Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]
wenn die Lichtgeschwindigkeit nur, sagen wir, 50 Stundenkilometer betrüge, die Geschwindigkeit eines U-Bahnzugs. Wenn der Zug dann hereindröhnt, erscheint er zusammengedrückt wie ein Akkordeon. Es käme da, so stelle ich mir vor, eine flache Metallscheibe von dreißig Zentimeter Dicke die Schienen entlanggesaust. Und die Menschen in den U-Bahnwagen wären so dünn wie Papier. Außerdem wären sie praktisch erstarrt in der Zeit, als wären sie bewegungslose Statuen. Doch während der Zug mit quietschenden Bremsen zum Halten käme, dehnte er sich plötzlich aus, so daß die Metallscheibe allmählich die ganze Station ausfüllte.
So absurd solche Verzerrungen auch erscheinen mögen, die Reisenden im Zug wären sich dieser Veränderungen nicht im mindesten bewußt. Ihre Körper und der Raum selbst würden in der Bewegungsrichtung des Zuges zusammengepreßt, und alles sähe aus, als hätte es seine normale Gestalt. Außerdem hätte sich die Gehirnaktivität verlangsamt, so daß sich jeder im Zuginneren normal verhielte. Wenn die U-Bahn schließlich zum Halten käme, würden die Mitreisenden überhaupt nicht merken, daß ihr Zug für jemanden auf dem Bahnsteig eine wundersame Ausdehnung erführe, bis er die ganze Länge der Station ausfüllte. In seliger Unkenntnis all der tiefgreifenden Veränderungen, die die spezielle Relativitätstheorie verlangt, würden die Reisenden ihren Zug verlassen.4
Die vierte Dimension undHighschool-Treffen
Natürlich ist Einsteins Theorie schon in Hunderten von populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen beschrieben worden, die alle andere Aspekte seiner Arbeit hervorheben. Doch nur wenige Darstellungen erfassen das Wesen der speziellen Relativitätstheorie – daß nämlich die Zeit die vierte Dimension ist und daß die Naturgesetze in höheren Dimensionen vereinfacht und vereinheitlicht werden. Mit der Einführung der Zeit als vierter Dimension wurde ein bis zu Aristoteles zurückreichender Zeitbegriff verworfen. Auf ewig sind Raum und Zeit nun durch die spezielle Relativität dialektisch verbunden. (Zollner und Hinton hatten angenommen, als nächste Dimension würde die vierte des Raumes entdeckt werden. In dieser Hinsicht hatten sie unrecht, während H. G. Wells recht behielt. Als nächste Dimension sollte die Zeit entdeckt werden, eine vierte zeitliche Dimension. Fortschritte im Verständnis der vierten Dimension des Raumes dagegen ließen noch mehrere Jahrzehnte auf sich warten.)
Um zu verstehen, warum höhere Dimensionen die Naturgesetze vereinfachen, brauchen wir uns nur ins Gedächtnis zu rufen, daß jeder Gegenstand eine Länge, Breite und Höhe hat. Da es uns freisteht, einen Gegenstand um neunzig Grad zu drehen, können wir seine Länge in Breite und seine Breite in Höhe verwandeln. Durch eine einfache Drehung können wir jede der drei räumlichen Dimensionen gegeneinander austauschen. Wenn die Zeit nun die vierte Dimension ist, dann müssen auch »Drehungen« möglich sein, die den Raum in die Zeit verwandeln und umgekehrt. Diese vierdimensionalen »Drehungen« sind genau jene Verwerfungen von Raum und Zeit, die die spezielle Relativitätstheorie verlangt. Mit anderen Worten, Raum und Zeit haben sich unter dem Diktat der Relativität auf höchst bedeutsame Weise vermengt. Wenn wir die Zeit als die vierte Dimension bezeichnen, so heißt das, Zeit und Raum lassen sich durch Drehung auf eine mathematisch genau definierte Weise wechselseitig ineinander verwandeln. Von nun an sind sie als zwei Aspekte derselben Größe zu behandeln: der Raumzeit. Die Hinzufügung einer höheren Dimension trug also zur Vereinheitlichung der Naturgesetze bei.
Vor dreihundert Jahren ging Newton von der Annahme aus, die Zeit verstreiche überall im Universum mit der gleichen Geschwindigkeit. Danach schlagen die Uhren stets im gleichen Takt, egal ob wir auf der Erde, dem Mars oder einem fernen Stern sitzen. Man glaubte an einen absoluten, gleichförmigen Rhythmus der Zeit im ganzen Universum. Drehungen zwischen Raum und Zeit waren undenkbar, denn Zeit und Raum galten als zwei verschiedene Größen, zwischen denen es keine Beziehung gibt. Niemand dachte, man könnte sie zu einer einzigen Größe vereinigen. Doch nach der speziellen Relativitätstheorie ist es durchaus möglich, daß die Zeit in unterschiedlichem Tempo verstreicht, je nach der Geschwindigkeit, mit der man sich bewegt. Ist die Zeit die vierte Dimension, so muß sie mit der Bewegung im Raum intrinsisch verbunden
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