Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]
Erfahrung, daß die Symmetrie des vierdimensionalen Raums eine Fülle von physikalischen Erkenntnissen erklären kann, die ganze technische Bibliotheken füllen.
Damit sind wir wohl wieder einmal bei der Hauptthese dieses Buchs, daß nämlich die Einbeziehung höherer Dimensionen dazu beiträgt, die Naturgesetze zu vereinfachen und zu vereinheitlichen.
Diese Diskussion um die Vereinigung der Naturgesetze verlief bis dahin ziemlich abstrakt und wäre es wohl auch geblieben, hätte Einstein nicht den nächsten folgenreichen Schritt getan. Wenn sich Raum und Zeit zu einer einzigen Größe, der Raumzeit, vereinigen lassen, so überlegte er, dann kann man vielleicht auch Materie und Energie in eine dialektische Beziehung setzen. Wenn Meßlatten schrumpfen und Uhren ihren Gang verlangsamen können, dann müßten sich auch die Verhältnisse verändern, die man mit Meßlatten und Uhren messen kann. Nun wird aber fast alles im Labor eines Physikers mit Meßlatten und Uhren gemessen. Folglich müßten die Physiker, so Einstein, all die Laborgrößen, die sie bislang für konstant hielten, neu eichen.
Besonders die Energie hängt davon ab, wie wir Entfernungen und Zeitintervalle messen. Ein Testauto, das in eine Ziegelwand kracht, besitzt offenkundig Energie. Wenn sich das Auto jedoch der Lichtgeschwindigkeit nähert, verzerren sich seine Eigenschaften. Es schrumpft wie ein Akkordeon, und die Uhren in seinem Inneren verlangsamen ihren Gang.
Vor allem aber stellte Einstein fest, daß mit wachsender Geschwindigkeit des Autos auch seine Masse zunimmt. Woher kommt diese überschüssige Masse? Einstein gelangte zu dem Schluß, daß sie aus der Energie erwachse.
Das hatte verwirrende Folgen. Zu den großen physikalischen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts gehören die Erhaltung der Masse und die Erhaltung der Energie; das heißt, die Gesamtmasse und die Gesamtenergie eines geschlossenen Systems, das man separat betrachtet, verändern sich nicht. Wenn beispielsweise das Auto auf die Ziegelwand trifft, verflüchtigt sich die Energie des Autos nicht, sondern wird in die Schallenergie des Kraches, die Bewegungsenergie der fliegenden Ziegelteile, Wärmeenergie und so fort umgewandelt. Die Gesamtenergie (und die Gesamtmasse) sind vor und nach dem Aufprall gleich.
Nun erklärte Einstein jedoch, daß sich die Energie des Autos in Masse umwandeln läßt; das war ein neues Erhaltungsprinzip, nach dem die Summe aus Gesamtmasse und Gesamtenergie stets gleich bleiben muß. Weder verschwindet Materie plötzlich noch entsteht Energie aus dem Nichts. Insofern hatte die Fraktion der Gottbildner unrecht und Lenin recht. Wenn Materie verschwindet, setzt sie ungeheure Energiemengen frei, und umgekehrt.
Mit sechsundzwanzig Jahren errechnete Einstein exakt, wie sich Energie verändern muß, wenn das Relativitätsprinzip richtig ist, und er entdeckte die Beziehung E = mc 2 . Da das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit (c 2 ) eine astronomisch große Zahl ist, kann eine kleine Materiemenge eine riesige Energiemenge freisetzen. In winzigste Materieteilchen ist ein ungeheurer Energievorrat eingeschlossen, mehr als das Einmillionenfache der Energie, die in einer chemischen Explosion frei wird. In gewissem Sinne kann man die Materie als unerschöpflichen Energievorrat ansehen, das heißt, Materie ist kondensierte Energie.
Insofern erkennen wir einen grundlegenden Unterschied zwischen der Arbeit des Mathematikers (Charles Hinton) und des Physikers (Albert Einstein). Hinton verbrachte einen Großteil seines Lebens damit, bildliche Vorstellungen von höheren räumlichen Dimensionen zu entwickeln. Die physikalische Deutung der vierten Dimension interessierte ihn nicht. Dagegen erkannte Einstein, daß man die vierte Dimension zeitlich verstehen kann. Ihn leitete die Überzeugung und die physikalische Intuition, daß höhere Dimensionen einen Zweck haben: die Naturprinzipien zu vereinigen. Durch Einbeziehung höherer Dimensionen kann man physikalische Konzepte zusammenfassen, die in einer dreidimensionalen Welt keine Beziehung erkennen lassen – so zum Beispiel Materie und Energie. Von da an betrachtete man das Konzept von Materie und Energie als Einheit: Materie-Energie. Die direkte Auswirkung der Einsteinschen Arbeit über die vierte Dimension war natürlich die Wasserstoffbombe, die sich als die einflußreichste naturwissenschaftliche Schöpfung des zwanzigsten Jahrhunderts erwiesen hat.
»Der glücklichste Gedanke
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