Ice
letzten Strohhalm greift. »Wenn es zu einem Aufstand der Warrior kommt, wird Ice womöglich nicht erschossen. Vielleicht kann ich heimlich mit den Soldaten reden.«
»Du wirst auf jeden Fall hierbleiben«, sagt Andrew. »Erstens ist es zu gefährlich und zweitens ist das Risiko zu groß, dass man dich ausliefert und ebenfalls hinrichtet.«
»Ice hat sein Leben für mich riskiert, meinetwegen sitzt er in der Klemme. Ich lasse ihn nicht im Stich!« Ich schlage mit der Faust auf den Tisch, sodass mich alle mit großen Augen ansehen. »Außerdem könnte ich euch helfen. Was, wenn ihr entdeckt werdet? Ich könnte euer Notfallplan sein und so tun, als wäre ich euch entwischt und würde zu meinem Vater zurückkehren. Ich bin gut darin, ihn anzulügen. Das habe ich schon früh gelernt.« Nur einmal habe ich bisher versagt, als ich mich verdächtigt gemacht habe, dass mir etwas an Ice liegt. Meine starken Gefühle für diesen Mann hatten mich verwirrt. Das wird mir nicht mehr passieren, ich werde mich zusammenreißen. Ich muss Vater begreiflich machen, dass ich geglaubt habe, Ice zu lieben und ihn jetzt hasse …
Jax holt tief Luft. »Okay, da Mark bei Storm bleiben möchte und falls nötig bei der Evakuierung der Krankenstation helfen wird, muss Julius die Codes an den Aufgängen knacken, aber das ist das geringste Problem.«
Mark ist bei der Besprechung nicht anwesend, da er an Storms Bett ununterbrochen Wache hält. Ich hoffe so sehr, dass der junge Krieger aufwacht, damit Ice’ Einsatz nicht völlig umsonst war.
Jax reibt sich über das Kinn. »Wenn die Einheiten nach Schichtwechsel in ihre Wohnungen zurückkehren, hängen wir uns an. Wenn wir es schaffen, ins Gebäude zu kommen, können wir uns je einen Soldaten einzeln vornehmen.«
»Es leben aber nicht alle Warrior in den Wohnblöcken, meist nur die Jungspunde«, erklärt Crome. »Und die sind wegen ihrer geringen Lebenserfahrung eher regimetreu. Bei den älteren werden wir bessere Chancen haben.«
Jax nickt. »Du hast recht, Crome. Zu welchem Bruder hattest du das beste Verhältnis?«
Cromes Stirn legt sich kurz in Falten. »Dean, würde ich sagen.«
»Dann wirst du ihn besuchen und dort Überzeugungsarbeit leisten. Rock kommt mit mir. Wir zeigen unseren Brüdern, was auf den Plantagen passiert ist, und vor allem: dass es sie wirklich gibt und dorthin viele ausgediente Soldaten abgeschoben werden oder solche, die Aufgaben für das Regime erledigt haben und anschließend ausrangiert wurden. Ich glaube, Rock kann ihnen einiges erzählen. Haben wir genug Leute auf unserer Seite, werden wir uns die Senatoren vornehmen. Jul und Veronica werden sich unters Volk mischen und auf eine günstige Gelegenheit warten, um eine Ansprache zu halten, sobald die Senatoren festgenommen sind. Veronica sollte tatsächlich mitkommen, falls wir den Notfallplan aktivieren müssen – solange werdet ihr beide euch bedeckt halten.«
»Wir werden den Leuten sagen, dass sie keine Angst mehr vor dem Regime haben brauchen«, wirft Andrew ein. »Die Bürger werden in Zukunft mitentscheiden dürfen, so wie das in Resur auch läuft.« Seine Augen leuchten. »Wir läuten eine neue Ära ein, bauen eine neue Regierung auf. Das war schon immer mein größter Traum.«
Jax seufzt hörbar und fährt sich durchs Haar. »Okay, lasst uns ein wenig Ordnung in dieses Chaos bringen. Nach den letzten beiden Pleiten brauchen wir einige Alternativpläne …«
***
Als ich das letzte Mal durch die Kanalisation gegangen bin, war ich betäubt. Jetzt bin ich live dabei, weshalb mir das Herz bis zum Hals klopft. Ständig müssen wir neue Wege einschlagen, da auch hier unten Einheiten patrouillieren. Doch dank der Chips in ihrem Nacken sind wir gewarnt, wenn sich uns ein Warrior nähert.
Mir kommt es vor wie Stunden, als wir uns endlich von der Gruppe trennen, um nach oben zu gehen. Jax und der Rest nehmen andere Aufgänge, damit wir nicht alle auf einmal geschnappt werden, sollte jemand entdeckt werden. Wir sind nur zwanzig Leute: Jax, Crome, Rock, Andrew und ein paar schwerbewaffnete Bürger der Stadtwache, die sich ebenfalls unters Volk mischen werden, um Informationen zu sammeln. Diese Männer sind am aufgeregtesten von uns allen, niemals zuvor waren sie in White City.
Als Andrew und ich aus dem Keller eines Hauses kommen und auf die Straße treten, ist die halbe Stadt in Aufruhr. In riesigen roten Lettern steht eine Ankündigung auf sämtlichen Screenern: Die Hinrichtung wurde
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