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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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ernst entgegen.
    »Was habt ihr denn? Warum schaut ihr mich so ernst an?« fragte Jakob.
    »Wir haben gerade darüber gesprochen, wie sehr du dich verändert hast«, antwortete Fertighaus-Jaschke.
    »Ich mich verändert? Lächerlich!«
    »Leider gar nicht lächerlich«, sagte Wenzel Prill. Er sah elend aus vor Überarbeitung – neben seiner Tätigkeit als Leiter aller Rechtsabteilungen von Jakobs Betrieben und als unermüdlicher Jäger von Rothaarigen studierte der nunmehr zweiundvierzigjährige noch immer Jus an der Frankfurter Universität. Mit fünfzig, zweiundfünfzig Jahren konnte er hoffen, seinen Doktor zu machen. So spät erst, weil er sein Studium natürlich dauernd unterbrechen mußte. »Leider gar nicht lächerlich, Jakob«, wiederholte Wenzel beklommen. »Und
wie
du dich verändert hast! Du merkst es nicht. Wir merken es wohl. Und viele andere Leute leider auch. Okay, okay, wir werden dir natürlich weiter mit allen unseren Kräften zur Verfügung stehen, wenn du jetzt auch bereits wahnsinnig, ja lebensgefährlich übertreibst!«
    »Wieso übertreibe ich?« fragte Jakob. Draußen brannte die Sonne, die Fenster standen offen, und man hörte das Aufschlagen von Bällen auf den beiden Tennisplätzen hinter dem Haus, Stimmen und Gelächter. Ab und zu raste auf dem See ein Motorboot vorbei. »Du bist Multimillionär. Mehr als ein Steak auf einmal kannst du nicht fressen«, sagte Karl Jaschke aus Murnau. »Mehr als mit einem Mädchen kannst auch du nicht auf einmal schlafen.«
    »Hast du eine Ahnung!« rief Jakob stolz.
    »Unterbrich mich nicht. In mehr als einen Rolls kannst du deinen Arsch zur gleichen Zeit nicht setzen! Auch nicht in zwei Flugzeuge zur gleichen Zeit! Auch nicht mehr als einen Anzug von Cardin kannst du auf einmal tragen.«
    »Jajaja. Was soll das heißen, bitte?«
    Jetzt war die Reihe wieder an Franzl Arnusch: »Das soll heißen, daß du furchtbare Fehler begehst.«
    »Jakob Formann begeht keine furchtbaren Fehler.«
    Und das Ping und Pong und Ping und Pong von den Tennisplätzen.
    »Du begehst drei furchtbare Fehler, mein Bester«, sagte der Arnusch Franzl. »Wir haben gerade über sie gesprochen. Der erste ist, daß du dein Imperium immer weiter vergrößerst, anstatt es zu sichern. Das ist gegen jede unternehmerische Vernunft. Wie es so geht im menschlichen Leben.«
    »Blödsinn«, konterte Jakob, lachend zu den erlauchten Bildern der Ahnen aufsehend, die nicht die seinen waren. »Das ist das erste Gesetz jedes Unternehmers! Expandieren! Expandieren! Es tut mir leid, daß ich das ausgerechnet dem Chef des Rechnungswesens meiner Gesellschaften sagen muß! Ich weiß schon, was ich tue. Erlegt euch keinen Zwang auf! Und nun, bitte, den zweiten ›furchtbaren Fehler‹«, sagte Jakob ironisch. »Also bitte!«
    »Schön, also zweitens: Du bist bereits soweit, alle anderen Menschen für blöd zu halten«, sagte Wenzel anklagend.
    »Na, das sind sie doch auch!«
    »Wenn alle Menschen blöd sind, dann bist du es auch. Das ginge noch. Lebensgefährlich wird es, wenn du davon überzeugt bist, der einzig Gescheite zu sein.«
    »Ich habe ja euch zur Seite!« Jakob wurde grob. »Wenn es wirklich mal lebensgefährlich wird, entschärft ihr die Lage. Ihr seid nicht blödsinnig. Sonst hätte ich euch nicht engagiert.«
    »Sehr liebenswürdig«, sagte Karl Jaschke leise.
    »War doch nicht bös gemeint!« Jakob haute ihm auf die Schulter. »Aber wenn ihr schon damit angefangen habt, dann will ich auch wissen, welchem dritten ›furchtbaren Fehler‹ ich im Laufe meiner so entsetzlich verfehlten Entwicklung verfallen bin.«
    »Du willst unbedingt in diese beschissene High Society«, sagte Wenzel, und er sprach, als hielte er bereits die Grabrede für Jakob. »Du willst, daß die Großen – nebbich – dieser Welt dich achten und lieben und fürchten – fürchten, ja, das kommt auch noch, warte nur ein Weilchen – und dich anerkennen als ihresgleichen. Nicht das Gesocks hier. Nein, das genügt dir nicht! Es müssen ganz feine Grafen und Fürsten sein und ganz gediegene Millionäre und Rothschilds und Rockefellers und Agnellis! Erst wenn du in ihre Welt eingebrochen bist, wirst du zufrieden sein! Wenn diese Großen nicht mehr hinter deinem Rücken über dich lachen werden – oder dir sogar mitten ins Gesicht!«
    »Ihr habt ja Kompott im Hirn!« antwortete Jakob mit ärgerlich erhobener Stimme. »Ich scheiße auf diese ganzen Idioten! Es ist mir doch völlig egal, ob sie über mich lachen oder

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