Ice
sie zu Fuß zurücklegen. Ich sitze im Bett und versuche mich vom Nägelkauen abzuhalten. Die Männer sind kaum weg, und die Warterei zermürbt mich jetzt schon. Ich glaube, davon steigt meine Körpertemperatur, ansonsten fühle ich mich bloß leicht schlapp. Die Wunde juckt ein bisschen, das ist auch schon alles.
Miraja hockt bei mir im Krankenzimmer und hat ein Funkgerät dabei; Crome, der hinter der Pyramide die Armee zusammentrommelt, gibt ihr regelmäßig den Stand der Dinge durch, da er noch zu Jax Kontakt hat.
»Sobald sie in der Kanalisation sind, können wir sie nicht mehr anfunken«, erklärt mir Miraja. »Die Geräte funktionieren bei so viel Stahl und Beton nicht, und die Kuppel schirmt zusätzlich ab.«
Sie sind also völlig auf sich allein gestellt.
Miraja nimmt meine Hand, wobei sie mich sanft anlächelt. »Sie werden es schaffen, alle drei.«
Sie kann ja locker bleiben, immerhin ist ihr Warrior in der Nähe.
***
Fünf Minuten nachdem die Verbindung zu Jax abgebrochen ist, betritt Samantha das Zimmer. »Ich kann Entwarnung geben, du hast keine Sepsis, deine Blutwerte sind normal.«
»Was!?« Wie von einer Klapperschlange gebissen, springe ich aus dem Bett. »Aber dann ist Ice völlig umsonst …« Nein, ist er nicht, es gibt schließlich jemanden, der wirklich Medikamente braucht, doch er hätte nicht mitgehen müssen! »Verdammt!«
Samantha sieht mich mitfühlend an. »Ich weiß genau, wie es dir geht. Ich stehe jedes Mal Todesängste aus, wenn sich Jax unter der Kuppel rumtreibt. Zum Glück habe ich einen Job, der mich ablenkt.«
Ich wünschte, den hätte ich auch. »Was habe ich denn für eine Krankheit?«
»Wahrscheinlich hast du gestern einfach nur zu viel Sonne abbekommen. Kuppelmenschen sind daran nicht gewöhnt. Die Symptome für einen Sonnenstich sind tatsächlich ähnlich: Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Abgeschlagenheit, erhöhter Pulsschlag …«
Während sie mit mir redet, bemerke ich, dass sie mich plötzlich duzt. Dadurch fühle ich mich ihnen allen noch mehr zugehörig.
Ich erzähle Samantha von meinem Sender im Arm und dass ich ihn loshaben möchte, doch sie schlägt dasselbe vor wie Ice. »Wir lassen ihn lieber erst mal drin, aber ich muss den Bürgermeister darüber informieren.«
Ich nicke, und Miraja gibt die neuen Infos über das Sprechgerät weiter. Crome ist erleichtert, dass mir nichts fehlt.
Währenddessen fressen mich die Sorgen um Ice auf. »Wie haltet ihr das nur aus, wenn Jax und Crome unterwegs sind? Ich sterbe vor Angst!«
Die beiden Krieger lieben ihre Partnerinnen. Ich wünschte, Ice würde mehr für mich übrig haben als seinen Beschützerinstinkt und den Sexualtrieb.
»Das wird nie aufhören«, sagt Miraja.
Ich wende mich an Samantha, denn eine Sache interessiert mich brennend: »Was hast du vorhin gemeint, mit: Ice hat diesen Blick?«
Sie räuspert sich und senkt den Kopf. »Er hat dich angesehen wie Jax damals mich. Verliebt, besitzergreifend und beschützerisch.«
»Verliebt?« Mein Herz schlägt einen Salto. »Du meinst wirklich, er liebt mich?«
Samantha grinst. »Das sieht doch ein Blinder.«
Ich bin nicht so gut darin, das zu erkennen.
Miraja nickt. »Das ist mehr als offensichtlich. Außerdem riskiert er sein Leben – nur für dich.«
»Ich dachte, das liegt an seinem Beschützerinstinkt. Er hat mir niemals gesagt, dass er mich liebt. Und als ich ihm vorher diese drei kleinen Worte …« Ich schlucke hart und zwinkere mir eine Träne weg. »Ice wirkte ziemlich schockiert.«
Samantha seufzt. »Tja, daran musst du dich gewöhnen. Diese Männer können nur schwer über ihre Gefühle sprechen und oft wissen sie gar nicht, was sie wirklich empfinden. Oder wollen es nicht wahrhaben. Zumindest Jax ist ein solcher Kandidat.« Samantha lächelt mich verschwörerisch an. »Er zeigt es mir mit Taten, nicht mit Worten.«
Er liebt mich … Das wäre zu schön, um wahr zu sein. Sofort male ich mir eine gemeinsame Zukunft mit ihm aus, hier in Resur. Ob wir in dem Haus am Ende der Straße wohnen könnten? Wenn Ice als Held zurückkehrt, werden ihn die Resurer in ihre Gemeinschaft aufnehmen? Falls nicht, werde ich mit ihm gehen, wohin er möchte.
Jetzt kann ich es noch viel weniger erwarten, ihn endlich zurück zu haben.
***
Es ist Nachmittag, und ich sitze mit Miraja in ihrer Küche, da ich das Krankenhaus verlassen durfte. Mir fehlt tatsächlich nichts – nur Ice.
»Sie sind zurück!«, ruft Crome in Mirajas
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