Hurra, wir leben noch
Theresienkroner Betrieb mit einem Nachfolger für den Professor, den er noch selbst bestimmt hat. Ach, das habe ich ja ganz vergessen. Es ist doch gut, daß du gekommen bist.«
»Nicht wahr?« (Noch ein kleines Weilchen, dann fange ich an.)
»Ich rede rein geschäftlich, Jakob! Wir müssen jetzt die Statuten ändern! Alle Filialen und Werke außerhalb Theresienkrons, die dem Professor und dir gehört haben, gehören nun dir allein!«
»Und du?«
»Ich will nichts davon haben! Ich habe genug! Im Gegenteil – ich muß dir noch etwas geben!«
»Was?«
»Die Forschungsergebnisse des Professors! Er hat sensationelle Entdeckungen gemacht! Unsere Hennen legen jetzt die besten Eier der Welt!« Julia sprang auf und lief zu einem zierlichen Schreibtisch. »Ich habe die ganzen Unterlagen hier drin, ich gebe sie dir gleich mit! Es ist ein Haufen Papiere! Die Erfindungen habe ich schon zum Patent angemeldet – in deinem und in Donners Namen. Nutzungslizenz für Theresienkron ist auch erledigt. Da ist zum Beispiel die Sache mit dem ›Gacker-Blocker‹ …« Julia öffnete und schloß Schubladen, sie suchte.
»Hase, ich flehe dich an! Nach so langer Zeit sehe ich dich wieder … Ich liebe dich … Ich werde immer nur dich lieben! Ich nehme dich mit mir! Auf der Stelle! Hinaus in die Welt! Wir bleiben zusammen! Das haben wir doch immer gewollt!«
»›Gacker-Blocker‹ hat Professor Donner seine Entdeckung genannt«, sprach der Hase kühl und belehrend, als hätte Jakob nicht soeben seine Herzensnot herausgeschrien. »Dem ist er nach langer Zeit dahintergekommen. Dem Gegacker der Hennen, meine ich …«
»Herrgott, ich sch … ich pfeife auf alle Hennen, wenn du mich nur wieder lieb hast! Wenn du mich heiratest!«
»Ich werde dich nie heiraten, mein lieber Jakob. Ich werde Erich heiraten!«
»Diesen miesen Vogel? Das verbiete ich dir!«
»Du hast mir gar nichts zu verbieten, Jakob«, sprach der Hase, in Papieren wühlend. »Das Gackern der Hennen, hat der Professor herausgefunden, hemmt ihren Legeeifer.«
»Ich liebe dich doch, Hase! Bitte, verzeih mir!«
»Darauf ist der Professor nach langen Versuchen gekommen! Daß das Gackern der Hennen ihren Legeeifer hemmt, meine ich. Schau, natürlich ist Erich noch kein Star. Natürlich hat er noch sehr wenig Geld. Natürlich lebt er von mir. Na und? Wen geht das etwas an? Ich kann mit meinem Geld machen, was ich will!« Julia sammelte weiter Papiere aus den Schubladen. »Der Professor hat Reihenversuche angestellt, jahrelang. So kompliziert, daß er es mir niemals erklären konnte.«
»Ich liebe dich, Hase, verflucht noch mal, hörst du nicht?«
»Mit Hormonen. Erich ist hochbegabt. Er macht seine Karriere! Und dieser Direktor Mühsam hat Erich so gern! Auch Edda …«
»Hase!«
»…das ist die Tochter von Direktor Mühsam, die Edda. Dreizehn. Erich hilft ihr bei den Schulaufgaben. Also wirklich, die ganze Familie ist geradezu verrückt nach Erich! Der hat einen prima Start! Bestimmt gibt ihm Direktor Mühsam jede Chance. Bald wird er eine Hauptrolle bekommen.«
»Das ist ja zum Wahnsinnigwerden! Ich kann dir die Welt zu Füßen legen! Ich kaufe dir, was du willst! Was willst du? Sag es! Sag es, und du hast es!«
»Mit halbsynthetischen Hormonen, weißt du. Ich habe es nie verstanden, aber es steht alles präzise in den Patentschriften. Erich ist so gut. Er wird viel Geld verdienen. Und dann heiraten wir!« Immer noch wühlte Julia in einer Schublade.
Jakob erhob sich. Geräuschlos packte er sein Geschenk aus. Man wird ja sehen, dachte er.
»Tut mir leid, wenn ich dir wehtun muß, Jakob. Und mit den halbsynthetischen Hormonen hat Professor Donner alle unsere Hennen behandelt!«
»Dieser widerliche Kerl ist doch der Dreck vom letzten Dreck. Der stürzt dich doch noch ins Unglück! Das ist ein ganz gewöhnlicher …« Nein, das hätte ich nicht sagen sollen. Gerade noch konnte ich das Geschenk hinter meinem Rücken verstecken, bevor Julia herumfuhr. Ist die aufgeregt! Wieviel Platz liegt zwischen Liebe und Haß? Ein Millimeter? Zwei Millimeter? überlegte Jakob, während Julia schrie: »Ich liebe Erich! Ich liebe ihn, und wenn du platzt! Er ist ein prachtvoller Mensch, der mich verwöhnen und auf Händen tragen wird, sobald er kann! Ein Haus werden wir haben, nicht protzig, gemütlich, und drei Kinder.«
»Kinder …«
»Ja, drei! Soviel will ich! Und stell dir vor, alle behandelten Hennen sind verstummt und haben nie mehr gegackert!«
»Hase! Schau dir
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