I love you, honey
preiswerte Flasche Wein aus und wir reihen uns in die Schlange an der Kasse ein. Nachdem wir unseren Einkauf erledigt haben, laufen wir wieder zurück ins Zentrum und biegen dann nach links in eine asphaltierte Nebenstraße ein, die nach einiger Zeit in Schotter übergeht. Wir befinden uns jetzt in einem ruhigen Teil der Medina, der nur notdürftig von einigen matten Lampen erhellt wird. Ab und zu huscht eine dunkle Gestalt mit tief in die Stirn gezogener Kapuze an uns vorbei. Instinktiv fasse ich Kamals Hand fester. Bald darauf stehen wir vor dem Haus. Das Haus ist ziemlich baufällig und von der hellen Fassade bröckelt der Putz. Im dunklen Treppenhaus können wir keinen Lichtschalter entdecken und Kamal zündet sein Feuerzeug an, um uns den Weg die Treppe hinauf zu leuchten. Es riecht nach Moder und Urin. Wo bin ich denn hier gelandet, geht es mir durch den Kopf, aber Kamal wird schon wissen, was er mir zumuten kann. Im ersten Stock halten wir an und Kamal klopft an eine verwitterte Holztür. Sie wird sofort von einem muskulösen Mann von mittlerer Größe, Mitte zwanzig, geöffnet. Er hat schwarzes Haar, das sich bereits etwas lichtet und trägt ausgewaschene Jeans, ein grünes verblichenes Shirt und Turnschuhe. Kamal stellt ihn mir als Mohammed vor und er begrüßt uns freundlich. Wir werden von ihm in ein winziges Zimmer geführt. Die Wände sind in einem grün-gelben Ton gestrichen. In einer Ecke steht ein alter Farbfernseher, auf dem arabische Musikvideos laufen. Der Ton ist laut aufgedreht. Vor der rechten Wand liegen eine Matratze mit einer grauen, abgenutzten Decke und ein paar Sitzkissen. Eine alte Apfelsinenkiste dient als Tisch, auf dem eine Flasche Wein, ein paar Gläser und brennende Kerzen stehen. Es befindet sich ein Mann in dem Raum, der sich vom Boden erhebt, als wir eintreten. Auch er heißt uns willkommen. Sein Name ist Farid und ich schätze ihn auf Anfang dreißig. Er ist ein großer, schlanker Mann mit angegrauten, dunklen Haaren. Seine Kleidung sieht sehr gepflegt aus und besteht aus einer graumelierten Hose und einem anthrazitfarbenen, langärmligen Jerseypullover.
Kamal und ich setzen uns auf die Matratze. Ich betrachte misstrauisch die Decke und hoffe, dass sich keine Flöhe darin befinden. Aber ich will jetzt nicht so zimperlich sein! Farid gießt uns Wein in die Gläser und ich bemerke, dass Kamal ziemlich hastig trinkt. Bald herrscht eine gute Stimmung und ich vergesse schnell die Umgebung um mich herum. Bald ist der Weinvorrat aufgebraucht und Kamal geht los, um von irgendwoher Nachschub zu besorgen. Ich bleibe mit seinen Freunden zurück und sie erzählen mir in holprigem Französisch, dass sie sich beide mit Gelegenheitsjobs durchs Leben schlagen, mal als Nachtportier im Hotel oder als Verkäufer. Nach einiger Zeit klopft es und Mohammed steht auf und öffnet die Tür. Kamal ist wieder aufgetaucht und hat in einer Plastiktüte zwei Flaschen Wein mitgebracht. Er stellt sie auf die Kiste und füllt unsere Gläser nach. Ich lehne mich an die Wand und nippe an dem Wein. Ab und zu wendet sich Kamal mir zu und fragt :,, Are you okay?“ Es geht mir gut und es stört mich nicht, dass Kamal sich mit seinen Freunden auf Arabisch unterhält und ich dann nur still danebensitzen kann. Hauptsache, ich bin in seiner Nähe. Je später der Abend wird, umso ausgelassener unterhalten sich alle und gestikulieren wild durcheinander. Ich stelle fest, dass Kamal, der sonst ziemlich schweigsam ist, sich unter Alkoholeinfluss auffallend verändert. Er ist dann viel gesprächiger und offener.
Später zeigt mir Kamal den Weg zur Toilette. Wir tasten uns einen dunklen, engen Gang entlang, der nur von einer nackten Glühbirne an der Decke etwas erleuchtet wird. In der Mitte des Flures befindet sich die Toilette hinter einer morschen Tür, die man nicht abschließen kann. Widerstrebend gehe ich in den schummrigen, winzigen Raum hinein. Wie in Kamals Haus besteht die Toilette nur aus einem Loch im Boden, über das man gehockt seine Notdurft verrichten muss. Danach kippt man Wasser aus einem nebenstehenden Eimer hinein. Aber diese Toilette ist sehr dreckig und es herrscht ein widerlicher Gestank. Außerdem laufen große Kakerlaken an den Wänden und auf dem Boden herum. Glücklicherweise bin ich nicht mehr ganz nüchtern; sonst hätte ich mich nicht überwinden können, sie zu benutzen.
Kamal hat auf mich gewartet und wir gehen zu Mohammed und Farid zurück. Mittlerweile ist es vier Uhr morgens geworden. Ich
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