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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Mevrouw«, zwitscherte Pfirsichblüte englisch mit Piepsstimme. Sie kreuzte die Arme über der bloßen Brust und verbeugte sich tief vor Jakob. »Edlel Tai-Pan, dalf ich bitten, mil zu folgen?« Mit wackelndem Popo ging sie vor Jakob her, die Treppe empor, die zu den Zimmern führte. Die anderen Mädchen nahmen keine Notiz davon.
    »Kennt eine von euch eine Sowjetrepublik mit acht Buchstaben?« fragte die Mulattin, die Kreuzworträtsel löste.
     
    Um 1 Uhr 30 war alles vorbei.
    Jakob saß im Büro der Dame Willemsen und ließ sich fünfundzwanzigtausend Dollar vorzählen. Der Steuerberater und der reiche Fabrikant hatten ihr unter die Arme gegriffen. Die Kondome waren bereits über die ganze Stadt verteilt. Reizende Kinder hatten die Plomben des von Radtke mit einem verabredeten Zeichen (es stand in deutscher Sprache da: ICH LIEBE DICH ) versehenen Waggons aufgebrochen und die Kartons zu zwei ›Salatkörben‹ getragen, die unentwegt an- und abfuhren.
    Es war zu keinerlei Zwischenfall gekommen. Mevrouw Willemsen hatte Damen aus den Etablissements ›Zum heißen Trichter‹, ›Zur flotten Hendrikje‹ und ›Zum roten Stiefel‹ um Mitarbeit gebeten. Die Damen leisteten ganze Arbeit in den Wachbaracken der amerikanischen Posten, die schon vor Anlaufen der Aktion nicht mehr stehen konnten – entweder infolge Suffs oder Erschöpfung oder von beidem. So waren denn alle zufrieden … Jakob, der mitgezählt hatte, steckte die fünfundzwanzigtausend Dollar ein und küßte Mevrouw Willemsen die Würstchenfinger.
    »Es war mir ein Vergnügen, Mijnheer«, sprach Madame.
    Schon eine halbe Stunde später hatte Jakob Antwerpen in seinem Mietwagen verlassen und fuhr durch eine Winternacht Brüssel entgegen. Es schneite. Jakob fühlte sich sehr wohl. Fünfundzwanzigtausend Dollar sind besser als in die hohle Hand, dachte er. Und jetzt weiß ich, was eine ›Schlittenfahrt‹ ist, Junge, Junge. Sollten wir unseren nächsten Krieg China erklären, melde ich mich freiwillig!

53
    »Maître«, sagte Señor Miguel Santiago Cortez am Nachmittag darauf, nicht die Spur ermüdet, gebadet, rasiert, frisch und munter, »wie Ihnen Monsieur Rouvier schon am Telefon erzählt hat, werde ich in Belgien ein Industrieunternehmen erwerben. Der Vertrag zwischen mir und den bisherigen Besitzern sieht vor, daß von der Kaufsumme zweihunderttausend Dollar bar in belgischen Francs bezahlt werden. Ich erlaube mir also, Monsieur Rouvier, meinem Bevollmächtigten für Belgien – ich bin nämlich dauernd unterwegs –, einen Scheck über zweihunderttausend Dollar zu übergeben. Er gibt mir dafür den Gegenwert in belgischen Francs. Das alles wollen wir in einem von Ihnen beglaubigten Vertrag festhalten …«
    Maître Jean-Louis Labisse – sein Büro befand sich in dem altehrwürdigen Gebäude 42, Boulevard Leopold II . – war einer der feinsten und angesehensten Notare Brüssels. Das hatte Jakob schon am Vormittag von Rouvier erfahren, als sie miteinander telefonierten, nachdem ihm bei seiner Rückkehr ins PLAZA eine von der Telefonistin aufgenommene Nachricht übergeben worden war: ›Bitte rufen Sie mich gleich an. Herzlichst Rouvier.‹
    Also hatte Jakob den Schieber angerufen.
    Der guten Ordnung halber (wie Rouvier sagte) berichtete der Schieber zuerst, seine amerikanische Bank habe ihm mitgeteilt, daß die beiden Schecks zu je fünftausend Dollar, die Jakob ihm gegen belgische Francs gegeben hatte, bereits gutgeschrieben seien.
    Damit habe ich endgültig sein Vertrauen gewonnen, dachte Jakob und sagte: »Das freut mich! Und sonst?«
    Rouvier druckste eine Weile herum. Dann konnte er nicht länger an sich halten: »Hatten Sie Erfolg auf Ihrer Reise, Señor Cortez?«
    »Ach ja, doch, doch, ich bin recht zufrieden«, ließ sich Jakob vernehmen. »Ich habe da was sehr Hübsches gefunden.«
    »Oh!« Ein leises Keuchen Rouviers war zu hören. Dann stammelte er Unzusammenhängendes. Er brachte einfach nicht heraus, was er sagen wollte. »Ich will es Ihnen leichter machen, Rouvier«, sagte Jakob väterlich. »Sie haben mir seinerzeit gesagt, daß Sie gerne groß mit mir ins Geschäft kommen wollten …«
    »Ja … und?«
    »Sehen Sie, ich werde dauernd in der Welt herumgejagt, ich brauche deshalb einen Bevollmächtigten für Belgien. Ich habe noch keinen. Jetzt brauche ich ihn nötiger denn je, weil ich fort muß. Aber da habe ich nun das Ding hier am Hals. Wenn Sie also Zeit und Lust hätten …«
    Rouvier stotterte vor Aufregung: »Bi …

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