entzwei) Stimme sagte der Hase: »Guten Tag, Jakob.«
    »Ich komme aus Berlin. Dort habe ich gehört, daß der arme Professor Donner gestorben ist und hier begraben wurde. Habe auch gehört, daß du jetzt hier bist, und da hab’ ich gedacht, nix wie her – mit einer PAA ! Wie ich mich freue, dich wiederzusehen, Julia! Ich weiß schon, was du sagen willst! Ja, ich hab’ mich benommen wie eine Sau, eine gesengte, und es tut mir leid. Sehr leid. Wirklich leid, Ha … äh, Julia! Weißt du, ich war dauernd unterwegs, immer, die Geschäfte …« Jetzt war ihm endgültig die Puste ausgegangen.
    »Ich weiß«, sagte der Hase still und traurig. »Ich weiß, was du alles getan hast in den letzten Jahren, Jakob. Es stand ja in den Zeitungen. Du bist ein großer Mann geworden. Ich gratuliere dir zu deiner großen Karriere! Und die wird noch viel größer werden, denk an meine Worte.« Der Lackel räusperte sich. »Verzeih, Erich. Das ist Herr Jakob Formann, von dem ich dir so viel erzählt habe. Jakob, das ist Herr Erich Fromm. Na, was ist, wollt ihr euch nicht die Hände geben?«
    Sie wollten beide nicht, aber sie taten es, sehr zögernd und schwach. Und Jakob mußte dabei
sehr
an sich halten, um nicht zu sagen: »Ach so, Herr Fromm – der Erfinder des Aktes.«
    »Ich habe nicht gedacht, daß wir uns je wiedersehen werden, Jakob«, sagte der Hase, in ein Wohnzimmer tretend. »Nimm Platz, bitte.«
    Jakob plumpste auf eine breite moderne Couch. Alles war modern hier – die Möbel, eine kleine Hausbar, ein Plattenspieler …
    »Wie hast du so etwas bloß denken können?«
    »Ach, Jakob. Wollen wir das doch sein lassen, bitte!«
    »Nein, das wollen wir nicht sein lassen. Ich … du … diese ganzen Jahre … Verflucht, warum setzt ihr euch nicht?«
    »Du mußt ins Atelier, Erich«, mahnte der Hase und sah den Widerling verliebt an.
    »Ich habe noch ein bißchen Zeit«, sagte Herr Fromm und setzte sich. Julia ließ sich in einen Sessel sinken. Stille. Gräßlich, dachte Jakob. Ich bin an allem schuld …
    »Erich ist Schauspieler, Jakob. Beim Film. Am meisten spielt er bei der CYRIO . Kennst du doch!«
    »Nie gehört«, log Jakob.
    »Eine der ganz großen Filmgesellschaften.«
    »Aha. Und da spielt der Herr Fromm.«
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, Herr Formann.«
    »Was soll denn das heißen, Herr Fromm?«
    »Es gibt Leute, die melden sich an, wenn sie zu Besuch kommen, wissen Sie?«
    »Frau Martens hat noch kein Telefon.«
    »Man kann Postkarten schreiben.«
    »Ich bin so schnell wie möglich hergekommen, um meinem Freund Professor Donner einen Kranz zu bringen.«
    »Der ist längst

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