Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]
daraufhin, daß das Hauptproblem darin besteht, genügend Energie aufzubringen, um ein Wurmloch aus exotischer Materie herzustellen und zu unterhalten.
Im Normalfall besagt eine Grundannahme der Physik, daß alle Objekte positive Energie besitzen. Schwingende Moleküle, fahrende Autos, fliegende Vögel und rasende Raketen besitzen alle positive Energie. (Definitionsgemäß hat das leere Vakuum des Raums eine Energie von Null.) Doch wenn wir Objekte mit »negativer Energie« herstellen können (das heißt Objekte mit einem Energiegehalt, der geringer als der des Vakuums ist), dann sind wir möglicherweise in der Lage, exotische Raumund Zeitkonfigurationen zu erzeugen, in denen die Zeit zu einem Kreis gebogen wird.
Dieses ziemlich einfache Konzept hat einen kompliziert klingenden Namen: »mittlere schwache Energiebedingung« (AWEC nach englisch: averaged weak energy condition). Eingehend legt Thome dar, daß man gegen die AWEC verstoßen muß. Zeitreisen können nur erfolgreich sein, wenn die Energie vorübergehend negativ wird. Nun ist aber negative Energie lange Zeit ein Unding für Relativitätstheoretiker gewesen, denn klar ist, daß negative Energie Antigravitation und viele andere Phänomene ermöglichen würde, die man experimentell nie hat beobachten können.
Aber auch hier weist Thome darauf hin, daß man durchaus negative Energie gewinnen kann, und zwar dank der Quantentheorie. 1948 hat der holländische Physiker Hendrik Casimir nachgewiesen, daß die Quantentheorie negative Energie erzeugen kann: Dazu braucht man nur zwei große ungeladene Metallplatten, die man parallel zueinander aufstellt. Nach dem Alltagsverständnis kann sich zwischen diesen beiden Platten keine Kraft entfalten, weil sie elektrisch neutral sind. Aber Casimir hat bewiesen, daß das Vakuum, das diese beiden Platten trennt, in Wirklichkeit aufgrund des Heisenbergschen Unbestimmtheitsprinzips vor Aktivität birst: Pausenlos entstehen und verschwinden dort Billionen von Teilchen und Antiteilchen. Aus dem Nichts tauchen sie auf und verschwinden wieder im Vakuum. Ihrer flüchtigen Natur wegen sind sie meistens nicht zu beobachten, und sie verstoßen auch gegen kein Naturgesetz. Diese »virtuellen Teilchen« erzeugen unter dem Strich eine Anziehungskraft zwischen den beiden Platten, die nach Casimirs Vorhersage meßbar sein müßte.
Als Casimir diese Überlegung erstmals in einem Artikel vorstellte, stieß er auf größte Skepsis. Denn wie konnten sich zwei elektrisch neutrale Objekte unter Mißachtung der damals geltenden klassischen Elektrizitätsgesetze anziehen? Das war eine unerhörte Behauptung. Doch 1958 beobachtete der Physiker M. J. Sparnaay diesen Effekt im Labor genau so, wie Casimir ihn vorhergesagt hatte. Seither bezeichnet man ihn als Casimir-Effekt.
Eine Möglichkeit, den Casimir-Effekt zu nutzen, besteht darin, zwei große leitende Parallelplatten an den Eingängen eines Wurmlochs aufzustellen und dadurch an beiden Enden eine negative Energie zu erzeugen. Dazu erklären Thome und seine Kollegen abschließend: »Vielleicht stellt sich heraus, daß man gegen die mittlere schwache Energiebedingung nicht verstoßen kann; dann wird es nie so etwas wie passierbare Wurmlöcher, Zeitreisen oder Kausalitätslücken geben. Doch es hat keinen Zweck, sich über ungelegte Eier den Kopf zu zerbrechen.« 8
Bislang ist noch kein abschließendes Urteil über Thornes Zeitmaschine gefällt worden. Alle sind sich darüber einig, daß nur eine vollständig gequantelte Gravitationstheorie die Frage ein für allemal klären könnte. So hat Stephen Hawking daraufhingewiesen, daß die Strahlung, die am Eingang des Wurmlochs emittiert würde, so groß wäre, daß sie wieder dem Materie-Energie-Gehalt der Einstein-Gleichungen zugeschlagen werden müßte. Durch diesen Rückkopplungseffekt würde der Eingang verformt und möglicherweise für immer geschlossen werden. Hingegen hältThorne die Strahlung nicht für so groß, daß sie den Eingang schließen könnte.
Und an dieser Stelle kommt die Superstringtheorie ins Spiel. Da sie eine durch und durch quantenmechanische Theorie ist, die Einsteins Relativitätstheorie einschließt, lassen sich mit ihrer Hilfe Korrekturen zur ursprünglichen Wurmlochtheorie berechnen. Im Prinzip werden wir mit ihrer Hilfe entscheiden können, ob die AWEC-Bedingung physikalisch zu verwirklichen ist und ob der Wurmlocheingang offenbleibt, so daß der Ausflug in die Vergangenheit für die
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